Der Tag, an dem Bens Mutter plötzlich und völlig unerwartet stirbt, ist ein strahlender Oktobertag. Ben erzählt von der ersten Zeit danach und wie er, sein Bruder Krümel und Pa damit klarkommen - oder eben nicht. Er erinnert sich an seine Ma mit den grünen Augen und den langen roten Haaren, die so gerne auf die höchsten Kastanienbäume kletterte. Mit einem Mal ist nichts mehr so, wie es war. Doch manchmal geht das Leben nicht nur irgendwie weiter, sondern es passieren neue, verwirrende und ganz wunderbare Dinge. Eine Geschichte einer großen Erzählerin über das Unfassbare, von großer Intensität und Nähe, voller Trost und Zuversicht.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.09.2018Vor Freude
glitzern
Eine Familie trauert
über den Tod der Mutter
Stefanie Höfner stellt ihrem neuen Roman „Der große schwarze Vogel“ Rose Ausländers tröstliches Gedicht „Noch bist du da“ voran. Es bereitet die Leser auf Abschied und Tod vor, aber es ist auch ein Gedicht über das Leben.
Im ersten, kursiv gedruckten Kapitel, überschrieben mit „Davor“, erzählt der 14-jährige Ben von seiner ersten bewussten Erinnerung als Vierjähriger an seine wilde, fröhliche Mutter, die in einen Kastanienbaum geklettert war, um Kastanien für ihn hinunterzuwerfen. „Alles an ihr glitzert vor Freude.“ Die eigentliche Geschichte beginnt dann mit Bens schonungsloser Schilderung des völlig unerwarteten Todes seiner Mutter zu Hause, an einem „strahlenden Oktobertag“, den Reaktionen seines kleinen sechsjährigen Bruders Karl, genannt Krümel, und seines Vaters, der fassungslos völlig außerstande ist, seinen Kindern eine Hilfe zu sein. Und er erzählt von der einen Woche vom Tod der Mutter bis zu ihrer Beerdigung, immer wieder unterbrochen von Erinnerungen zurück in seine glückliche Kindheit mit der lebensfrohen Mutter. Mit dem Kapitel „Jetzt“, in dem Ben die Erfahrung macht, dass er im Gegensatz zu seiner Mutter kein Bäumekletterer ist, sondern eher ein Bäumeumarmer, beendet Ben seinen Rückblick und erzählt im Folgenden unter der Überschrift „Danach“, dass das Leben weitergeht und auch wieder glückliche Momente kommen.
Mit dieser raffinierten Dramaturgie gibt Stefanie Höfler – eine der großen Begabungen unter den jungen deutschen Autorinnen und Autoren und mit ihrem Jugendbuch „Tanz der Tiefseequalle“ für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2018 nominiert – auf nur 180 Seiten einen intensiven Einblick in das Leben der Familie mit der Mutter und der Zeit danach, in welcher der Vater und die beiden Jungen auf diesen Abschied auf völlig unterschiedliche Weise reagieren. Besonders gelungen ist ihr das Porträt des kleinen „Krümel“, um den sich der große Bruder liebevoll kümmert und der seiner Mutter noch sehr nah ist.
Krümel nimmt auf seine ganz eigene Weise Abschied von ihr, indem er nachts ganz allein zum Friedhof geht, um dort in der Kapelle den Sarg der Mutter mit mitgebrachten Farben wild und bunt zu bemalen. Auch die Nebenfigur der neuen Klassenkameradin Lina bereichert die Geschichte sehr. Sie spricht Ben auf den Tod der Mutter an, und es stellt sich heraus, dass sie „Expertin für alles ist, was mit dem Tod zu tun hat“ , weil ihr Bruder im Koma liegt. Der Vater allerdings kehrt erst in die Realität zurück, nachdem Ben ihn angeschrien und an seine Vaterpflicht erinnert hat. Doch als Krümel noch einmal verschwindet, ist es Ben, der ihn auf dem Dach der Friedhofskapelle findet. Ganz ohne jeden Kitsch erzählt die Autorin vom wiederholten Auftauchen der Mutter, und wie Ben sie wegschickt, „ein für alle Mal“, damit sein kleiner Bruder trauern kann. Trauer und Tod sind wichtige Themen in der Kinder- und Jugendliteratur, doch selten wurde so berührend, so erschütternd und wahrhaftig davon erzählt wie in Stefanie Höflers „Der große schwarze Vogel“. (ab 12 Jahre)
HILDE ELISABETH MENZEL
Stefanie Höfler: Der große schwarze Vogel. Beltz & Gelberg, Weinheim 2018. 182 Seiten. 13,95 Euro
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
glitzern
Eine Familie trauert
über den Tod der Mutter
Stefanie Höfner stellt ihrem neuen Roman „Der große schwarze Vogel“ Rose Ausländers tröstliches Gedicht „Noch bist du da“ voran. Es bereitet die Leser auf Abschied und Tod vor, aber es ist auch ein Gedicht über das Leben.
Im ersten, kursiv gedruckten Kapitel, überschrieben mit „Davor“, erzählt der 14-jährige Ben von seiner ersten bewussten Erinnerung als Vierjähriger an seine wilde, fröhliche Mutter, die in einen Kastanienbaum geklettert war, um Kastanien für ihn hinunterzuwerfen. „Alles an ihr glitzert vor Freude.“ Die eigentliche Geschichte beginnt dann mit Bens schonungsloser Schilderung des völlig unerwarteten Todes seiner Mutter zu Hause, an einem „strahlenden Oktobertag“, den Reaktionen seines kleinen sechsjährigen Bruders Karl, genannt Krümel, und seines Vaters, der fassungslos völlig außerstande ist, seinen Kindern eine Hilfe zu sein. Und er erzählt von der einen Woche vom Tod der Mutter bis zu ihrer Beerdigung, immer wieder unterbrochen von Erinnerungen zurück in seine glückliche Kindheit mit der lebensfrohen Mutter. Mit dem Kapitel „Jetzt“, in dem Ben die Erfahrung macht, dass er im Gegensatz zu seiner Mutter kein Bäumekletterer ist, sondern eher ein Bäumeumarmer, beendet Ben seinen Rückblick und erzählt im Folgenden unter der Überschrift „Danach“, dass das Leben weitergeht und auch wieder glückliche Momente kommen.
Mit dieser raffinierten Dramaturgie gibt Stefanie Höfler – eine der großen Begabungen unter den jungen deutschen Autorinnen und Autoren und mit ihrem Jugendbuch „Tanz der Tiefseequalle“ für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2018 nominiert – auf nur 180 Seiten einen intensiven Einblick in das Leben der Familie mit der Mutter und der Zeit danach, in welcher der Vater und die beiden Jungen auf diesen Abschied auf völlig unterschiedliche Weise reagieren. Besonders gelungen ist ihr das Porträt des kleinen „Krümel“, um den sich der große Bruder liebevoll kümmert und der seiner Mutter noch sehr nah ist.
Krümel nimmt auf seine ganz eigene Weise Abschied von ihr, indem er nachts ganz allein zum Friedhof geht, um dort in der Kapelle den Sarg der Mutter mit mitgebrachten Farben wild und bunt zu bemalen. Auch die Nebenfigur der neuen Klassenkameradin Lina bereichert die Geschichte sehr. Sie spricht Ben auf den Tod der Mutter an, und es stellt sich heraus, dass sie „Expertin für alles ist, was mit dem Tod zu tun hat“ , weil ihr Bruder im Koma liegt. Der Vater allerdings kehrt erst in die Realität zurück, nachdem Ben ihn angeschrien und an seine Vaterpflicht erinnert hat. Doch als Krümel noch einmal verschwindet, ist es Ben, der ihn auf dem Dach der Friedhofskapelle findet. Ganz ohne jeden Kitsch erzählt die Autorin vom wiederholten Auftauchen der Mutter, und wie Ben sie wegschickt, „ein für alle Mal“, damit sein kleiner Bruder trauern kann. Trauer und Tod sind wichtige Themen in der Kinder- und Jugendliteratur, doch selten wurde so berührend, so erschütternd und wahrhaftig davon erzählt wie in Stefanie Höflers „Der große schwarze Vogel“. (ab 12 Jahre)
HILDE ELISABETH MENZEL
Stefanie Höfler: Der große schwarze Vogel. Beltz & Gelberg, Weinheim 2018. 182 Seiten. 13,95 Euro
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
»Ein literarisches Juwel.« Hilde Elisabeth Menzel, Süddeutsche Zeitung, 7.12.2018 »Trauer und Tod sind wichtige Themen in der Kinder- und Jugendliteratur, doch selten wurde so berührend, so erschütternd und wahrhaftig davon erzählt wie in Stefanie Höflers 'Der große schwarze Vogel'.« Hilde Elisabeth Menzel, Süddeutsche Zeitung, 14.9.2018 »Diese Buch hat mich angefasst wie schon lange keines mehr, es ist tiefgründig, tragisch, mitunter eine Zumutung, aber voller Trost, Mut und Zuversicht.« Wiebke Schleser/BuchSegler, BuchMarkt, 9/2018 »Beeindruckend, sensibel und klug formuliert, sehr authentisch und nachfühlbar - ein wahres Buchjuwel!« Sandra Rudel/Schmitz junior, BuchMarkt, 9/2018 »Höfler überzeugt mit Ihrer sprachlichen Kraft, berührt mit ihrem intensiven Ton, und man ist als Leser manchmal überwältigt davon, wie Höfler so einfühlsam und authentisch diese außerordentliche Gefühls- und Gedankenwelt zum Klingen bringen kann. Birgit Müller-Bardorff, Augsburger Allgemeine, 6.10.2018 »...wahrhaftig, fein beobachtend, intensiv, schonungslos und berührend erzählte[r] Roman...« Sigrid Kranepuhl-Göritz, Nordbayerischer Kurier, 27.10.2018 »Intensiv erzählt, unfassbar traurig, aber trotzdem voller Zuversicht und Trost.« Beate Schräder, Westfälische Nachrichten, 10.9.2018 »[Stefanie Höfler] erfindet ungewöhnliche, oft unscheinbare, aber aussagekräftige Szenen, in denen die Vielschichtigkeit der psychologischen Belastungen nicht erklärt, sondern in Handlung aufgelöst wird. In einem kunstvoll aufgebauten Netz aus mehreren Zeitebenen umkreist der Roman ein düsteres Thema und liest sich doch als ein Buch der Hoffnung.« Jurybegründung Kranichsteiner Stipendium 2019 »Das gefühlvolle, warmherzige Buch zeigt, dass Tod und Trauer zum Leben gehören, es lässt uns mal weinen, mal lachen, ist düster, mal bunt und glitzernd, kurzum: Es feiert das Leben und die Schönheit der Natur.« Margit Lesemann, eselsohr, 1/2019 »So überzeugend wie unterhaltsam beindruckt Stefanie Höfler hier einmal mehr mit einer preiswürdigen Glanzleistung.« Ulrich Karger, Der Tagesspiegel, 6.12.2018