Der Grantige ist um die 80 Jahre alt. Dreiundsiebzig Jahre lang hat er sich nie beschwert. Als dann sein Arzt meinte, er müsse seine Lebensgewohnheiten umstellen, da sonst seine Adern verstopfen könnten, begann er sich zu beschweren, alles raus zu lassen und siehe da, seine Werte sind wieder in
bester Ordnung. Seitdem beschwert er sich, lautstark oder in Leserbriefen. Die Themengebiete dabei sind…mehrDer Grantige ist um die 80 Jahre alt. Dreiundsiebzig Jahre lang hat er sich nie beschwert. Als dann sein Arzt meinte, er müsse seine Lebensgewohnheiten umstellen, da sonst seine Adern verstopfen könnten, begann er sich zu beschweren, alles raus zu lassen und siehe da, seine Werte sind wieder in bester Ordnung. Seitdem beschwert er sich, lautstark oder in Leserbriefen. Die Themengebiete dabei sind weit gefächert: Stillen in der Öffentlichkeit; Menschen, die ständig mit dem Smartphone spielen; Zigarettenwerbung; Raser oder fehlende Mithilfe. Aber was soll er auch anderes tun? Seit seine Frau im Altersheim lebt, sind Beschwerden der einzige Lebensinhalt des Grantigen.
Jedes Kapitel beginnt mit dem Halbsatz "Ich bin ja so grantig geworden," und dann geht es los. Es gibt eine Menge, was dem grantigen Finnen missfällt. Einiges kann ich durchaus nachvollziehen, anderes hingegen würde mich nicht stören. Da hat jeder ein anderes Empfinden, was ja auch gut ist.
Ich hatte mich auf einen Roman gefreut, in dem man einen alten, grantigen Mann trotz seines Meckerns lieb gewinnt. Vielleicht mit ihm zusammen schimpfen, seine Grantigkeit charmant finden oder sich über Absurditäten amüsieren kann. Leider hat das Buch, das anfangs aus zusammenhangslosen Kapiteln besteht, nichts in mir ausgelöst. Der Schreibstill ist einfach, wodurch sich das Buch schnell lesen lässt, aber es hat keine Emotionen in mir geweckt. Der grantige Finne ist mir nicht sympathisch geworden, ich könnte aber auch nicht über ihn lächeln. Das Buch hat mich einfach nicht berührt und dadurch leider gelangweilt, so dass ich schon kämpfen musste, um es überhaupt zu beenden.
Kyrö lässt seinen alten Protagonisten über vieles Schimpfen, das unsere heutige Zeit zu beherrschen scheint: Light Produkte, Smartphones wodurch die Menschen weniger mit einander reden und kaum noch die Nachbarn kennen, oder die Verschwendung von Plastiktüten. Die Idee finde ich an sich toll, denn oft bemerken wir den Wahnsinn in unserem Zeitalter gar nicht mehr, da er für uns einfach normal ist. Jemand, der in anderen Jahrzehnten aufgewachsen ist, hat einen ganz anderen Blick dafür. Leider hat mich aber die Art, wie dieser interessante Ansatz umgesetzt wurde, nicht überzeugt. In der zweiten Hälfte wurde es etwas besser, die Kapitel bauten mehr auf einander auf und ich bekam ein besseres Gefühl für den grantigen Finnen, aber da war es schon zu spät, um meine Meinung gravierend zu ändern.
Fazit: Tuomas Kyrö hat für mein Empfinden das Potenzial aus seiner Geschichte verschenkt. Ein eigentlich liebenswerter Meckerpott, der die Tücken des modernen Lebens aufdeckt, hätte unglaublich unterhaltsam werden können. Leider hat vor allem die erste Hälfte mich kaum angesprochen, was sehr schade ist und wodurch ich nur 2,5 Sterne vergeben kann.
Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Verlag: List Hardcover (8. September 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3471351531
ISBN-13: 978-3471351536
Originaltitel: Mielensäpahoittaja