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Schreibt ein vormoderner Autor über Nomaden, drängt sich rasch der Verdacht auf, was er schreibe sei von literarischen Formeln getränkt. Dieses fraglos begründete Verdachtsmoment verbindet sich für den Historiker aber notwendig mit der Frage, welche Wirklichkeit hinter den Formeln, oder vielleicht eher: durch sie hindurch noch zu erblicken ist. Es zeigt sich, dass Texten, die Nomaden zum Gegenstand haben, mit den Kategorien des 'Topos' und des 'Stereotypes' nur unzureichend beizukommen ist. Antike 'Nomadenbilder' treten ebenso wie diejenigen anderer Epochen in unterschiedlichen Diskursen mit…mehr

Produktbeschreibung
Schreibt ein vormoderner Autor über Nomaden, drängt sich rasch der Verdacht auf, was er schreibe sei von literarischen Formeln getränkt. Dieses fraglos begründete Verdachtsmoment verbindet sich für den Historiker aber notwendig mit der Frage, welche Wirklichkeit hinter den Formeln, oder vielleicht eher: durch sie hindurch noch zu erblicken ist. Es zeigt sich, dass Texten, die Nomaden zum Gegenstand haben, mit den Kategorien des 'Topos' und des 'Stereotypes' nur unzureichend beizukommen ist. Antike 'Nomadenbilder' treten ebenso wie diejenigen anderer Epochen in unterschiedlichen Diskursen mit unterschiedlichen Funktionen auf. Sie werden nicht von zeitlosen 'Topoi' gestaltet, sondern 'Nomadenbilder' haben vielfältige Funktionen und Ausprägungen, deren Komplexität in ihren jeweiligen historischen und diskursiven Kontexten erklärt werden muss. Sie gehen über die Funktion von reinen Abgrenzungsmechanismen von Sesshaftigkeit gegenüber Nomadismus hinaus und erhalten durch ihre historische Kontextualisierung ihren Wirklichkeitsbezug.
Als Fallbeispiele werden untersucht: das Bild der skythischen Nomaden in zwei Texten aus dem 5. Jh. v. Chr., nämlich bei Herodot und dem Autor der medizinischen Schrift De aeribus; der 'Nationalmythos' vom Aufstieg der Numider als siegreiche Nomaden, welcher durch den Numiderkönig Hiempsal II. in der ersten Hälfte des 1. Jh.s v. Chr. als Gegenentwurf zur Vereinnahmung der nordafrikanischen Völker durch griechische Geschichtsmythen erfunden wird; die komplexen und anscheinend widersprüchlichen Äußerungen Ibn Khalduns, des großen Gelehrten des 14. Jh.s, über die arabischen Nomaden, in denen rationale Analysen und 'mythische' Vorstellungen miteinander verwoben sind; der materiale Realismus hinter dem Diktum des Ammianus Marcellinus (4. Jh. n. Chr.) von der "nomadischen Gier nach Gold"; der Rückgriff des Synesios von Kyrene auf dichotomische Stereotypisierungen im Übergang vom Miteinander zum Gegeneinander Nomaden versus Sesshafte; die Vorstellungen der Lateineuropäer über die Mongolen, die im Gefolge der Mongoleneinfälle entstehen und von empirisch gespeisten Beobachtungen bis zu apokalyptischen Stilisierungen reichen; die Figur des Skythen Anacharsis, in der möglicherweise der Hellenen-Barbaren-Gegensatz als Gegenüber von Nomaden und Sesshaften vorgeprägt wurde.
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Rezensionen
"Das kritische Lesen und Analysieren von Texten, das die Verfasser des Bandes mustergültig vorexerzieren, zeigt, wie voreilig konstruktivistische Resignation ist. Auch für den imaginierten Nomaden gilt: Quellen bleiben Quellen und erlauben bei einer methodisch bewusst agierenden Interpretation durchaus die Rekonstruktion historischer Wirklichkeiten. So liest sich das Buch auch als faszinierender Führer in die entlegenen Winkel der antiken und nachantiken Mittelmeerwelt."

Michael Sommer

In: Ancient West & East. 11 (2012). S.444-445.

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"Der Band versammelt sieben Beiträge unterschiedlicher Fachrichtungen, die die literarische Darstellung von Nomaden untersuchen. Die behandelten Texte arbeiten sämtlich mit Topoi und Stereotypen, die jedoch von den Autoren des Bandes nicht als inhaltliche Klischees, sondern als analytische Kategorien verstanden werden. Dieser Ansatz erweist sich als hilfreich und weiterführend, wenn es um den Realitätsgehalt geht, den die Schilderungen jenseits der Topoi aufweisen. Eine Einleitung verortet die angestrebte methodische Vorgehensweise. Die Beiträge zur Antike behandeln theoretische Fragestellungen am Beispiel der Skythenexkurse Herodots und der hippokratischen Schrift "De anima", den Numider-Logos im "Bellum Iugurthinum", der Hiempsal II. zugeschrieben wird, die Rolle und das Bild der Nomaden bei Synesios sowie die literarische Rolle der Anacharsis-Figur über die Jahrhunderte hinweg. Weiterhin geht es um die Konstruktion des Nomadenmythos im arabischen Mittelalter, um die vorgebliche und tatsächliche Goldgier der Nomaden sowie das Bild der Nomaden im lateinisch-europäischen Mittelalter."

FD

In: Orbis Terrarum. Band 10 (2008-2011). S. 210-211.

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"Angesichts des in den vergangenen Jahren innerhalb der orientalistischen Disziplinen wieder deutlich gestiegenen Interesses an den verschiedenen Aspekten nomadischer Lebensweisen und den damit verbundenen theoriegeleiteten Debatten ist der vorliegende Band gerade auch für Orientalisten eine ebenso aufschlussreiche wie weiterführende Lektüre."

In: Orientalistische Literaturzeitung. 104 (2009) 4-5. Sp. 410-411.

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"Keine arabische Gesellschaft, gleich in welcher Epoche, war frei von einem beduinischen Bevölkerungselement, mehrheitlich oder in der Minderheit. Durchgängig repräsentiert der Beduine ein Leitbild für Beredsamkeit, Geistesgegenwart, Mut und Mannhaftigkeit", so ein Zitat des marokkanischen Historikers Abdallah Laroui. Gleichzeitig sei das beduinische Leben aber von Analphabetismus, Armut, Einschränkung, Krankheit und Unterordnung unter die Unbilden der Natur gekennzeichnet. In diesem wissenschaftlichen Buch wurden acht Beiträge aufgenommen, die aus dem Sonderforschungsbereich über Sesshafte und Nomaden der Universitäten Leipzig und Halle-Wittenberg hervorgingen. Nach zwei einleitenden Aufsätzen befasst sich Alexander Weiß mit einem Abschnitt aus der Schrift "Bellum Iurgurthinum" des römischen Geschichtsschreibers Sallust, in dem es um Land und Leute in Nordafrika geht (1. Jahrh. vor Chr.). Der Beitrag von Stefan Leder behandelt den Nomadenmythos der Araber und das Beduinentum in Verständnis des islamischen Geschichtsschreibers Ibn Khaldoun (14. Jahrh. n. Chr.). Um berittene Nomaden des 5. bis 8. Jahrhunderts im Zuge der Völkerwanderung geht es im Beitrag von Matthias Hardt. In die ostlibysche Cyrenaika, die römische Pro-vinz Libya Pentapolis, führt der Aufsatz von Tassilo Schmidt über einen Nomadenkonflikt im 4. Jahrh. n. Chr., über den der spätantike griechische Philosoph und Bischof Synesios von Kyrene berichtet. Felicitas Schmieder verfolgt die Mongolenanstürme im 13. bis 15. Jahrh. n. Chr. in Europa. Charlotte Schuberts Abhandlung führt zu dem wandernden Skyten Anacharsis, der im 5. Jahrh. v. Chr. lebte und als "edler Wilder" durch die Epochen von Herodot bis Joseph Beuys immer wieder entdeckt wurde.

In: Deutsch-Maghrebinische Gesellschaft. Medienspiegel. 06/2008. S. 14.
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