Ausgangspunkt in Elizabeth Kostova’s Debütroman ist die schockierende Tatsache, dass Vlad Tepes, blutrünstiger Herrscher der Walachei im 15. Jahrhundert und historisches Vorbild für die Dracula-Legende, wahrscheinlich noch immer sein Unwesen treibt – und zwar als Vampir. Aus verschiedenen
persönlichen Gründen machen sich zu unterschiedlichen Zeiten die Mitglieder einer Historikerfamilie, die durch…mehrAusgangspunkt in Elizabeth Kostova’s Debütroman ist die schockierende Tatsache, dass Vlad Tepes, blutrünstiger Herrscher der Walachei im 15. Jahrhundert und historisches Vorbild für die Dracula-Legende, wahrscheinlich noch immer sein Unwesen treibt – und zwar als Vampir. Aus verschiedenen persönlichen Gründen machen sich zu unterschiedlichen Zeiten die Mitglieder einer Historikerfamilie, die durch ein geheimnisvolles Buch auf Dracula’s mögliche Existenz aufmerksam geworden sind, auf die Suche nach ihm bzw. nach seinem Grab sowie nach den Personen, die bei der Jagd auf den Untoten im Laufe der Jahre verschwunden sind.
Den Rahmen hierzu bietet die Erzählung der (namenlosen) Tochter, die Jahre später zurückblickt auf die unglaublichen Geschehnisse, welche anhand von unzähligen Briefen, Postkarten, Berichten und Abhandlungen belegt werden, in denen auch die weiteren betroffenen Personen wie ihr Vater, dessen Doktorvater Professor Rossi und ihre tot geglaubte Mutter zu Wort kommen. Durch die verschachtelten Erzählstränge erhält das Buch eine gewisse Komplexität, die es aber glücklicherweise dennoch nicht besonders schwer macht, sich zu orientieren.
'Der Historiker' ist kein typischer, blutiger oder gar actiongeladener Vampir-Roman, sondern ein sehr atmosphärisches, ruhiges Buch, das mich mit subtilem Grusel in seinen Bann zog. Man merkt dem Roman an, dass die Autorin knapp zehn Jahre an ihm geschrieben hat, denn Mythen, Legenden und historische Fakten werden so geschickt miteinander verwoben, dass man zwischenzeitlich gar nicht weiß, ob man einen Mystery-Roman oder einen historischen Schmöker in den Händen hält. Hierzu trägt besonders auch die wissenschaftliche Betrachtungsweise der Figuren bei.
Als Leser begleitet man sie auf ihren Reisen, gelangt an ungewöhnliche, interessante Schauplätze und lernt viel über die Geschichte Osteuropas, was denjenigen, der eine spannende Horrorgeschichte erwartet hat, wahrscheinlich eher enttäuschen wird. Zwar gibt es immer wieder unheimliche Szenen, weil die Figuren bei ihren Nachforschungen beobachtet werden, aber insgesamt verbringt man die meiste Zeit auf Spurensuche in wunderbar detailliert beschriebenen Bibliotheken, Archiven und Klöstern und tauscht sich mit anderen Gelehrten über das Thema aus. Ich selbst habe mich dabei keinesfalls gelangweilt, sondern war von den verschiedenen Quellen, die immer näher zum Ziel führten, überaus fasziniert; auch wenn etwas negativ auffiel, das nicht selten der Zufall eine große Rolle spielte, wenn die Figuren gleich an die richtigen Ansprechpartner gerieten.
Die Lösung des Rätsels sorgt dann noch mal für richtige Gänsehaut, wobei aber leider ein eigentlich wichtiger Aspekt recht schnell abgehandelt wird.
FAZIT: Ein fesselndes Buch, das mir – trotz seiner 825 Seiten – nicht an einer Stelle zu lang vorkam.