Dass Lodemann sich als Nazi vom Nationalsozialismus enttäuscht sah, unterscheidet ihn scharf von jenen, die sich nach dem Dritten Reich als Verführte bezeichneten. Hier hat einer beigetragen, was er konnte. Und konnte erst spät sehen, wie dramatisch er sich geirrt hatte. Ein ungeheuer aufschlussreiches Selbstporträt eines so aktiven wie widersprüchlichen Hitler-Anhängers. Harald Welzel. Und er streitet nichts ab. Weder, dass er Nazi war, noch, dass die Nazis unsägliche Verbrechen begingen. Den Söhnen hinterliess er 1965 diesen Erinnerungsversuch. Vor 1933 war es die Not der Arbeitslosigkeit gewesen und die weltweite Finanzkrise, die den Bauernsohn und mehrfachen Familienvater zum Mitmachen trieb. In der vagen schönen Hoffnung auf eine neue stabile Währung, aber auch auf eine klassenlose Gesellschaft, auf eine Volksgemeinschaft, versucht er selbst tatkräftig zu helfen. Er bedient die Partei in seiner idealistischen Mentalität und gut meinender Dienstbereitschaft mit zahlreichen Verbesserungsvorschlägen, wie Wirtschaft und Währung zu sichern seien. Den Mächtigen war diese Mentalität überaus nützlich, bis sie sie empörte, und zwar so sehr, dass er noch vor 1945 vor Parteigerichte musste.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensent Hermann Theissen hinterlässt seine Leser etwas ratlos. Eine Reflexion des einst begeisterten Nazis Friedrich Lodemann, eine Distanzierung von seiner Vergangenheit kann er darin nicht erkennen. Auch kein ehrliches Erschrecken über die NS-Verbrechen, wie der herausgebende Sohn annimmt. Für die Verbrechen waren in Lodemanns Augen "Hitler und seine Mordbande" verantwortlich, alle anderen Nazis waren eigentlich anständige "Prachtkerle". Und wenn man vom Morde an den Juden gewusst hätte, wären die NSDAP-ler allesamt auf die Barrikaden gegangen! Rezensent Theissen bezeichnet dies als vorsichtig eine "die Realität ignorierende Hybris". Auch einen Hang zu antisemitischen Theorien behält Lodemann in seinen Aufzeichnungen bei. Man bedauert, dass Theissen kein deutlicheres Urteil über dieses Buch fällt, das er als ziemlich verquere Auslassungen eigentlich eines ewigen Nazis darstellt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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