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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.1999

Die Vertriebsformen und ihre Entwicklung
Ein Grundlagenwerk der Handelsbetriebslehre

Lothar Müller-Hagedorn: Der Handel. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln 1998, 718 Seiten, 98 DM.

Der Handel durchlebt eine Phase vielfältiger und tiefgreifender Veränderungen. Multimediale Kommunikationstechnologien verändern das Einkaufsverhalten, urbane Zentren stehen mit innovativen Betriebsformen im Wettbewerb, und eine weiter fortschreitende Konzentration bedroht den mittelständischen Einzelhandel sowie den Großhandel. Die Handelskonzerne sind bestrebt, durch Wachstums- und Internationalisierungsstrategien sowie eine gleichzeitige Konzentration auf die Kerngeschäfte die Voraussetzungen für eine Bewältigung zukünftiger Herausforderungen zu schaffen.

Trotz der vielfältigen Veränderungen der Handelslandschaft stehen die institutionen- und warenorientierten Ansätze der Betriebswirtschaftslehre - die sich unter anderem mit der Dynamik der Betriebsformen im Handel auseinandersetzen - nicht mehr in dem Umfang im Brennpunkt wissenschaftlicher Betrachtungen, wie es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.

Dem Handelswissenschaftler Lothar Müller-Hagedorn, dem Direktor des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Handel und Distribution und des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln, ist es zu danken, daß Fragen der Steuerung von Handelsunternehmen unter sich verändernden Wettbewerbsbedingungen neue Impulse erhalten haben. Er hat seine langjährigen Erfahrungen und Erkenntnisse in diesem Forschungsbereich jetzt in einer umfassenden Monographie zusammengefaßt.

Im ersten Teil des Buches erörtert der Autor einleitend die in der betriebswirtschaftlichen Literatur entwickelten Sichtweisen einer Abgrenzung des Handelsbegriffes im funktionellen und institutionellen Sinn. Anschließend stellt er die vielfältigen Betriebsformen und unterschiedlichen Verbundsysteme im Handel dar und beschreibt die Entwicklungen der Struktur des Handels. Den Abschluß bildet eine Betrachtung der verschiedenen theoretischen Sichtweisen der Handelsbetriebslehre.

Im zweiten Teil beschreibt Müller-Hagedorn systematisch die Schritte der Entwicklung einer strategischen Handelskonzeption. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Analyse der Entwicklungen des Nachfragerverhaltens aus einer makroökonomischen sowie verhaltenswissenschaftlichen Perspektive.

Ein Einblick in die einzelnen Planungsbereiche der Handelsbetriebslehre wird dem Leser im dritten Teil des Buches gegeben. Die Entscheidungstatbestände der Marketingpolitik, der Beschaffung und Logistik sowie der Personalpolitik und Organisation werden systematisch beschrieben. Großen Wert legt der Autor darüber hinaus auf eine differenzierte Darstellung des Controlling im Handel aus kosten- sowie erlösorientierter Sicht.

Bei der Lektüre des Buches wird deutlich, daß Müller-Hagedorn ein intimer Kenner der Handelsszene ist. Zu würdigen ist vor allem die eingängige Verbindung einer fundierten wissenschaftlichen Diskussion mit der Vermittlung praktischer Erfahrungen. Auf der Grundlage einer Verknüpfung theoretischer Erkenntnisse, eigener Forschungsergebnisse und empirischer Sachverhalte erhält der Leser einen Einblick in wesentliche Bereiche der Handelsbetriebslehre.

Positiv hervorzuheben sind darüber hinaus die umfangreichen, erläuterten Literaturhinweise zu jedem Kapitel, die weiter reichende Recherchen zu den einzelnen Themenschwerpunkten ermöglichen.

Das Buch wird sich schnell zu einem Standardwerk des deutschen Handels entwickeln. Bei der zweiten Auflage wäre die umfassende Einbindung internationaler Fragestellungen des Handelsmanagements wünschenswert. Darüber hinaus ist vor dem Hintergrund der weiterhin gültigen Forschungen von Robert Nieschlag zum "Wheel of Retailing" eine stärkere Hinwendung auf Fragen der Führung von Handelsunternehmen unter Dienstleistungsaspekten anzustreben. Durch eine Übertragung der Erkenntnisse des Dienstleistungsmarketings auf die Führung von Handelsunternehmen, beispielsweise im Hinblick auf Kundenorientierung sowie des Qualitätsmanagements, wird der Innovations- und Veränderungsprozeß im Handel neue Impulse erhalten.

Insgesamt hat Müller-Hagedorn ein wesentliches Grundlagenwerk der Handelsbetriebslehre verfaßt, das seine langjährige fundierte Forschungsarbeit dokumentiert und dem eine breite Leserschaft in der Wissenschaft sowie der handelsbetrieblichen Praxis zu wünschen ist. MANFRED BRUHN

(Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing und Unternehmensführung, am Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum der Universität Basel)

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