Wieder hat sich ein Protagonist im Raum der Kunst gegen die Außenwelt verschanzt. Wieder beschreibt der Autor mit feiner Ironie, wie mit großem Ernst die 'Weltentfremdung' eines Werkes betrieben wird; wie jemand versucht, die Kunst aus den Grenzen der Nützlichkeit, ja der Wahrnehmbarkeit selbst zu befreien. Ging es in 'Zweite Stimme' um die Bildende Kunst und das im wahrsten Sinne nebulöse Werk eines 'Spaziergangswissenschaftlers' und in der 'Tuba-Novelle' um einen Essay, der durch sein Nicht-Entstehen seinem Sujet am nächsten kommt, so steht im Zentrum dieser Novelle das Theaterstück ohne Publikum.Ein Theaterwissenschaftler stößt zufällig auf das Werk des Regisseurs Joachim Schoor, genauer formuliert auf die Spuren dessen Wirkens. Dass dieser Schoor ein Revolutionär und Vordenker einer völlig neuen Theaterkultur ist, scheint nach kurzer Forschung unabweisbar zu sein. Die Quellenlage allerdings erweist sich als denkbar schlecht, da Schoor seine Stücke nicht für ein Publikum inszenierte, sondern - mit stiller Billigung des Intendanten - nachts arbeitete, wenn das Publikum gegangen war und lediglich der Nachtportier in der Pförtnerkabine per Lautsprecher dem Geschehen folgte.Nachdem Schoor seine ersten Inszenierungen noch mit experimentierenden Studenten erarbeitet, kommt es wegen seiner zunehmenden Radikalität bald zu einem Aufstand gegen ihn, an dessen Ende er alleine am Inspizientenpult zurückbleibt. Von dort aus beginnt er nun die Welt jenes Nachtportiers zu erschüttern, mit Lautsprecherdurchsagen, die alle Räume des nächtlichen Staatstheaters durchdringen, bis schließlich - der Intendant kommt.Mit 'Der Intendant kommt' schließt Wieczoreks Trilogie von Künstlernovellen. Verbarrikadierte Kunstarchive, ungeschriebene Essays, Stücke, die kein Zuschauer vor Augen bekommen soll: Das ist das Material, aus dem Wieczorek seine Novellen zimmert. Das Vergnügen jedenfalls, das diese feinsinnigen Texte über Nicht-Existentes dem Leser bereiten, lässt sich ganz real erleben!
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Wer wieder einmal so richtig glücklich sein möchte, dem empfiehlt Rezensent Jochen Schimmang keine Gondelfahrt in Venedig, keinen Trip nach Hawaii, sondern die Lektüre einer, ach was, aller drei Künstlernovellen von Rainer Wieczorek. Luftig seien sie, witzig im Geiste Becketts und welthaltig auch noch, lockt uns Schimmang. Die letzte der drei (erstmals 2005 veröffentlicht, nun überarbeitet) dreht sich laut Rezensent um einen Stückeschreiber, einen Spezi für reduzierte Nachtstücke, Hörspiele fast, und seinen intimsten Kenner, einen Nachtportier. Elitär, avantgardistisch ist das ganz und gar nicht, beruhigt uns Schimmang, bezaubernd und tiefgründig schon.
© Perlentaucher Medien GmbH
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