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»Faszinierende Literatur.« Die Welt
Marta, Anfang Dreißig, arbeitet in einer psychiatrischen Klinik. Sie glaubt nicht an die Chemie in Form von Beruhigungsspritzen, sie glaubt an die Kraft der Nähe. Das wird einem ihrer Patienten zum Verhängnis: er begeht Selbstmord - und Marta verliert ihren Job.
Plötzlich fehlt ihren Tagen die Struktur und Martas Einsamkeit wird übermächtig. Gern hätte sie jemanden an ihrer Seite, der länger bliebe als eine Nacht. Dann lernt sie Kai kennen, den Maler, der schon lange nicht mehr gemalt hat. Marta inspiriert ihn, doch obwohl beide einsam sind, finden sie
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Produktbeschreibung
»Faszinierende Literatur.« Die Welt

Marta, Anfang Dreißig, arbeitet in einer psychiatrischen Klinik. Sie glaubt nicht an die Chemie in Form von Beruhigungsspritzen, sie glaubt an die Kraft der Nähe. Das wird einem ihrer Patienten zum Verhängnis: er begeht Selbstmord - und Marta verliert ihren Job.

Plötzlich fehlt ihren Tagen die Struktur und Martas Einsamkeit wird übermächtig. Gern hätte sie jemanden an ihrer Seite, der länger bliebe als eine Nacht. Dann lernt sie Kai kennen, den Maler, der schon lange nicht mehr gemalt hat. Marta inspiriert ihn, doch obwohl beide einsam sind, finden sie keine Worte füreinander. Martas Suche geht weiter. Am Weihnachtsabend besucht sie ihre Eltern, die sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hat. Nichts hat sich dort verändert: Marta wird nicht vermißt, Marta stört noch immer. Wieder zurück in ihrer Wohnung, weiß Marta, daß etwas geschehen muß: mir ihr, mit ihrem Leben ...
Autorenporträt
Dorn, Katrin
Katrin Dorn wurde 1963 in Thüringen geboren und studierte in Leipzig Psychologie. Nach einer kurzen Karriere als Theaterpädagogin und Zeitschriftengründerin zog sie 1996 nach Berlin, um dort als freischaffende Autorin zu leben. Seit 2001 wohnt sie in Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.1997

Was macht der Löffel im Kaffee?
Geschüttelt, nicht gerührt: Katrin Dorns Erinnerungsarbeit

Es sind die einfachen Geschichten, die besonders schwer zu erzählen sind. Zum Beispiel wäre dies eine: Eine Frau verliert ihren Beruf, durchwandert noch einmal die Geschichte ihres bisherigen Lebens, begegnet während dieser Erinnerungszeit einem jungen Mann, der Maler werden will, und gewinnt schließlich einen neuen Beruf, in dem von der eher flüchtigen Liebesbegegnung nichts mehr bleibt. Aus der Krankenpflegerin wird eine Kellnerin und aus dem jungen Mann schließlich doch noch ein ernsthafter Maler.

Katrin Dorn, die sich diese Geschichte ausgedacht hat, studierte Psychologie und ist danach in die Literatur geraten. So hat sie jegliche Anstrengung, deren sie fähig ist, in ihre erste Geschichte gelegt: Sie stopft sie wie eine Weihnachtsgans mit Psychologie und schmückt sie mit Sätzen wie diesen: "Stunden vergehen so, ohne gewesen zu sein." - "Die Pizza rundet sich auf dem gereinigten Tisch." - "Die Zimmertüren schweigen weiß."

Die Erzählung beginnt, was Wunder, in einer "Nervenheilanstalt": Dort versorgt Marta, so heißt die poetische Analysandin, auch den suizidgefährdeten Erwin, der unter einer "Kriegspsychose" leidet. Als sie ihm einmal die Spritzen, mit denen er nächtens stillgestellt wird, erspart, stürzt der sich auch gleich aus dem Fenster. Und Marta steht da als "humanistischer Mörder". Das nimmt ihr den Atem: "Reden muß Marta, ihre Stimme hineinschwingen in diese Luftnot." Aber: "Eine Entlassung ist für uns alle das Einfachste . . ."

Marta, nun ganz auf sich selbst gestellt, beginnt im Auftrag der Autorin ihre Erinnerungsarbeit. Dabei trifft sie gleich nach ihrer Entlassung in einer Kneipe Kai, den "Abräumer", der Maler werden will. ",Studierst Malerei' - ,Ja, und du?' - ,Arbeitslos. Marta?'- ,Kai.' - ,So, jetzt ist alles gesagt.' - ,Ja.'"

Leider noch nicht. Im Gegenteil: Jetzt geht erst los, was Katrin Dorn alles zeigen will. Hier zum Beispiel die Leere einer Beziehung. Marta geht mit zu Kai, aber: "Am Nachmittag rühren sie ihr Schweigen in den Kaffee." Danach nimmt Kai Marta als Maler und Mann - "Es ist nur ihr Körper, den er haben will." - Sie ist ihm zweifach Objekt, als Frau und als Modell. Und das spürt sie: "Die Trauer ist ein dunkles Tier, das Marta auf den Boden drückt, ihre Gelenke hält, sich auf ihr wälzt." Und als Kai schläft, sieht Marta das Bild, das Kai skizziert hat, als sie schlief - es ist (noch) "ohne Gesicht". Erst wenn die Selbstanalyse beendet ist, wird sie ein Gesicht haben.

Der Weg durch diese Analyse ist hart und symbolisch. So muß sie eine Zeitlang unter ihren Büchern begraben liegen, die auf sie herabprasseln, als sie zu lange am Regal rüttelte: "Marta ist eingeschlossen im Schoß ihrer Bücher wie ein ungeborenes Kind." Dann gerät sie wie zufällig in ihr Elternhaus und geht noch einmal durch die Spießerhölle ihrer Erziehung.

Eigentlich müßte der Titel der Erzählung heißen: Der Hunger der Krankenpflegerin. Denn als solche leidet sie ja an der Welt und an einem unbenennbaren Kummer: "Der Hunger hat sich aufgesperrt. Sie versucht, ihn mit ihrem Körper zu verschließen, in völliger Reglosigkeit, sie hüllt ihren Hunger ein ins Nichtstun, Nichtsdenken, Nichtsbewegen." Außerdem vernachlässigt sie ihre Kleidung. Ein klassischer Fall.

Am Ende, wenn die Selbstanalyse gelungen sein wird und Marta Kellnerin geworden ist, ist der Hunger ja verschwunden. Da steht der Kühlschrank "neben ihr . . . wie ein alter Bekannter, wie ein früherer Geliebter, der seine Anziehungskraft verloren hat". Und nun kleidet sie sich auch bewußt und bunt und geradezu extravagant; so daß nicht einmal mehr ihr Maler sie erkennt. Trotzdem sehen sich die beiden ein letztes Mal, diesmal nicht in des Malers, sondern in Martas Wohnung. Und da heißt es nun: "Am Morgen rühren sie ihr Schweigen in den Kaffee." Das ist schon ziemlich raffiniert. Und wenn Marta, nachdem sich das Schweigen endlich im Kaffee aufgelöst hat, hinter dem endgültig davongehenden Kai herschaut und daran denkt, "daß sie das Bett neu beziehen wird, bevor sie zur Arbeit geht", dann weiß der Leser: Es ist aus. Aber bis dahin hat er ziemlich viele merkwürdige Sätze lesen müssen, von denen die Verfasserin wohl glaubt, sie seien Literatur. HEINZ-LUDWIG ARNOLD

Katrin Dorn: "Der Hunger der Kellnerin". Erzählung. Aufbau Verlag, Berlin 1997. 157 S., geb., 29,90 DM.

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"Faszinierende Literatur." (Die Welt)