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Axel Michaels' umfassende Einführung in den Hinduismus gilt inzwischen als Standardwerk. Das Buch macht mit der Geschichte des Hinduismus und seinen klassischen Texten vertraut, beschreibt aber auch anschaulich die alltägliche Religiosität. Es erläutert die verschiedenen Riten und Feste, die Bedeutung der unzähligen Götter, das Kastensystem und nicht zuletzt die hinduistischen Vorstellungen von Raum und Zeit, Tod, Wiedergeburt und Erlösung.

Produktbeschreibung
Axel Michaels' umfassende Einführung in den Hinduismus gilt inzwischen als Standardwerk. Das Buch macht mit der Geschichte des Hinduismus und seinen klassischen Texten vertraut, beschreibt aber auch anschaulich die alltägliche Religiosität. Es erläutert die verschiedenen Riten und Feste, die Bedeutung der unzähligen Götter, das Kastensystem und nicht zuletzt die hinduistischen Vorstellungen von Raum und Zeit, Tod, Wiedergeburt und Erlösung.
Autorenporträt
Axel Michaels, geboren 1949, ist Religionswissenschaftler und Indologe. Er lehrt als Professor für Klassische Indologie an der Universität Heidelberg. Erschienen sind von ihm bisher "Der Hinduismus" (1998) sowie "Klassiker der Religionswissenschaft"(1997).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.10.1999

Das Ununterschiedene, hier wird's Ereignis
Religion als Habitus: Axel Michaels entdeckt die Unschärferelation des Hinduismus

Es vergeht kein Jahr, in dem nicht eine neue deutsche Einführung in den Hinduismus erscheint. Das deutet auf die fasziniert-verzweifelte Bemühung der Indien-Kenner hin, das Thema in den Griff zu bekommen. Es gibt Dutzende von Annäherungsweisen an diese Religion, und doch bringt keine einzige Methode die amorphe Masse von Material, die den Hinduismus ausmacht, in eine letztgültige Form.

Von allen großen Religionen ist uns der Hinduismus die fremdeste geblieben, ungeachtet jener im Westen populären Gestalten, die aus dem modernen Hinduismus herausgewachsen sind: Ramakrishno, Aurobindo, Rabindranath Tagore und Mahatma Gandhi. Allein schon der Versuch, diese Religion zu definieren, scheitert im Allgemeinen: Der Hinduismus kennt keinen Gründer und keine allgemein verbindliche Heilige Schrift, keine "Kirche" und keine einheitliche Lehre. Ist der Hinduismus überhaupt eine Religion oder besteht er aus mehreren? Oder ist er ein Sozialsystem, ein Ritualsystem?

Den jüngsten Versuch, diese wirre Fülle zu bändigen, hat der Heidelberger Indologie Axel Michaels unternommen. Sein Werk ist schon vom Umfang her das anspruchvollste, seine Aufgabe meistert es so hervorragend, dass es hinfort als Standardwerk gelten wird. Allerdings behauptet nicht einmal Michaels, "den" Hinduismus darzustellen (was der Buchtitel verspricht), sondern er zieht gleich auf der ersten Seite Grenzen: "Mein Blick richtet sich auf den traditionellen, aber noch heute praktizierten, nicht jedoch auf den modernistischen, westlich beeinflussten Hinduismus. Ich schaue auf das Dorf und nur wenig auf die Stadt. Dichtung, Kunst, Mythologie oder Philosophie werden nur am Rande behandelt, Parallelen zu Buddhismus und Jainismus vernachlässigt."

Das bedeutet, dass die oben genannten Gestalten des modernen Hinduismus allenfalls en passant erwähnt werden, weil sie zum "westlich beeinflussten Hinduismus" gehören. Aber gerade mit diesen Gestalten identifizieren wir heute im Westen den Hinduismus weitgehend, weil sie ihm eine für uns relevante und verständliche philosophische und lebenspraktische Form gegeben haben. Auf sie hier verzichten zu müssen ist zunächst eine Enttäuschung.

Doch kann man auch umgekehrt argumentieren: Warum einen Bereich des Hinduismus noch einmal abhandeln, der bereits kompetent beschrieben und zur Genüge bekannt ist? Warum sich nicht stattdessen einer Erscheinungsweise des Hinduismus zuwenden, die auch für erfahrene Indien-Fahrer schwer zugänglich ist und sich dem westlichen Verständnis am stärksten widersetzt? Das ist der in festen weltanschaulichen und lebenspraktischen Haltungen verankerte Volkshinduismus auf den Dörfern, dessen vornehmliche Manifestation der Ritus ist. Um ihn zu erfassen, genügt es nicht, die Texte zu studieren, man muss Feldforschung betreiben. Michaels betreibt eine für deutsche Indologen noch ungewohnte "Ethnoindologie", die sich an der Praxis orientiert, um die Ergebnisse dann an die Texte rückzubinden.

Die Darstellung beginnt mit einem virtuosen Einleitungskapitel über die Definitionen dessen, was als Hinduismus bezeichnet wird. Dabei stellt er nicht nur sämtliche inhaltliche Konzeptionen in Frage, sondern führt in eine für den Europäer ungewohnte Denk- und Gefühlshaltung ein, die er als den "identifikatorischen Habitus" apostrophiert. Michaels glaubt nämlich, dass sich der Hinduismus nicht so sehr aus seinen Inhalten definiere, sondern aus einem solchen Habitus. Gemeint ist damit die Neigung des Hindu, dem Augenschein nach unterschiedliche Wesenheiten in eins zu setzen. Dadurch verschwimmt das Einzelne als solches, doch diese (nach westlicher Beurteilung) "Unschärfe" macht gerade den Denk- und Gefühlshabitus des Hindu aus. Die Bemühung um die Definitionen des Hinduismus ist noch nie so fein abgewogen, so differenziert und so frei von europäischen Voreingenommenheiten und Vereinnahmungen vorgetragen worden wie hier. Michaels verwandelt sich seinem Thema an, indem er seinen Diskurs selbst eher assoziativ und intuitiv, eher subjektiv als deduktiv gestaltet. Dabei versteht es sich, dass seine Äußerungen von ausgedehnter eigener Feldforschung und Leseerfahrung gestützt werden.

Er scheut sich nicht, im bewussten Gebrauch des "ich" die Subjektivität seiner Darstellung zu betonen. Das gibt ihm die Freiheit, die hochkomplexen Riten ohne ständige Beweisführung zu interpretieren. Nur so lässt sich bei der ernormen Masse an Details eine große Linie einhalten; nur so vermag der Autor auch, über die Darstellung hinauszugehen und reflektierend Problembewusstsein zu schaffen.

Nach der einleitenden Erörterung der "Theoretischen Grundlagen" folgt die Darstellung der historischen Epochen und der heiligen Schriften. Die sich anschließenden Großkapitel "Lebensstadien und Übergangsrituale", "Das Sozialsystem" und "Die Religiosität" beschreiben Lebenslauf und Alltag des Hindu in seinen zahlreichen rituell-sakralen Facetten. Im dritten Teil vertieft der Autor anhand von Querschnitten - "Religiöse Raum- und Zeitvorstellungen" und "Unsterblichkeit zu Lebzeiten" - die Einsicht in das hinduistische Alltagsleben. Der Leser wird es Michaels danken, dass er vor dem Hintergrund des rituellen Alltags stets die sozio-religiöse Situation des gegenwärtigen Indien umreißt. Hervorragend ist zum Beispiel der Abschnitt zur "Situation der Frau". Eindrucksvoll ist auch die Behutsamkeit, mit der Begriff und Lebenspraxis der "Kaste" unseren Vorurteilen entzogen und erklärt werden. Außerdem stellt Michaels den Hinduismus unserem abendländisch-christlichen Habitus gegenüber. Dadurch lernen wir die eigene Tradition in neuem Licht sehen, so etwa wenn der Erörterung der Hindu-Todesriten eine Betrachtung über christliche Eschatologie vorausgeht.

Insgesamt - und entgegen den Ankündigungen in der Einleitung - steht der brahmanische Sanskrit-Hinduismus mehr im Vordergrund der Diskussion als die regionalen und kastenspezifischen Volks- und Stammesreligionen. Die Stammesreligionen, eigens als Bestandteil des Hinduismus genannt, werden geradezu missachtet. Befremdlich ist auch, dass den beiden Epen, dem Mahabharata und Ramayana, die im Leben der Hindus im Dorf wie in der Stadt eine zentrale Rolle spielen, nur je eine halbe Seite gewidmet werden. Sind sie nicht auch in vielfacher Weise ritualisiert und in sakramentale Zusammenhänge eingeordnet worden? Die Bibliographie ist in ihrer unstrukturierten Form keine Hilfe für weiteres Nachforschen. Angesichts der außerordentlich komplexen, klugen und behutsamen Behandlung des Themas werden solche Mängel allerdings zu Kleinigkeiten.

MARTIN KÄMPCHEN.

Axel Michaels: "Der Hinduismus". Geschichte und Gegenwart. Verlag C. H. Beck, München 1998. 458 S., 31 Abb., 35 Tab., geb., 58,- DM.

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"Erklärt anschaulich Traditionen und Texte des Hinduismus, seine Riten und Feste, Götter und Tempel, das Kastensystem sowie die hinduistischen Vorstellungen von Tod, Wiedergeburt und Erlösung."
Rhein-Neckar Zeitung, Heribert Vogt