Ist es dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich gestattet, einseitig von ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen abzuweichen? Robert Frau widmet sich Fragen, die sich in Bezug auf innerstaatliche Wirkungen völkerrechtlicher Verträge stellen. Anlass ist ein Beschluss des Bundesfinanzhofs, der dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorlegte, ob einfachgesetzliche Ausnahmen von einem Doppelbesteuerungsabkommen verfassungsrechtlich zulässig sind. Relevanz hat diese Vorlage auf drei Ebenen: Auf Ebene der unmittelbaren Streitentscheidung, auf steuerrechtlicher Ebene für vergleichbare "treaty-overrides" sowie schließlich auf verfassungsrechtlicher Ebene für die Folgen eines völkerrechtswidrigen Vertragsgesetzes. Anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weist der Autor zunächst die Ansicht des Bundesfinanzhofs zurück, bevor er einen Vorschlag zur Bindung des Gesetzgebers an völkerrechtliche Verträge macht.