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Mehrfach und ganz genau hinzusehen - dazu laden uns die großen Fotos und die großen Gedichte ein. Für beide waren Beobachtungskünstler und Begünstigte nötig, die den glücklichen Augenblick zu nutzen wussten und ahnten, welches Motiv die Wahl rechtfertigen würde. Der vielfach ausgezeichnete Lyriker und Übersetzer Jan Wagner beschreibt anhand von zahlreichen Beispielen Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

Produktbeschreibung
Mehrfach und ganz genau hinzusehen - dazu laden uns die großen Fotos und die großen Gedichte ein. Für beide waren Beobachtungskünstler und Begünstigte nötig, die den glücklichen Augenblick zu nutzen wussten und ahnten, welches Motiv die Wahl rechtfertigen würde. Der vielfach ausgezeichnete Lyriker und Übersetzer Jan Wagner beschreibt anhand von zahlreichen Beispielen Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.09.2021

Mond über Isfahan
FRANKFURT Jan Wagner mit Essays "Der glückliche Augenblick" im Literaturhaus

Ein kurzes Vergnügen, aber ein Vergnügen. Schon nach einer Stunde gingen der Moderatorin Beate Tröger die Ideen und Fragen aus. Aber davor war Essayistik vom Feinsten zu hören im Frankfurter Literaturhaus. Büchner-Preisträger Jan Wagner trug Passagen aus seinem jüngsten Essayband unter dem Titel "Der glückliche Augenblick" vor.

Es sind darunter Postkartentexte, die nie abgeschickt wurden, weil sie zu lang für eine Postkarte sind, Gedanken zu John Keats' romantischem Langgedicht "Endymion", eine Ghasele über die christlich-islamische Legende der Siebenschläfer von Ephesus, die auch Goethe ins "Buch des Paradieses" seines "West-östlichen Divans" aufgenommen hatte. Von seiner "Dreifelderwirtschaft" aus Dichten, Übersetzen und Essays Schreiben hatte Wagner mit seinem angelsächsisch-keltischen Faible zwei Felder fruchtbringend bestellt.

Mit Keats und seinem Hauchlaut am Anfang und Ende des ersten "Endymion"-Verses frönt Wagner dem Visuellen, wie Tröger feststellte, die es auf die Sinne abgesehen hatte. "A thing of beauty is a joy for ever ..." - das klingt zwar nicht mehr so abstrakt wie die erste Fassung mit "a constant joy", aber so richtig sichtbar wurde der Vers erst, als Wagner auf das gehauchte "e-Schwa" aus der Phonetik und Phonologie zu sprechen kam, das aussehe wie ein Käfer auf dem Rücken. Ein eher unschöner Anblick. Schöner, nein hübscher ist da schon das raffinierte Zuckerwerk auf den Hochzeitstorten in Iran, wo der Dichter gemeinsam mit Martin Mosebach und Nora Bossong auf Einladung von Navid Kermani dem "Kult der überirdischen Süße" erlag. So steht das auf einer "Postkarte" aus dem mondbeschienenen Isfahan.

Nun zum Olfaktorischen: zum Earl Grey, der dem Passagier in Heathrow alle Türen öffnete, als er nicht mehr zu seinem Gate zurückfand, weil der Flughafenzug nur in eine Richtung fuhr. "O Albion!" Oder zum französischen "Käseballett" - an welchem Flughafen war das doch gleich? Berlin-Tegel? In einem Text über Hölderlin preist Wagner die Quitte, die in dem Garten des berüchtigten Tübinger Turms wuchs, als der Weitgereiste auch dem Standort des deutschen Hymnikers seine Aufwartung machte. "Man muss sich bemühen um die Quitte", so Wagner, der auch schon in die Annalen des Nature writing eingegangen ist. Nicht zuletzt mit seinem Gedicht über die "Quittenpastete". Kein Wunder, dass er auch seiner großen dänischen Vorgängerin Inger Christensen Reverenz erweist, schließlich hat sie ihr "Alphabet"-Langgedicht mit Aprikosenbäumen begonnen. Vom "Schmetterlingstal" gar nicht zu reden.

CLAUDIA SCHÜLKE.

IM LITERATURHAUS steht als Nächste am Montag, 13. September, um 19.30 Uhr Antje Rávik Strubel auf dem Programm. Sie liest aus ihrem Roman "Die Liebe in Europa".

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