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Robey Childs ist vierzehn Jahre alt, als er von seiner Mutter von zu Hause weggeschickt wird, um seinen Vater aus dem Bürgerkrieg heimzuholen. Ein alter Farmer, den Robey am Anfang seines Weges nach Gettysburg trifft, schenkt ihm einen ungewöhnlich schönen Rappen. Auf seinem alptraumhaften Ritt durch die von Krieg und Zerstörung geschundenen Landschaften muß Robey zahlreiche Prüfungen und Herausforderungen bestehen, bis er die Schlachtfelder von Gettysburg erreicht ... Mit magisch-dunkler literarischer Kraft erzählt Robert Olmstead die Geschichte eines jungen Mannes, der in der Grausamkeit des…mehr

Produktbeschreibung
Robey Childs ist vierzehn Jahre alt, als er von seiner Mutter von zu Hause weggeschickt wird, um seinen Vater aus dem Bürgerkrieg heimzuholen.
Ein alter Farmer, den Robey am Anfang seines Weges nach Gettysburg trifft, schenkt ihm einen ungewöhnlich schönen Rappen. Auf seinem alptraumhaften Ritt durch die von Krieg und Zerstörung geschundenen Landschaften muß Robey zahlreiche Prüfungen und Herausforderungen bestehen, bis er die Schlachtfelder von Gettysburg erreicht ...
Mit magisch-dunkler literarischer Kraft erzählt Robert Olmstead die Geschichte eines jungen Mannes, der in der Grausamkeit des Kriegs erwachsen wird - ohne seine Menschlichkeit zu verlieren. Ein Roman von außerordentlicher Phantasie und Intensität, gewalttätig, bedrohlich, kompromißlos und leidenschaftlich - wie der amerikanische Bürgerkrieg.
Autorenporträt
Robert Olmstead wurde 1954 geboren und wuchs auf einer Farm in New Hampshire auf. Er unterrichtet Creative Writing an einem amerikanischen College, hat aber auch als Tellerwäscher, Teppichleger und Englischlehrer gearbeitet, Vieh gezüchtet und eine Baufirma betrieben. Darüber hinaus ist er Autor mehrerer hochgelobter Romane.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.04.2009

Die Vermessung des Blutmeridians
Robert Olmstead und sein großer Roman "Der Glanzrappe"

Was ist das - Stil? Kann man es irgendwo herunterladen? Lässt es sich in Schreibkursen lernen? Oder bringt man es aus der Kindheit mit? In Deutschland jedenfalls hat die Sache keinen guten Stand; "Stilist" ist hier ein Schimpfwort für Leute, die nicht genug erlebt haben. Wer wirklich etwas zu sagen hat, braucht keinen Stil, sondern Schreibe: den Wörtersound für die "Feuchtgebiete"-Generation. Auf zynische Weise gibt der Literaturbetrieb dem kritischen deutschen Hausphilosophen Theodor Adorno recht, der jeglichen Stil schon vor fünfzig Jahren für erledigt ("liquidiert", schrieb der Stilist Adorno) erklärte. Immerhin machte er sich noch die Mühe einer Begriffsbestimmung: "Konventionen im Stande ihrer wie immer schon schwanken Ausgleichung mit dem Subjekt heißen Stil." Ach.

Vielleicht muss man Stil aber auch gar nicht definieren. Man erkennt ihn beim Lesen. Proust hat ihn. Thomas Mann hat ihn. Grass und Walser und Handke haben ihn nicht, sie haben einen Ton. Koeppen hat ihn. Und Kehlmann. Und Mosebach. Und Robert Olmstead.

"Am Abend des 10. Mai 1863, eines Sonntags, rief Hettie Childs ihren Sohn Robey zurück ins Haus. Er war bei den alten Feldern, strich auf der hohen Wiese am Weidezaun entlang, wo die Rinder standen und an den Halmen des frischen Frühlingsgrases zupften . . . Robey hatte einen schlurfenden Gang, breitbeinig und mit wiegenden Schultern. Seine Hände waren schon richtige Männerhände, kantig und mit langen Fingern, und sein Haar fiel weich auf die Schultern herab. Er war noch ein Junge, noch nicht ausgewachsen, aber in letzter Zeit hatte er wiederholt heftige Schübe gehabt, einmal mehr als zwei Zentimeter in einer Nacht. Am nächsten Morgen hatte er sich gefühlt, als käme er von der Streckbank: sein Körper hatte so geschmerzt, dass er einen Schrei ausstieß, als er sich aufsetzte."

So beginnt Olmsteads Roman "Der Glanzrappe". Es ist sein vierter - nach "Spuren von Herzblut, wohin wir auch gehen", "Jagdsaison" und "Amerika landeinwärts". In den Vereinigten Staaten ist Robert Olmstead durch "Coal Black Horse" (so der Originaltitel des Buchs) berühmt geworden, bei uns sucht er noch sein Publikum. Das ist einerseits verständlich - schließlich spielt die Schlacht bei Gettysburg im deutschen Kollektivbewusstsein keine Rolle -, andererseits vollkommen unbegreiflich.

Am 5. Juli 1853, knapp zwei Monate nach seinem Aufbruch aus den Bergen und zwei Tage nach der Schlacht, kommt Robey auf den Maisfeldern von Gettysburg an. "Über mehrere hundert Morgen verteilt lag hier alles, was ein Mann in und an sich trug. Da lagen genug Organe und Gliedmaßen, Köpfe und Hände, Füße und Rippen, um einen Körper nach dem anderen wieder zusammenzunähen. Alles, was fehlte, waren Nadel und Faden und eine himmlische Näherin . . . An einigen Stellen war ein Wimmern und Zappeln, als ob die Seelen zu entfliehen versuchten, doch er wusste, an diesem Ort waren selbst die Seelen tot."

Reite los und suche deinen Vater, hat die Mutter gesagt, und Robey, dessen Vater für die Südstaaten kämpft, ist losgeritten. Unterwegs hat er ein neues Pferd bekommen, einen Rappen mit kohlschwarz glänzendem Fell, und einen Mann getroffen, auf dessen Gesicht die Läuse eine zweite Haut bildeten. Er hat mitangesehen, wie ein Wanderprediger ein Mädchen vergewaltigte, während seine blinde Ehefrau danebenlag, und einen Streifschuss am Kopf überlebt. Und er hat den Krieg geschaut: "Er sah, wie eine Kanonenkugel über das Kopfsteinpflaster hüpfte, langsamer wurde und auf ihn zurollte. Er sprang zur Seite, aber ein anderer Soldat, der den vor Erstaunen weit aufgerissenen Mund voller weißer Kekse hatte, hob sein Gewehr über den Kopf, als wollte er in einen Fluss steigen, und streckte den Fuß vor, um die Kugel zu stoppen. Im nächsten Augenblick war der Fuß ab, und Blut schoss aus dem Beinstumpf auf das Pflaster, das glitzerte wie rotes Glas."

Im deutschen Sprachraum ist der historische Roman ein Wühltischgewerbe. Es wird von ausgebufften Profis betrieben, die für eine Pointe Caesars Großmutter verkaufen, und flotten Amateuren, die mal die Emanzipation, mal die Bankenkrise in den geschichtlichen Teig hineinkneten. Auf die Idee, dass auch historische Stoffe seriöse Literatur werden können, ist hier (außer dem erwähnten Daniel Kehlmann mit seiner "Vermessung der Welt") schon lange niemand mehr gekommen. Deshalb ist es so wichtig, Olmstead zu lesen: Weil man bei ihm in die Schule der Geschichte geht. Der erzählten und der historischen. Es ist, als hielte jemand eine Lupe über ein altes Foto, und plötzlich würden Einzelheiten sichtbar, die man noch nie wahrgenommen hat. Etwa die dunklen Flecken von Pferdeschweiß auf den grauen Hosen der Soldaten. Oder die Funken der Bleigeschosse auf dem nächtlichen Straßenpflaster. Oder der Schimmel, der sich in der feuchtheißen Luft auf den Kleidern der Toten bildet, die in Reihen liegen wie ertrunkene Fische - "drowned fish", schreibt Olmstead, um den Irrsinn des Anblicks zu fassen, und es ist die einzige Stelle, an der die vorzügliche Übertragung von Edith Nerke und Jürgen Bauer ins Straucheln kommt: "wie am Strand verendete Fische" übersetzen Bauer und Nerke, als könnten sie dem Leser den Widerspruch nicht zumuten.

Das Schlachtfeld von Gettysburg ist das große Bild dieses Buchs. Es zeigt die Welt als Totenfabrik: Leichenfledderer streifen den Erschossenen Kleider und Wertsachen ab, Familien suchen ihre Angehörigen, Anwohner nutzen die Gunst der Stunde und verkaufen Wasser zu Wucherpreisen. Als Robey seinen Vater findet, liegt dieser im Sterben. Drei Tage dauert sein Todeskampf. "Dann war es vorbei, und er war kein Junge mehr, denn sein Vater war tot." Die amerikanische Kritik hat dem Roman vorgeworfen, er sei "overwritten", redselig, dabei ist er das Gegenteil: Er erzählt nur, was der Junge denkt und empfindet. Und was er sieht mit seinen lebensgierigen vierzehnjährigen Augen. In Gettysburg verliert er seinen Vater und findet eine Frau, und so führt ihn der Weg, den er auf dem Rücken des Glanzrappens zurücklegt, wider unser Erwarten nicht in den Untergang, sondern nach Hause.

Zwischen der kühlen Prosa des frühen Hemingway und den gewitterschwülen Satzlandschaften eines Cormac McCarthy gab es einen freien literarischen Raum. Diesen Raum füllt Robert Olmstead mit seinem Roman. Er hat die Bildgewalt von McCarthys "Blood Meridian" und die rigorose Klarheit von "Fiesta" und "A Farewell to Arms" - und besitzt doch einen ganz eigenen Klang. Der frühe Terrence Malick, nicht der Regisseur von "The New World", sondern der von "Days of Heaven", hätte dieses Buch auf die Leinwand bringen können, als schlafwandlerische Reise durch den Albtraum des Bürgerkriegs. Aber so, wie das amerikanische Kino heute aussieht, bleibt "Der Glanzrappe" besser unverfilmt. Auch das ist eine Frage des Stils.

ANDREAS KILB

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