Der heilige Fluss, sein Mythos und seine Menschen
2500 Kilometer sind es vom Ursprung des Ganges bis zu seiner Mündung. Für gläubige Hindus und vor allem die Sadhus, die heiligen Männer Indiens, sind seine Wasser die Verkörperung des Göttlichen - er ist der Fluss des Himmels, der den Menschen die Erlösung bringen soll. Ausgehend vom Ganges, entführt dieser außergewöhnliche Bildband in die geheimnisvolle Welt von Pilgern und Asketen. Er dokumentiert die Zeremonien und Rituale der Sadhus, die dem Alltag den Rücken gekehrt haben und inmitten der modernen indischen Gesellschaft ganz selbstverständlich nach Erfüllung suchen.
2500 Kilometer sind es vom Ursprung des Ganges bis zu seiner Mündung. Für gläubige Hindus und vor allem die Sadhus, die heiligen Männer Indiens, sind seine Wasser die Verkörperung des Göttlichen - er ist der Fluss des Himmels, der den Menschen die Erlösung bringen soll. Ausgehend vom Ganges, entführt dieser außergewöhnliche Bildband in die geheimnisvolle Welt von Pilgern und Asketen. Er dokumentiert die Zeremonien und Rituale der Sadhus, die dem Alltag den Rücken gekehrt haben und inmitten der modernen indischen Gesellschaft ganz selbstverständlich nach Erfüllung suchen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.2008Entrückt am Ufer des Ganges
Wer an das reinigende Bad im Ganges denkt, sieht unwillkürlich die sämige Tunke, in die während des Pilgerfestes Kumbh Mela Millionen Gläubige ihre Wunden tauchen. Vor ihnen badeten Asketen, deren Leib weiß war vor dicker Paste aus Asche. Doch der Ganges kann auch anders. Klar und kristallin entspringt seine Quelle in viertausendzweihundert Meter Höhe, an der Grenze zu Nepal und Tibet. Auch dorthin pilgern Hindus, insbesondere Asketen. Wer an Asketen denkt, mag sich über makabre Kirmes amüsieren. Auf der Kumbh Mela bestaunen Schaulustige Attraktionen wie Shamka Giri Baba, der seit Jahren auf beiden Beinen steht, trotz ballonhaft aufgequollenen Knien und Würmern in aufgeplatzten Füßen. Nach vielen Maßstäben ist Verstümmelung ungesund. Doch sie sind hier nicht maßgeblich. Innerer Gesundheit förderlich etwa ist die Verbindung mit dem hinduistischen Gott Shiva. Sein Haar siebte das Wasser, als sich die Himmelsperle und Flussgöttin Ganga gen Erde ergoss und Ganges wurde. Asketen pilgern auf barem Fuß bergan über Geröll und Gestein in hauchdünnem Tuch in die Zonen der Minusgrade, hinein in karge Massive, wo der Ganges eisig ist und rein. Und wo manche der Eremiten, die hier überwintern, überleben. Aus diesen Regionen der Berge und Frommen kommen die großen Bilder der fremden Welt der Sadhus, der "schönen Menschen", deren Äußeres verwahrlost ist und deren Inneres leuchtet. Unbeeindruckt von Parametern, die für uns selbstverständlich sind, haben sie sich versenkt in diese Parallelwelt, der nur ein Grobian die Gleichberechtigung mit unserer Welt verwehrt. Staunenswert nahe kamen Uwe Dürigen (Foto) und Katharina Kemper (Text) den Sadhus. Sie folgen dem Flusslauf durch Gebirge und Städte, betrachten Rituale und religiöses Treiben. Höhepunkte sind die Bilder der Entrückung und Entzückung. Man sieht: Die Asketen tragen keine Masken, sondern sind verwandelt. Wenn Satanand Giri Baba in buntem Gepränge und ekstatischem Tanz wie eine Flamme lodert, ahnt man, wie losgelöst er ist. Doch erinnert er uns an Verschüttetes womöglich auch in uns, an mystische Gärungen, die religiöse Systeme mit dem Ackerpflug verständlicher Moral trockengelegt haben. Die Sadhus knüpfen das Band zur Urzeit. Der Bildband macht es sichtbar.
geko
"Der Himmelsfluss Ganges und seine heiligen Männer" von Uwe Dürigen (Fotos) und Katharina Kemper (Text). terra magica Verlag, München 2008. 160 Seiten, zahlreiche Fotografien. Gebunden. 29,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wer an das reinigende Bad im Ganges denkt, sieht unwillkürlich die sämige Tunke, in die während des Pilgerfestes Kumbh Mela Millionen Gläubige ihre Wunden tauchen. Vor ihnen badeten Asketen, deren Leib weiß war vor dicker Paste aus Asche. Doch der Ganges kann auch anders. Klar und kristallin entspringt seine Quelle in viertausendzweihundert Meter Höhe, an der Grenze zu Nepal und Tibet. Auch dorthin pilgern Hindus, insbesondere Asketen. Wer an Asketen denkt, mag sich über makabre Kirmes amüsieren. Auf der Kumbh Mela bestaunen Schaulustige Attraktionen wie Shamka Giri Baba, der seit Jahren auf beiden Beinen steht, trotz ballonhaft aufgequollenen Knien und Würmern in aufgeplatzten Füßen. Nach vielen Maßstäben ist Verstümmelung ungesund. Doch sie sind hier nicht maßgeblich. Innerer Gesundheit förderlich etwa ist die Verbindung mit dem hinduistischen Gott Shiva. Sein Haar siebte das Wasser, als sich die Himmelsperle und Flussgöttin Ganga gen Erde ergoss und Ganges wurde. Asketen pilgern auf barem Fuß bergan über Geröll und Gestein in hauchdünnem Tuch in die Zonen der Minusgrade, hinein in karge Massive, wo der Ganges eisig ist und rein. Und wo manche der Eremiten, die hier überwintern, überleben. Aus diesen Regionen der Berge und Frommen kommen die großen Bilder der fremden Welt der Sadhus, der "schönen Menschen", deren Äußeres verwahrlost ist und deren Inneres leuchtet. Unbeeindruckt von Parametern, die für uns selbstverständlich sind, haben sie sich versenkt in diese Parallelwelt, der nur ein Grobian die Gleichberechtigung mit unserer Welt verwehrt. Staunenswert nahe kamen Uwe Dürigen (Foto) und Katharina Kemper (Text) den Sadhus. Sie folgen dem Flusslauf durch Gebirge und Städte, betrachten Rituale und religiöses Treiben. Höhepunkte sind die Bilder der Entrückung und Entzückung. Man sieht: Die Asketen tragen keine Masken, sondern sind verwandelt. Wenn Satanand Giri Baba in buntem Gepränge und ekstatischem Tanz wie eine Flamme lodert, ahnt man, wie losgelöst er ist. Doch erinnert er uns an Verschüttetes womöglich auch in uns, an mystische Gärungen, die religiöse Systeme mit dem Ackerpflug verständlicher Moral trockengelegt haben. Die Sadhus knüpfen das Band zur Urzeit. Der Bildband macht es sichtbar.
geko
"Der Himmelsfluss Ganges und seine heiligen Männer" von Uwe Dürigen (Fotos) und Katharina Kemper (Text). terra magica Verlag, München 2008. 160 Seiten, zahlreiche Fotografien. Gebunden. 29,90 Euro.
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