Baden-Württemberg gesungen, mit romantischen Obertönen und in bunten Bildern. Andere Bücher wiederum liefern nüchterne und meist karge Darstellungen der südwestdeutschen Geschichte. Und dieses Baden-Württemberg-Buch von Hermann Bausinger ist nun ein farbig-poetischer Essay und eine sachliche Beschreibung in einem. In gedrängter Form, in lebendigen Skizzen wird das Bild des Landes entworfen. Das Buch bringt die historischen Bedingungen ins Spiel, aber mit dem Blick auf die daraus entstandenen gesellschaftlichen Formen, auf das heutige Leben in den Städten und Dörfern des Landes. Es geht um die Landschaft in ihrer Vielfalt und Schönheit, um die wirtschaftlichen Gegebenheiten und den Alltag der Menschen, um die besonderen Ausprägungen der Kultur und auch um den Versuch, die geistige Atmosphäre im Land zu charakterisieren. Die Probleme verschwinden nicht hinter Lob- und Werbesprüchen: Hermann Bausinger hält Baden-Württemberg nicht für die Krönung der Schöpfung, und er hat offensichtlich überhaupt gewisse Zweifel, ob die Menschen hier wirklich alles können - außer Hochdeutsch. Aber sein Buch ist doch eine verhaltene Liebeserklärung an ein Land, das im Umbruch ist, das viel Fremde und viel Fremdes aufgenommen hat und das bemüht ist, Eigenart und Tradition nicht nur ängstlich zu bewahren, sondern in der Auseinandersetzung und Verbindung mit dem Neuen aufs neue zu gewinnen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.04.2007Evangelisch und katholisch
Der deutsche Südwesten ist der Landstrich der Dichter und Tüftler, der Spitzengastronomie und der kargen Küche, der "Katholen" und "Evangelen", Baden und Württemberg eben. Dem "herben Charme des Landes" hat Hermann Bausinger einen langen Essay gewidmet. Bausinger, 1926 im württembergischen Aalen geboren, war Professor für Volkskunde in Tübingen und Direktor des Instituts für Empirische Kulturwissenschaft. Kompakt und lesenswert, schreibt er über Kultur und Natur, Alltag und Geschichte, beschreibt die Städte des Landes, historisch und in ihrer heutigen Anziehungskraft, und erzählt von Auswanderern und Einwanderern, wie den Waldensern, die aus dem katholischen Frankreich in den Schwarzwald flohen, und den Heimatvertriebenen des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Unterschiede der beiden Landesteile in Alltagskultur, Kultur- und Sozialgeschichte führt Bausinger auch auf Landschaftsformen zurück, auf der einen Seite das breite Rheintal, "eine spendable Natur", auf der anderen die rauhe Alb. Und er beschreibt den historischen Flickenteppich von kleinen und kleinsten Herzogtümern, der schließlich zur Teilung des Landstrichs in katholische und evangelische Dörfer führte, was wohl den größten Mentalitätsunterschied schuf. Die Sinnenfreude der - badischen - Katholiken sei oft herausgestellt und getadelt worden, "von evangelischer Seite", weiß Bausinger. Hatte sich doch in Württemberg der Pietismus ausgebreitet, konservativ und sinnenfeindlich, aber arbeitssam, "schaffe, schaffe, Häusle baua" eben. Ein sachlich, aber auch liebevoll verfasstes Buch für Reigschmeckte, die wissen wollen,wo sie hier gelandetsind.Souverän- er ist schließlich Schwabe - erzählt Bausinger sogar derbe, badische Schwabenwitze.
bär
"Der herbe Charme des Landes. Gedanken über Baden-Württemberg" von Hermann Bausinger. Klöpfer & Meyer Verlag, Tübingen 2006. 164 Seiten. Gebunden, 18 Euro. ISBN 3-93766775-X.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der deutsche Südwesten ist der Landstrich der Dichter und Tüftler, der Spitzengastronomie und der kargen Küche, der "Katholen" und "Evangelen", Baden und Württemberg eben. Dem "herben Charme des Landes" hat Hermann Bausinger einen langen Essay gewidmet. Bausinger, 1926 im württembergischen Aalen geboren, war Professor für Volkskunde in Tübingen und Direktor des Instituts für Empirische Kulturwissenschaft. Kompakt und lesenswert, schreibt er über Kultur und Natur, Alltag und Geschichte, beschreibt die Städte des Landes, historisch und in ihrer heutigen Anziehungskraft, und erzählt von Auswanderern und Einwanderern, wie den Waldensern, die aus dem katholischen Frankreich in den Schwarzwald flohen, und den Heimatvertriebenen des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Unterschiede der beiden Landesteile in Alltagskultur, Kultur- und Sozialgeschichte führt Bausinger auch auf Landschaftsformen zurück, auf der einen Seite das breite Rheintal, "eine spendable Natur", auf der anderen die rauhe Alb. Und er beschreibt den historischen Flickenteppich von kleinen und kleinsten Herzogtümern, der schließlich zur Teilung des Landstrichs in katholische und evangelische Dörfer führte, was wohl den größten Mentalitätsunterschied schuf. Die Sinnenfreude der - badischen - Katholiken sei oft herausgestellt und getadelt worden, "von evangelischer Seite", weiß Bausinger. Hatte sich doch in Württemberg der Pietismus ausgebreitet, konservativ und sinnenfeindlich, aber arbeitssam, "schaffe, schaffe, Häusle baua" eben. Ein sachlich, aber auch liebevoll verfasstes Buch für Reigschmeckte, die wissen wollen,wo sie hier gelandetsind.Souverän- er ist schließlich Schwabe - erzählt Bausinger sogar derbe, badische Schwabenwitze.
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"Der herbe Charme des Landes. Gedanken über Baden-Württemberg" von Hermann Bausinger. Klöpfer & Meyer Verlag, Tübingen 2006. 164 Seiten. Gebunden, 18 Euro. ISBN 3-93766775-X.
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