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Wir waren uns in Venedig begegnet und da wir beide jung, lebensfroh und zum erstenmal in Italien waren, hatten wir uns einander angeschlossen und zusammen die Reise fortgesetzt. Er war ein unbemittelter Künstler, ich ein verwöhntes Kind des Glücks, von zärtlichen Eltern mit freigebiger Liebe erzogen, eben nach glänzendem Examen von der Universität geschieden, ein mit Leidenschaft der schönen Kunst der Malerei ergebener Dilettant und ein schönheitstrunkener Idealist, dem der Pessimismus des Zeitalters noch nicht in die junge Seele eingedrungen war. Nun waren wir in Rom und genossen in vollen…mehr

Produktbeschreibung
Wir waren uns in Venedig begegnet und da wir beide jung, lebensfroh und zum erstenmal in Italien waren, hatten wir uns einander angeschlossen und zusammen die Reise fortgesetzt. Er war ein unbemittelter Künstler, ich ein verwöhntes Kind des Glücks, von zärtlichen Eltern mit freigebiger Liebe erzogen, eben nach glänzendem Examen von der Universität geschieden, ein mit Leidenschaft der schönen Kunst der Malerei ergebener Dilettant und ein schönheitstrunkener Idealist, dem der Pessimismus des Zeitalters noch nicht in die junge Seele eingedrungen war. Nun waren wir in Rom und genossen in vollen Zügen, was tausende vor uns genossen haben, was tausende nach uns genießen werden, so wie man den Frühling, der doch wiederkehrt, so lang die Welt steht, stets aufs neue mit seiner Blütenpracht genießt. Wir hatten bereits viele Wochen in den Wundern der Kunst und der Natur, welche die alte Zauberin Roma vereinigt, geschwelgt und waren noch nicht zu eigner Arbeit gekommen, denn auch ich, obgleich wie gesagt Dilettant, hatte die Absicht, zu kopieren, um ganz vertraut mit den großen Meistern zu werden und ihre Seele gleichsam zu belauschen, indem ich das Geheimnis ihres Schaffens und Verfahrens an der Quelle zu ergründen strebte. Endlich aber beschlossen wir doch, auch mit der Arbeit anzufangen und das Sehen nur noch als Hochgenuß und Lohn übrig zu lassen.
Autorenporträt
Amelie Malwida Wilhelmina Tamina Rivalier wurde 1816 als neuntes von zehn Kindern des kurhessischen Hofbeamten Carl Rivalier (1779¿1847) geboren. Ihr Vater wurde 1825 mit Namensmehrung durch von Meysenbug in den erblichen kurhessischen Adelsstand erhoben, wodurch auch Malwida in den Rang einer Freiin aufstieg. Der badische Diplomat und Politiker Wilhelm Rivalier von Meysenbug war ihr Bruder. Künstlerische und literarische Anregungen erhielten die Kinder von der Mutter, die sie u. a. mit der Gedankenwelt Friedrich Schlegels und Rahel Varnhagens vertraut machte.[1] Aufgrund politischer Unruhen in Kurhessen zog die Mutter mit Malwida und ihrer jüngeren Schwester 1832 nach Detmold. Durch die Bekanntschaft mit dem Theologiestudenten und Pfarrerssohn Theodor Althaus, der ihr Liebhaber wurde, löste sich Malwida in den folgenden Jahren von ihrer konservativen Prägung und wurde Vertreterin aufklärerischen Gedankenguts. Insbesondere sollte sie sich zeitlebens mit dem Christentum auseinandersetzen; in den 1840er Jahren befasste sie sich mit der Philosophie Hegels und der materialistischen Junghegelianer. Sie trat energisch für Frauenemanzipation ein und kam so mit sozialistischen Kreisen in Verbindung. Schließlich unterstützte sie die Märzrevolution von 1848, was sie endgültig in Widerspruch zu ihrer eher reaktionären Familie brachte. Mit Hilfe einiger Freunde gelang es ihr auch, als Zuschauerin am Vorparlament in der Frankfurter Paulskirche teilzunehmen.