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Text in neuer Rechtschreibung
Tiecks »Gestiefelter Kater« ist als Schauspiel eines Schauspiels konzipiert, ist ein Balanceakt auf einem Grenzpunkt zwischen Tiefsinn und Unsinn, ein geistreich-witziges Spiel mit der Illusion, mit mehreren Spielebenen und Rollendimensionen. Es realisiert romantische Ironie als Spiegelung des Stücks im Stück: Inhalt ist ein mißglückter Theaterabend, der halb scheiternde Versuch einer fiktiven Theatertruppe, das Märchenstück eines fiktiven Autors vor einem fiktiven Publikum aufzuführen. Text in neuer Rechtschreibung

Produktbeschreibung
Text in neuer Rechtschreibung
Tiecks »Gestiefelter Kater« ist als Schauspiel eines Schauspiels konzipiert, ist ein Balanceakt auf einem Grenzpunkt zwischen Tiefsinn und Unsinn, ein geistreich-witziges Spiel mit der Illusion, mit mehreren Spielebenen und Rollendimensionen. Es realisiert romantische Ironie als Spiegelung des Stücks im Stück: Inhalt ist ein mißglückter Theaterabend, der halb scheiternde Versuch einer fiktiven Theatertruppe, das Märchenstück eines fiktiven Autors vor einem fiktiven Publikum aufzuführen. Text in neuer Rechtschreibung
Autorenporträt
(Johann) Ludwig Tieck (31.5.1773 Berlin - 28.4.1853 Berlin) zählt zusammen mit Novalis und den Schlegel-Brüdern zu den wesentlichen Protagonisten der literarischen Romantik. Neben seiner Tätigkeit als freier Schriftsteller war er ab 1825 in Dresden als Hofrat und Dramaturg am Hoftheater tätig. 1842 folgte er dem Ruf König Friedrich Wilhelms IV. als Theatermacher nach Berlin, wo er auch seinen Lebensabend verbrachte.Tieck begann bereits auf dem Gymnasium mit dem Verfassen von Dramen und Erzählungen. Der Briefroman »William Lovell«, in dem er den Niedergang eines enterbten jungen Briten beschreibt, steht am Beginn seines romantischen Schaffens. Besondere Bekanntheit erlangte Tieck mit dem Verfassen von Märchen: In den Bereich des Schauerromans begibt er sich mit »Der blonde Eckbert«, während »Der Runenberg" in romantischer Manier mit der Unvereinbarkeit von Realität und idyllischer Verklärung spielt. »Der gestiefelte Kater« - sein wohl bekanntestes Märchenspiel - löste, aufgrund des

sprechenden Katers als Protagonist und dem fiktiven unerbittlichen Publikum auf der Bühne, bei seiner Uraufführung einen öffentlichen, aber auch von Tieck kalkulierten Eklat aus.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2003

Wer stört den gestiefelten Kater?
Anregung zum Nachspielen: Ein Bilderbuch über ein Märchen auf der Bühne

In Mörikes Roman "Maler Nolten" erzählt ein Theaterbesucher über Ludwig Tiecks Lustspiel "Die verkehrte Welt": "Der Spott hüpft wie aus einem Sieb ein Heer von Flöhen an allen Ecken und Enden hin und her - jeder reibt sich die Augen, klar zu sehen, jeder will dem Nachbar den Floh aus dem Ohre ziehen, und von der anderen Seite springen ihm sechse hinein - immer ärger! - ein Teufel hat alle Köpfe verdreht - es ist wie ein Traum auf dem Blocksberg . . ."

"Die verkehrte Welt" von 1798 und die ein Jahr zuvor erschienene Märchenkomödie "Der gestiefelte Kater" sind gesellschaftlich-politische Satiren und ironische Spiele mit den Konventionen des Theaters. In beiden Stücken ist die Szene das Theater selbst, die dramatis personae fallen aus ihren Rollen, der Vorhang öffnet sich zur Unzeit, Dichter, Souffleur und Mechanist treten aus ihrer Verborgenheit und mischen sich ins Spiel. Schauspieler agieren als Zuschauer, die lautstark das Bühnengeschehen kommentieren, Theaterkritik und Publikumsgeschmack karikieren und die Selbstpersiflage der realen Zuschauer provozieren. Die in Mörikes fiktiver Aufführung imaginierte vollkommene Verwirrung ist das Ziel der ironischen Brechungen, mit denen Tieck selbstreflexive Theaterkonzeptionen des 20. Jahrhunderts vorwegnimmt und an Radikalität übertrifft.

Der Berliner Kindermann Verlag hat seine Bilderbuchreihe mit Nacherzählungen klassischer Dramen durch Tiecks romantisch-modernen "Gestiefelten Kater" ergänzt. Dafür gebührt ihm ebenso wie dem Autor und der Illustratorin hohe Anerkennung. Bruno Blume und Jacky Gleich gehören zu den wenigen ihrer Profession, denen solch erstaunliches und schwieriges Unternehmen zuzutrauen ist. Bruno Blume ist es gelungen, Tiecks episodenreiches Stück - drei Akte und ein Epilog "vor dem Vorhang" - so zu raffen, daß die wichtigsten Elemente erhalten geblieben sind. Aufgeführt wird trotz Bühnenpannen und Störungen das Märchen vom gewitzten Kater, der seinem Herrn, einem armen Müllersohn, Ansehen, Reichtum und die Hand der Königstochter verschafft. Die beiden Handlungen auf der Bühne und im Publikum sind graphisch voneinander abgesetzt: Rot gedruckt ist das Bühnengeschehen, schwarz der Part der Zuschauer. Wörtliche Zitate aus dem Drama sind kursiv gesetzt.

Jacky Gleich markiert in ihren Bildern die Bühnenhandlung durch den rahmenden roten Vorhang. Häufig sind Bühne und Zuschauer-Akteure zugleich sichtbar. Die Bühnenfiguren sind malerisch angelegt, die Zuschauer als sparsam kolorierte Zeichnungen. Beider scharfe Konturen lassen vermuten, daß sie erst gezeichnet, dann ausgeschnitten und in die jeweilige Szene eingeklebt worden sind - ein heute im Bilderbuch beliebtes Verfahren. Hier überzeugt es besonders, da es die Figuren den Akteuren eines Papiertheaters annähert.

Auch die an Drähten aufgehängten Kulissenelemente Stern und Wolke, bei denen sich wohl mal ein Draht löst, betonen den Charakter des Selbstgebastelten. Die Bilderbuchbühne wirkt, als käme das Ganze aus der Werkstatt des ins Theater verliebten Kindes - eine unaufdringliche Anregung für die Betrachter, das Stück selbst auf einer improvisierten Miniaturbühne zu inszenieren. Dabei meidet Jacky Gleich die stilistische Assoziation an die biedermeierliche Papierbühne; sie bleibt ihrer dynamisch-expressiven, phantastisch-grotesken Handschrift treu. Künstlerische Souveränität und Kindlichkeit als Stilprinzip gehen eine ähnliche Synthese ein wie bei Tieck, der seinen Dichter am Ende sagen läßt: "Ich wollte nur den Versuch machen, Sie alle in die entfernten Empfindungen Ihrer Kinderzeit zurückzuversetzen . . . Kurz, Sie hätten wieder zu Kindern werden müssen."

GUNDEL MATTENKLOTT

Bruno Blume (Text), Jacky Gleich (Illustration): "Der gestiefelte Kater nach Ludwig Tieck". Kindermann Verlag, Berlin 2003. 48 S., geb., 15,50 [Euro]. Ab 5 J.

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