Wir befinden uns im ausgehenden Mittelalter, in einer Zeit des Übergangs, am Beginn des modernen Europas. Hier findet ein Denken Ausdruck, das auf nur zum Teil bekannten Wegen bis in unsere Tage gelangt ist, ein Denken von Frauen, die zu Gott eine Beziehung von außerordentlichem Vertrauen und höchster Freiheit unterhielten (unterhalten). Man nannte es weibliche Mystik, aber besser wäre die Rede von einer Theologie in Muttersprache. Diese Bezeichnung gibt das Neue von Texten wieder, in denen Erfahrung Denken und Wissen wird mittels der Sprache - einer Sprache, die wir zuerst durch das Hören der mütterlichen Stimme lernen, in der Gott sich noch nahe unserem Körpersein ausdrückt, in aller Zerbrechlichkeit der Anfänge.