In einem Tal auf der Schwäbischen Alb leben Marie und Klara: Ihr Vater starb früh, zwei Söhne erbten die Mahlmühle, die später zur Sägemühle umgebaut wurde. Doch dann kam der Zweite Weltkrieg und die Brüder kehrten nicht aus Russland zurück. Seither lag alle Last auf den Schultern der Schwestern. Klara übernimmt das Kommando in der sogenannten Walzmühle und Marie kümmert sich um Haushalt und Stall. Was heute wie eine Idylle aus der guten alten Zeit klingt, war jedoch harter Überlebenskampf. Klaglos arbeiteten Marie (1915-2001) und Klara (1924-2015) in bescheidens-ten Verhältnissen und ohne jeglichen Komfort, aber im Glauben daran, dass »der Herrgott weiß, was mit uns geschieht«.Mit seinem Buch folgt Eberhard Neubronner der Spur jenes gleich-namigen, wieder und wieder ausgestrahlten TV-Films, den Rudolf Werner als Langzeitstudie gedreht hat und der bis heute zahllose Zuschauer bannt. Brillante Fotos und authentische Gespräche mit den Schwestern machen das berührende Buch zu einem Stück unverfälschter Heimatgeschichte. Es ist ein Dokument von seltener Intensität.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.09.2008Mit Gesundheit und Verstand
Die Schwestern Marie und Klara Walz wurden Anfang des vorigen Jahrhunderts geboren, ihr Vater betrieb eine Mühle auf der Schwäbischen Alb, die beiden Brüder sollten diese übernehmen. Doch sie fielen in Russland im Krieg. Also übernahmen die Schwestern die Mühle, die zum Sägewerk wurde. Gearbeitet haben sie bis 2001, da starb Marie. Rudolf Werner drehte über die Schwestern eine vielgerühmte Fernsehdokumentation. Der Autor Eberhard Neubronner machte sich noch einmal auf, die beiden alten Frauen zu besuchen. Daraus wurde ein ruhiges, bewegendes Buch. Außer einigen Fakten über die Geschichte der Mühle geht es ausschließlich um diese beiden ungewöhnlichen Frauen, immer wieder eingestreut Zitate der Schwestern, die sich nie "ins Duden-Deutsch verirren". Ein paar alte Fotos zeigen zwei selbstsichere Frauen. Ein Satz der Mutter hat sie wohl durchs Leben begleitet, untermauert von Gottvertrauen: "Send froh, dass-r grade Glieder haud on da Verschtand." Gesundheit und Verstand also, damit kann man eine Mühle betreiben, bis ins hohe Alter. Ohne Strom, ohne Hilfsmittel. Die Fotos zeigen Klara im Blaumann, wie sie halsbrecherisch zwischen Sägeblättern herumturnt, Hebel bewegt und die Männer, die ihre Stämme zum Sägen bringen, anweist. Seit 1406 gab es die Mühle. Die Walz-Schwestern haben eine Tradition am Leben gehalten, die mit ihnen zu Ende ging. Eberhard Neubronner hat mit "Der Weg" schon einmal ein herausragendes Buch über verschwindende Lebensformen geschrieben, über den GTA in den Westalpen. Mit diesem Werk hat er den beiden Schwestern und ihrer Mühle ein lesenswertes Denkmal geschenkt. Das Dokument der Lebensweise: "I schaff am liebschta da ganza Dag. Wer zfrieda isch, der isch gsond."
bär
"Der Herrgott weiß, was mit uns geschieht. Die Schwestern von der Albmühle" von Eberhard Neubronner und Rudolf Werner, Silberburg-Verlag, Tübingen 2007. 120 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 22,90 Euro.
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Die Schwestern Marie und Klara Walz wurden Anfang des vorigen Jahrhunderts geboren, ihr Vater betrieb eine Mühle auf der Schwäbischen Alb, die beiden Brüder sollten diese übernehmen. Doch sie fielen in Russland im Krieg. Also übernahmen die Schwestern die Mühle, die zum Sägewerk wurde. Gearbeitet haben sie bis 2001, da starb Marie. Rudolf Werner drehte über die Schwestern eine vielgerühmte Fernsehdokumentation. Der Autor Eberhard Neubronner machte sich noch einmal auf, die beiden alten Frauen zu besuchen. Daraus wurde ein ruhiges, bewegendes Buch. Außer einigen Fakten über die Geschichte der Mühle geht es ausschließlich um diese beiden ungewöhnlichen Frauen, immer wieder eingestreut Zitate der Schwestern, die sich nie "ins Duden-Deutsch verirren". Ein paar alte Fotos zeigen zwei selbstsichere Frauen. Ein Satz der Mutter hat sie wohl durchs Leben begleitet, untermauert von Gottvertrauen: "Send froh, dass-r grade Glieder haud on da Verschtand." Gesundheit und Verstand also, damit kann man eine Mühle betreiben, bis ins hohe Alter. Ohne Strom, ohne Hilfsmittel. Die Fotos zeigen Klara im Blaumann, wie sie halsbrecherisch zwischen Sägeblättern herumturnt, Hebel bewegt und die Männer, die ihre Stämme zum Sägen bringen, anweist. Seit 1406 gab es die Mühle. Die Walz-Schwestern haben eine Tradition am Leben gehalten, die mit ihnen zu Ende ging. Eberhard Neubronner hat mit "Der Weg" schon einmal ein herausragendes Buch über verschwindende Lebensformen geschrieben, über den GTA in den Westalpen. Mit diesem Werk hat er den beiden Schwestern und ihrer Mühle ein lesenswertes Denkmal geschenkt. Das Dokument der Lebensweise: "I schaff am liebschta da ganza Dag. Wer zfrieda isch, der isch gsond."
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"Der Herrgott weiß, was mit uns geschieht. Die Schwestern von der Albmühle" von Eberhard Neubronner und Rudolf Werner, Silberburg-Verlag, Tübingen 2007. 120 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden, 22,90 Euro.
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