Interview mit Jen Williams
Wie begann Ihre Leidenschaft für das Lesen? Als ich noch sehr klein war, las meine Mutter mir „101 Dalmatiner“ vor – und von da an las ich alles, was ich in die Finger bekam. Als ich einen eigenen Bibliotheksausweis bekam, war ich jede Woche dort und, nachdem ich die Kinderabteilung durchgearbeitet hatte, wechselte ich direkt in die Rubrik Erwachsenenliteratur. Von Anfang an mochte ich Fantasy am liebsten. Ich hatte überhaupt kein Interesse an Büchern über Kinder, die zur Schule gehen oder normale Dinge tun. Ich lese als Eskapismus, und Bücher wie „Herr der Ringe“ oder Terry Pratchetts „Scheibenwelt“-Reihe führten mich in ganz andere Welten.
Warum schrieben Sie zunächst Romane über streitende Adlige, Drachen und Magie? Im Laufe der Zeit entwickelte ich eine Vorliebe für Science-Fiction, Horror, Kriminalität, historische Fiktion – praktisch jedes denkbare Genre. Meine Leidenschaft für Fantasy hat mich jedoch nie
verlassen. Es schien also ganz natürlich, als Autorin mit meiner ersten wahren Liebe zu beginnen.
Was hat Sie dazu bewogen, nun mit „Der Herzgräber“ zum Thriller-Genre zu wechseln?
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Wie begann Ihre Leidenschaft für das Lesen?
Als ich noch sehr klein war, las meine Mutter mir „101 Dalmatiner“ vor – und von da an las ich alles, was ich in die Finger bekam. Als ich einen eigenen Bibliotheksausweis bekam, war ich jede Woche dort und, nachdem ich die Kinderabteilung durchgearbeitet hatte, wechselte ich direkt in die Rubrik Erwachsenenliteratur. Von Anfang an mochte ich Fantasy am liebsten. Ich hatte überhaupt kein Interesse an Büchern über Kinder, die zur Schule gehen oder normale Dinge tun. Ich lese als Eskapismus, und Bücher wie „Herr der Ringe“ oder Terry Pratchetts „Scheibenwelt“-Reihe führten mich in ganz andere Welten.
Warum schrieben Sie zunächst Romane über streitende Adlige, Drachen und Magie?
Im Laufe der Zeit entwickelte ich eine Vorliebe für Science-Fiction, Horror, Kriminalität, historische Fiktion – praktisch jedes denkbare Genre. Meine Leidenschaft für Fantasy hat mich jedoch nie verlassen. Es schien also ganz natürlich, als Autorin mit meiner ersten wahren Liebe zu beginnen.
Was hat Sie dazu bewogen, nun mit „Der Herzgräber“ zum Thriller-Genre zu wechseln?
Ich näherte mich dem Ende meines sechsten Fantasy-Buchs „The Poison Song“. Es macht sehr viel Spaß, Fantasy zu schreiben. Aber irgendwann wurde mir klar, dass ich eine kurze Pause davon brauchte. Ich habe es immer geliebt, Krimis zu lesen, und meine Agentin Juliet Mushens und ich tauschten oft Artikel über wahre Kriminalität und Podcast-Empfehlungen zum Thema aus. Es war Juliet, die mir vorschlug, dass ich diese Leidenschaft zur Recherche nutzen und versuchen könnte, ein gruseliges Buch zu schreiben. Ich habe die Chance ergriffen.
Was war bei diesem Genre-Wechsel besonders herausfordernd?
Ich empfehle allen Autor*innen, verschiedene Genres zu schreiben. Man lernt dabei extrem viel. Bei Fantasy hat man zum Beispiel diese seltsame, fantastische Welt mit Magie und Monstern, und die Aufgabe besteht darin, die Leserschaft an diese Welt glauben zu lassen. In einem Fantasy-Buch erzähle ich alles über die Hauptfigur, dadurch wird es leichter, diese Welt zu akzeptieren. Bei Thrillern tut man fast das Gegenteil: Die Charaktere haben alle etwas zu verbergen, und die Aufgabe besteht darin, Dinge zu verheimlichen und erst im richtigen Moment die Wahrheit zu verraten. Das war ein sehr interessanter Kontrast.
In „Der Herzgräber“ spielt ein Serienmörder namens „Der rote Wolf“ eine zentrale Rolle, basierend auf dem Märchen „Rotkäppchen“. Was fasziniert Sie an dieser Figur?
Für mich ist der „große böse Wolf“ eine Metapher für alle räuberischen Männer. Natürlich ist man als Kind beim Lesen von „Rotkäppchen“ entsetzt über die Vorstellung, von einem echten Wolf verfolgt zu werden, über das grausame Schicksal der Großmutter und so weiter. Aber wenn man das als Erwachsener liest, hat es all diese anderen Konnotationen. Die Mutter warnt das Mädchen, nicht im Wald herumzutollen, nicht mit Fremden zu sprechen und sich vor dem Wolf in Acht zu nehmen. Das ist alles nur einen Schritt von all den Warnungen entfernt, die einem die eigene Mutter auf den Weg gab: nicht mit Fremden sprechen, nicht allein nach Hause gehen in der Nacht oder: halte dich fern von dem charmanten Mann, der dir Schaden zufügt. In Märchen ist dieser große böse Wolf einfach da; er ist ein Teil des Waldes, und es liegt in seiner Natur, dich essen zu wollen. Wenn es um Serienmörder geht, ist die Frage viel komplizierter. Wurden sie mit dem Drang geboren, Menschen zu verletzen? Oder wurden sie durch ihre Kindheit so geschädigt, dass sie zu etwas Schrecklichem heranwuchsen? Oder ist es eine Mischung aus beidem? Serienmörder finde ich faszinierend, weil uns die Frage nach dem Warum beschäftigt.
Ihre Heldin Heather erforscht zuvor geheim gehaltene Details aus dem Leben ihrer verstorbenen Mutter. Wäre es besser, wenn es weniger Geheimnisse zwischen Eltern und Kindern gäbe?
Das ist eine interessante Frage! Offensichtlich sind die Geheimnisse in Heathers Familie die gefährlichsten und hatten einen zerstörerischen Einfluss auf Heathers Beziehung zu ihrer Mutter. Ich vermute, dass es in normalen Familien viele Geheimnisse gibt, die von harmlos bis potenziell explosiv reichen. Mein Vater starb, als ich fünfzehn war, und mit ihm gingen viele Dinge, die ich nie erfahren werde. Ich würde Familien immer ermutigen, so viel wie möglich miteinander zu reden – man weiß nie, wann man diese Gelegenheiten verlieren könnte.
Sie arbeiten offenbar immer noch in den Londoner Buchhandlungen Clapham Books und Herne Hill. Was schätzen Sie an dieser Arbeit?
Ich habe die meiste Zeit meines Lebens ab und zu in Buchhandlungen gearbeitet. Abgesehen von dem offensichtlichen Vorteil, den ganzen Tag von Büchern umgeben zu sein, ist es als Autorin immer interessant zu sehen, wie neue Bücher auf den Markt kommen, zu sehen, was die Leute kaufen und worüber sie sprechen. Um in einer Buchhandlung arbeiten zu können, braucht man auch ein gutes Allgemeinwissen über alles, was veröffentlicht wird – was nur von Vorteil sein kann! Mit der Kundschaft über die Bücher zu sprechen, die ihnen gefallen, ist eine gute Erinnerung daran, warum man schreibt: Bücher können unser Leben auf so viele verschiedene Arten verändern.
Was wünschen Sie sich für das neue Jahr 2022?
Momentan arbeite ich an meinem zweiten Thriller, der gerade lektoriert wird. Es ist wieder ein gruseliges Buch, das sich stark mit der Macht von Geschichten beschäftigt – im Guten wie im Schlechten. Ich arbeite auch am Entwurf eines Fantasy-Buchs, da ich mich von diesem Genre nie lange fernhalten kann. Für mich waren die letzten Jahre ziemlich hart, wie für uns alle, und ich hoffe, dass 2022 die dringend nötigen guten Nachrichten bringt – und den gemeinsamen Enthusiasmus für die Erhaltung unserer Zukunft.
Interview: Literaturtest, 2021