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Zwei 11jährige Jungen prügeln sich auf dem Schulhof, der eine schlägt mit dem Stock zu, der andere verliert zwei Schneidezähne. Unter zivilisierten Leuten, wie es die Eltern sind, spricht man die Sache gemeinsam durch, schließlich ist man nicht in der Banlieu, wo die Autos brennen. Und daraus entwickelt sich ein furioser Elternabend, in dessen Verlauf nicht nur ein Handy in der Tulpenvase landet, sondern überhaupt die dünne Haut bürgerlicher Kultiviertheit sichtbar wird... Seit "KUNST" ist das wohl Yasmina Rezas furiosestes Stück, so erhellend wie böse.

Produktbeschreibung
Zwei 11jährige Jungen prügeln sich auf dem Schulhof, der eine schlägt mit dem Stock zu, der andere verliert zwei Schneidezähne. Unter zivilisierten Leuten, wie es die Eltern sind, spricht man die Sache gemeinsam durch, schließlich ist man nicht in der Banlieu, wo die Autos brennen.
Und daraus entwickelt sich ein furioser Elternabend, in dessen Verlauf nicht nur ein Handy in der Tulpenvase landet, sondern überhaupt die dünne Haut bürgerlicher Kultiviertheit sichtbar wird...
Seit "KUNST" ist das wohl Yasmina Rezas furiosestes Stück, so erhellend wie böse.
Autorenporträt
Hinrich Schmidt-Henkel, geboren 1959, lebt in Berlin, übersetzt Prosa und Theaterstücke aus dem Französischen, Norwegischen und Italienischen, zuletzt vor allem Jean Echenoz, Yasmina Reza, Jon Fosse, Erlend Loe und Louis-Ferdinand Céline.

Yasmina Reza, geboren 1959 in Paris, Schriftstellerin, Regisseurin und Schauspielerin, ist die meistgespielte Theaterautorin unserer Zeit. Nach dem Prix Molière für ihr erstes Bühnenstück ("Gespräche nach einer Beerdigung", 1987) erhielt sie zahlreiche internationale Auszeichnungen. Neben "KUNST" wurde "Der Gott des Gemetzels" zum weltweiten Erfolg, auch verfilmt von Roman Polanski.

Frank Heibert, geboren 1960, übersetzt vor allem aus dem Englischen und Französischen. 2006 erschien sein erster Roman.
Für seine Übersetzungen großer Autoren wie Mark Twain, Don Delillo, Tobias Wolff, George Saunders, Tristan Egolf und Richard Ford wurde Frank Heibert 2012 von der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung ausgezeichnet und 2016 wurde ihm der Helmut-M.-

Braem-Übersetzerpreis verliehen.

Hinrich Schmidt-Henkel, geboren 1959, lebt in Berlin, übersetzt Prosa und Theaterstücke aus dem Französischen, Norwegischen und Italienischen, zuletzt vor allem Jean Echenoz, Yasmina Reza, Jon Fosse, Erlend Loe und Louis-Ferdinand Céline.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.02.2008

Der menschliche Makel

Yasmina Rezas Erfolgsstück "Der Gott des Gemetzels" ist auf dem Weg rund um den Globus am Staatstheater Wiesbaden angekommen. Dort hat Ricarda Beilharz Regie, Bühne und Kostüme übernommen.

Von Eva-Maria Magel

Die Rezaisierung auch der hiesigen Theaterwelt geht weiter: Kaum ist "Der Gott des Gemetzels" am Frankfurter Fritz Rémond Theater abgespielt, streiten die Houillés mit den Reilles und miteinander am Staatstheater Wiesbaden, wo 2005 schon Yasmina Rezas "Ein spanisches Stück" seine deutsche Erstaufführung erfahren hat.

Nun hat die Tochter des Wiesbadener Intendanten, Ricarda Beilharz, "Der Gott des Gemetzels" nicht nur inszeniert, sondern auch Bühne und Kostüme entworfen. So treffen die Reilles, Annette und Alain, im weißen Bühnenkubus auf die Houillés, Véronique und Michel, deren Sohn der ihre in einer Prügelei um zwei Zähne erleichtert hat. Man will in aller Ruhe darüber sprechen. Was schiefgeht und nicht zwei Parteien zurücklässt, sondern vier: Jeder gegen jeden. Doch wenn, ganz am Ende, die hintere Bühnenwand zusammenkracht, um die kleine Hölle der vier Protagonisten ins diffuse Schwarz wachsen zu lassen, ist das doch eher ein Missverständnis. Denn der größte Clou an Rezas bürgerlich ausstaffierten Höllen ist doch eigentlich, dass niemand, der in ihnen hockt, auch nur eine Möglichkeit hat, aus ihnen herauszuwandern - nicht einmal ins dunkle Unbekannte. Das ist, im Fall von "Der Gott des Gemetzels", einzig einem kleinen Hamster vorbehalten, den Michel Houillé im Rinnstein ausgesetzt hat. Was ihm von seiner Frau und Annette in plötzlicher Solidarität den Titel "Mörder" einträgt.

Weiß, Ecru, Beige sind nicht nur bei Beilharz die Bühnenfarben der Saison. Der helle Farbton ist derzeit angesagt, vor allem, wenn von den dunklen Flecken, dem menschlichen Makel, erzählt wird. Darin, das auf höchst unterhaltsame Weise zu tun, ist Reza derzeit unumstrittene internationale Spitze. Boulevard im allerbesten Sinne, bedienen sich ihre Stücke der vermeintlich festen gesellschaftlichen Regeln, um die menschlichen Abgründe freizulegen. Es sind die Regeln des Hier und Jetzt, und wo sich alle auf denselben - hellen - Lack geeinigt haben, kann um so lustvoller daran gekratzt werden, ob in Paris oder London, New York oder eben Wiesbaden. Von ein paar Französismen abgesehen funktionieren Rezas knapp besetzte und perfekt gebaute Stücke global, ihre präzise Sprache scheint Übersetzungen mühelos zu verkraften.

Ricarda Beilharz hält sich denn auch mit allzu forschen Regieeingriffen zurück und kann sich auf ihre vier soliden Darsteller prima verlassen - wobei die Idee, dem Konversationstheater physische Kontraste hinzuzugesellen, der Wiesbadener Inszenierung nicht übel steht: Lars Wellings und Michael Günther als Alain und Michel spielen oben auf der Rampe in plötzlicher Eintracht Kinderspielchen, Doreen Nixdorf als Annette rollt ebenso die Schräge hinab wie Michel - schließlich dürfen diese beiden Figuren die größten Entgleisungen durchleben. Annette erbricht sich über Véroniques heißgeliebte Kunstkataloge, ein Schockeffekt, der gleich noch einmal wiederholt wird. Und Michel wandelt sich mit Gebrüll vom gutmütigen Pantoffelhelden zum Wohnzimmersadisten.

Die Kippmomente in Beilharz' Inszenierung folgen verlässlich dem Text, einzig Véronique, die über das Elend Afrikas schreibt, wirkt bei Monika Kroll als verbissen am Gutmenschentum festhaltende Supermutter zwar aus einem Guss, wenngleich etwas zu abgeklärt für diese Zimmerschlacht. Lars Wellings' Telefonate als karrierefixierter Wirtschaftsanwalt Alain könnten zwar cooler sein, sorgen aber ebenso für Tempo und Struktur wie die Ausbrüche Michels und Annettes. Bis Annette das Handy in der Blumenvase ersäuft und bald die Tulpen in rasender Wut auf ihren Mann wirft. Der kniet sich hin, um mit entschuldigendem Blick geknickte Blüten und Blätter zusammenzuklauben. Ein Bild für das Stück, bitter und böse und gleichzeitig hinreißend komisch. Die Heiterkeit des begeisterten Premierenpublikums jedenfalls kannte keine Grenzen.

Nächste Vorstellungen am 6. und 7. Februar jeweils um 19.30 Uhr im Kleinen Haus

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.02.2012

DAS HÖRBUCH
Verblassende Tonspur
Als Hörspiel fade zugerichtet:
„Der Gott des Gemetzels“
Gebannt, gnadenlos amüsiert hat man im Kino gesessen, Roman Polanskis „Der Gott des Gemetzels“ und sich selbst mittendrin gesehen, obwohl man doch glaubte, von hochmotivierten Problemlöserfrauen, zynischen Anwälten und dumpfer Mittelstandsbehaglichkeit gleich weit entfernt zu sein. Der Film nach dem Theaterstück von Yasmina Reza vergnügt durch die sehr weit gehende Beschränkung auf Konversation, einen altmodisch wirkenden Glauben an die Schicksalsmacht der Sprache.
Zwei Jungs, elf Jahre alt, haben sich geprügelt, einem wurden zwei Zähne ausgeschlagen. Die Eltern treffen sich zum Zwecke gütlicher Einigung, pädagogisch und auch sonst vorbildlicher Konfliktbewältigung. Aber sie sind nicht Souveräne ihrer Sätze, Empfindungen und Launen. Entblößt vom Firnis der Kultur, als eigennützige, kleine böse Tiere stehen sie am Ende voreinander – kein schöner Anblick, noch gruseliger die beinahe gewisse Vorstellung, dass diese Paare irgendwie beisammenbleiben werden. Man geht aus dem Kino und ist begeistert, vor allem von Jodie Foster, Kate Winslet, John C. Reilly, Christoph Waltz.
Ein Schauplatz, eine gute Stunde Gerede, vier verlieren die Fassung – das scheint eine fürs Hörspiel wunderbar geeignete Vorlage zu sein. Das Hörbuch nach dem Film aber hinterlässt nur einen schwächlichen Eindruck, es gewinnt kein Eigenleben. Die Tonspur des Films wurde um wenige erzählende Passagen ergänzt. Sie erscheinen meist überflüssig, erschlagen durch Ungeschick: „Aus dem Abstellschrank neben der Küche holt Penelope einen Eimer.“ Die Schauspieler konnten, als sie sprachen, was man hört, Gestik, Mimik, Blicke einsetzen, ihre Charaktere zu verkörpern. Da im Hörspiel – banal, aber wahr – nur die Stimme bleibt, wirken die Figuren flach und aufgekratzt, scherenschnittartig. Ein eigens inszeniertes Hörstück nach Yasmina Reza könnte ein Glücksfall werden, diese Zweitverwertung behandelt die Autorin, den Film und die Schauspieler schäbig.
jby
YASMINA REZA: Der Gott des Gemetzels. Hörspiel nach dem Film von Roman Polanski. Sprecher: Robert Missler, Hansi Jochmann, Ulrike Stürzbecher, Christoph Waltz, Jacques Breuer, Walter von Hauff. Hörbuch Hamburg, Hamburg 2011. 1 CD, 77 Minuten, 14,99 Euro.
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