Michael findet Haarewaschen einfach schrecklich. Ein beinah alltägliches Problem, das die große Schwester Daniela auf ihre eigenwillige Art zu lösen gedenkt. Jacky Gleich, "die Ausnahme-Illustratorin kleiner großer Bücher" (K. Heidkamp, DIE ZEIT), setzt auch diese zweite Bilderbuchgeschichte von Uri Orlev auf ihre ganz eigene, ausdrucksvolle Weise um.
Der schrecklichste Tag in der Woche ist für Michael der Dienstag, denn jeden Dienstag abend werden ihm die Haare gewaschen. Und jedesmal erhebt sich sein großes Geschrei, wenn die Mutter die undankbare Aufgabe hat, ihm Marmelade, Quark und Sand und all das Zeug aus den Haaren zu waschen. Das treibt den Vater dann schon mal zur Flucht, Daniela pflegt sich die Finger in die Ohren zu stecken. Aber schließlich läßt sich der kleine Bruder von der großen Schwester überzeugen, wie sein Haarwaschproblem ein für allemal aus der Welt zu schaffen ist: Michael braucht sich nur eine Glatze schneiden zu lassen. Das tut nicht mal weh. Doch wie sie so beim Frisör Sami sitzen, bekommt er doch Angst, große Angst. Lieber Haare waschen! Überhaupt, so beschließt Michael am nächsten Dienstag dann, wird er genau so lange weinen, bis er eben nicht mehr weinen muß. Und da hat er recht.
Der schrecklichste Tag in der Woche ist für Michael der Dienstag, denn jeden Dienstag abend werden ihm die Haare gewaschen. Und jedesmal erhebt sich sein großes Geschrei, wenn die Mutter die undankbare Aufgabe hat, ihm Marmelade, Quark und Sand und all das Zeug aus den Haaren zu waschen. Das treibt den Vater dann schon mal zur Flucht, Daniela pflegt sich die Finger in die Ohren zu stecken. Aber schließlich läßt sich der kleine Bruder von der großen Schwester überzeugen, wie sein Haarwaschproblem ein für allemal aus der Welt zu schaffen ist: Michael braucht sich nur eine Glatze schneiden zu lassen. Das tut nicht mal weh. Doch wie sie so beim Frisör Sami sitzen, bekommt er doch Angst, große Angst. Lieber Haare waschen! Überhaupt, so beschließt Michael am nächsten Dienstag dann, wird er genau so lange weinen, bis er eben nicht mehr weinen muß. Und da hat er recht.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.04.1998Muß man unbedingt die Haare waschen?
Ein neues Bilderbuch über den Umgang mit ganz alltäglichen Katastrophen
Allzu schnell vergessen wir über dem Älterwerden die alltäglichen Nöte der Kindheit. Daß das Haarewaschen für ein Dreijähriges nicht nur eine lästige, sondern eine furchterregende Angelegenheit sein kann, rufen Uri Orlev und Jacky Gleich mit ihrem neuen Bilderbuch in Erinnerung. Michaels Schreckenstag ist der Dienstag, denn dann wäscht ihm seine Mutter die Haare. Die ganze Familie leidet unter seiner laut herausgeweinten Not. Die Mutter aber hat gute Argumente auf ihrer Seite: Quark, Marmelade und Sand auf Michaels Kopf. Schließlich hat die große Schwester eine Idee . . . Doch ihre Unternehmung scheitert; Michael muß eben eines Tages ganz von selbst mit dem Geschrei am haarigen Dienstag aufhören.
Selten werden die Gefühle der Kleinsten, ihre Weltsicht, ihr Verhalten und das soziale Gefüge einer Familie so angemessen nuanciert und gelassen dargestellt wie hier. Dem freundlichen, unsentimentalen und psychologisch stimmigen Text entsprechen die Illustrationen von Jacky Gleich, die sich von Buch zu Buch deutlicher als herausragendes Talent in der deutschen Bilderbuchkunst profiliert.
Text und Bild erzählen gemeinsam die Geschichte. Dabei sind ihre Rhythmen so aufeinander abgestimmt, daß sie beim Betrachten und Lesen als vollkommene Einheit wahrgenommen werden. Ausdrucksstarke Gesten und Körperhaltungen unterstreichen und ergänzen die treffsicheren Dialoge und bilden ein dichtes metaphorisches Gewebe. Was der Text ausspart, übernimmt das Bild, zum Beispiel Michaels Strategien, die Angst zu bewältigen, indem er seinerseits dem Stoffhasen die Haare wäscht und seinen Kopf schon am Dienstag morgen mit einer dicken Mütze schützt. Die Bilder erklären auch, warum sich Michael lieber keine Glatze schneiden lassen will, wie seine Schwester es vorgeschlagen hat: Der riesige Friseur mit der gewaltigen Schere ist schreckenerregend genug, und der Anblick zweier glatzköpfiger Herren lädt auch nicht gerade zur Nachahmung ein. Ein Bild schließlich verrät das noch verborgene Geschenk, das auf den Dienstag wartet, an dem Michael nicht mehr weinen muß.
Jacky Gleich gelingt mit ihren schrägen Raumkonzepten die Vorstellung einer Welt, wie sie aus der Sicht des Kleinkindes aussehen mag. Endlos lang erscheint die Badewanne, an deren Ende sich der brüllende Michael vor der Dusche flüchtet, winzig ist das weinende Kind, über das sich Friseur, Schwester, fremde Mutter beugen - in überlegener Distanz und ratlos zugleich.
Fast immer scheint die Welt ein wenig zu groß für den Jungen. Im Spiel aber kann er die Verhältnisse umkehren: Wenn er als Haarwäscher einen Schwall Wasser auf seinen Stoffhasen gießt. Jacky Gleich zeichnet auch die Ordnung der familiären Beziehungen nach, indem sie Mutter und Kind als innigste Einheit in einen Bildumriß, einer gemeinsamen Bewegung zusammenfaßt, ungeachtet aller konfliktgeladenen Alltagszwänge.
Stumpfe und gebrochene Farben herrschen vor, ein vielfach nuanciertes Graubraun und Grüngrau, farbig schattierte weiße Klänge. Dichtes Rot und matte Blautöne setzen Akzente und lenken den Blick auf die Kinderfiguren. Besondere Aufmerksamkeit widmet die Künstlerin durchscheinenden Materialien wie Glas, Rauch, Wasser, einer Kaugummiblase. Der großzügige malerische Duktus geht nirgends auf Kosten der Sorgfalt, die sie auch dem geringsten Detail widmet.
Selbst mit den stereotypen, allen Personen gemeinsamen kugelrunden Augen kann Jacky Gleich noch individuellen Ausdruck und situativen Witz erzeugen. Mit Thema und Handlung, Erzählweise und Bildkunst vereint dies Buch alle Vorzüge für eine Lieblingslektüre der Jüngsten.
Gundel Mattenklott
Uri Orlev und Jacky Gleich: "Der haarige Dienstag". Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 1998. 32 S., geb. 24,80 DM. Ab 3 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein neues Bilderbuch über den Umgang mit ganz alltäglichen Katastrophen
Allzu schnell vergessen wir über dem Älterwerden die alltäglichen Nöte der Kindheit. Daß das Haarewaschen für ein Dreijähriges nicht nur eine lästige, sondern eine furchterregende Angelegenheit sein kann, rufen Uri Orlev und Jacky Gleich mit ihrem neuen Bilderbuch in Erinnerung. Michaels Schreckenstag ist der Dienstag, denn dann wäscht ihm seine Mutter die Haare. Die ganze Familie leidet unter seiner laut herausgeweinten Not. Die Mutter aber hat gute Argumente auf ihrer Seite: Quark, Marmelade und Sand auf Michaels Kopf. Schließlich hat die große Schwester eine Idee . . . Doch ihre Unternehmung scheitert; Michael muß eben eines Tages ganz von selbst mit dem Geschrei am haarigen Dienstag aufhören.
Selten werden die Gefühle der Kleinsten, ihre Weltsicht, ihr Verhalten und das soziale Gefüge einer Familie so angemessen nuanciert und gelassen dargestellt wie hier. Dem freundlichen, unsentimentalen und psychologisch stimmigen Text entsprechen die Illustrationen von Jacky Gleich, die sich von Buch zu Buch deutlicher als herausragendes Talent in der deutschen Bilderbuchkunst profiliert.
Text und Bild erzählen gemeinsam die Geschichte. Dabei sind ihre Rhythmen so aufeinander abgestimmt, daß sie beim Betrachten und Lesen als vollkommene Einheit wahrgenommen werden. Ausdrucksstarke Gesten und Körperhaltungen unterstreichen und ergänzen die treffsicheren Dialoge und bilden ein dichtes metaphorisches Gewebe. Was der Text ausspart, übernimmt das Bild, zum Beispiel Michaels Strategien, die Angst zu bewältigen, indem er seinerseits dem Stoffhasen die Haare wäscht und seinen Kopf schon am Dienstag morgen mit einer dicken Mütze schützt. Die Bilder erklären auch, warum sich Michael lieber keine Glatze schneiden lassen will, wie seine Schwester es vorgeschlagen hat: Der riesige Friseur mit der gewaltigen Schere ist schreckenerregend genug, und der Anblick zweier glatzköpfiger Herren lädt auch nicht gerade zur Nachahmung ein. Ein Bild schließlich verrät das noch verborgene Geschenk, das auf den Dienstag wartet, an dem Michael nicht mehr weinen muß.
Jacky Gleich gelingt mit ihren schrägen Raumkonzepten die Vorstellung einer Welt, wie sie aus der Sicht des Kleinkindes aussehen mag. Endlos lang erscheint die Badewanne, an deren Ende sich der brüllende Michael vor der Dusche flüchtet, winzig ist das weinende Kind, über das sich Friseur, Schwester, fremde Mutter beugen - in überlegener Distanz und ratlos zugleich.
Fast immer scheint die Welt ein wenig zu groß für den Jungen. Im Spiel aber kann er die Verhältnisse umkehren: Wenn er als Haarwäscher einen Schwall Wasser auf seinen Stoffhasen gießt. Jacky Gleich zeichnet auch die Ordnung der familiären Beziehungen nach, indem sie Mutter und Kind als innigste Einheit in einen Bildumriß, einer gemeinsamen Bewegung zusammenfaßt, ungeachtet aller konfliktgeladenen Alltagszwänge.
Stumpfe und gebrochene Farben herrschen vor, ein vielfach nuanciertes Graubraun und Grüngrau, farbig schattierte weiße Klänge. Dichtes Rot und matte Blautöne setzen Akzente und lenken den Blick auf die Kinderfiguren. Besondere Aufmerksamkeit widmet die Künstlerin durchscheinenden Materialien wie Glas, Rauch, Wasser, einer Kaugummiblase. Der großzügige malerische Duktus geht nirgends auf Kosten der Sorgfalt, die sie auch dem geringsten Detail widmet.
Selbst mit den stereotypen, allen Personen gemeinsamen kugelrunden Augen kann Jacky Gleich noch individuellen Ausdruck und situativen Witz erzeugen. Mit Thema und Handlung, Erzählweise und Bildkunst vereint dies Buch alle Vorzüge für eine Lieblingslektüre der Jüngsten.
Gundel Mattenklott
Uri Orlev und Jacky Gleich: "Der haarige Dienstag". Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler. Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 1998. 32 S., geb. 24,80 DM. Ab 3 J.
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