«Verschieden geformt und doch dem gleichen Zwecke dienend, sind die Religionen wie Schiffe, die gebaut wurden, um große Menschenmengen über die stürmischen Meere des Daseins zu tragen, in denen sie sonst ertrinken würden.» Wer den Islam in seiner ganzen Spannweite umfassen will, als Denksystem, als Lebensform und Glaubenswirklichkeit, wird in diesem Werk alle Informationen finden, die er braucht. Mehr noch, es wird ihm gelingen, Vorurteile abzubauen. Er gerät in den Bann einer Ost und West, Islam und Christentum souverän umspannenden Darstellung. «Mir ist kein Buch bekannt, das auch nur annähernd so gut wie das hier vorgelegte geeignet wäre, einen in Europa aufgewachsenen Leser mit dem Islam vertraut zu machen oder genauer, deutlich werden zu lassen, wie vertraut er ihm eigentlich immer schon war.» (S. E. Spohr)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.10.2017Sein Weg in die Gegenwelt
Charles Le Gai Eaton über seine Konversion zum Islam
Immer wieder kommt es vor, dass europäische Intellektuelle, enttäuscht von der spirituellen Leere eines "nachchristlichen" Europas, abgeschreckt von Materialismus und positivistischem Szientismus, zum Islam konvertieren. Etwa der französische Mathematiker René Guénon, der Engländer Martin Lings oder der österreichische Journalist Leopold Weiss, der es unter seinem Muslim-Namen Muhammad Assad zum Botschafter Pakistans bei den Vereinten Nationen brachte. Zu diesen prominenten Konvertiten gehörte auch der Engländer Charles Le Gai Eaton (1921 bis 2010), Schriftsteller und Diplomat.
Von einer glaubenslosen Mutter zunächst als Religionsfeind erzogen und von der Philosophie enttäuscht, konvertierte er als Erwachsener zum Islam. Sein vor zwanzig Jahren auf Deutsch erschienenes Buch "Der Islam und die Bestimmung des Menschen" - damals mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel versehen - ist jetzt, leicht verändert, wieder aufgelegt worden. Eaton zeichnet in diesem Buch, das in vielem auch den oben erwähnten europäischen Konvertiten verpflichtet ist, ein Bild des Islams, das in den heute geführten Debatten über Islamismus, Salafismus, Dschihadismus oder gar Terror nicht vorkommt.
Es ist eine spiritualisierte Fassung des Korans und seiner Traditionen, die den Versuch unternimmt, alle Religionen - auch nach dem Verständnis des Sufismus, der islamischen Mystik - als Ausdruck desselben Glaubens an eine Einheit (tawhid) von Gott und Welt im Zeichen der Heiligkeit aller Dinge in Gottes Schöpfung zu deuten. Gott ist transzendent, doch dem Menschen auch "näher als seine Halsschlagader", wie es im Koran heißt. Der Christ wird in dem Buch manches wiederentdecken, was er theoretisch aus der eigenen Tradition oder aus den Lehren der Philosophia perennis noch kennen mag, was aber längst unter dem Einfluss von Säkularisierung, Aufklärung, aber auch unter der Wucht eines oft gedankenlosen Konsumismus und Hedonismus aufgegeben wurde oder verlorengegangen ist.
Eaton versteht sich bewusst als Grenzgänger, der gerade auch für "westliche" Leser schreibt, deren weitgehend irreligiöses Weltbild und säkulares Weltempfinden sich heute bis in den Islam hinein globalisiere. Es ist eine Gegenwelt zu derjenigen, die das moderne westliche Bewusstsein, überzeugt davon, im Besitz der allein gültigen Weltbeschreibung und -deutung zu sein, über den Globus verbreitet. Wer sie in sich trägt, erscheint in westlicher Umgebung oft wie ein Fremder, wie aus der Zeit gefallen. Dabei versteht sich der Autor, als Konvertit in beiden Kulturen zu Hause, als Vermittler in einer Zeit, da ihm Schwäche und Versagen der islamischen Welt schmerzlich bewusst sind. Nach koranischer Auffassung ist der Mensch gehalten, Gottes Allmacht zu akzeptieren - was ihn nach Eaton keineswegs willenlos macht - und die ihm anvertraute Schöpfung in all ihrer Heiligkeit als kostbares Gut zu hüten. Ein Ansatz, der viele "moderne" Gemeinsamkeiten ermöglichen könnte.
Zu fragen wäre, ob eine derartige ganzheitliche, alles und jedes in den Stand der Heiligkeit versetzende Vision von Gott, Mensch und Welt, wenn sie nicht Ausdruck einer individuellen, existentiellen Entscheidung und Erkenntnis ist, nicht die Gefahr birgt, in einen Totalitarismus umzuschlagen.
WOLFGANG GÜNTER LERCH
Charles Le Gai Eaton: "Der Islam und die Bestimmung des Menschen".
Aus dem Englischen von Eva-Liselotte Schmid. Spohr Publishers Ltd., Nikosia 2017.
416 S., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Charles Le Gai Eaton über seine Konversion zum Islam
Immer wieder kommt es vor, dass europäische Intellektuelle, enttäuscht von der spirituellen Leere eines "nachchristlichen" Europas, abgeschreckt von Materialismus und positivistischem Szientismus, zum Islam konvertieren. Etwa der französische Mathematiker René Guénon, der Engländer Martin Lings oder der österreichische Journalist Leopold Weiss, der es unter seinem Muslim-Namen Muhammad Assad zum Botschafter Pakistans bei den Vereinten Nationen brachte. Zu diesen prominenten Konvertiten gehörte auch der Engländer Charles Le Gai Eaton (1921 bis 2010), Schriftsteller und Diplomat.
Von einer glaubenslosen Mutter zunächst als Religionsfeind erzogen und von der Philosophie enttäuscht, konvertierte er als Erwachsener zum Islam. Sein vor zwanzig Jahren auf Deutsch erschienenes Buch "Der Islam und die Bestimmung des Menschen" - damals mit einem Vorwort von Annemarie Schimmel versehen - ist jetzt, leicht verändert, wieder aufgelegt worden. Eaton zeichnet in diesem Buch, das in vielem auch den oben erwähnten europäischen Konvertiten verpflichtet ist, ein Bild des Islams, das in den heute geführten Debatten über Islamismus, Salafismus, Dschihadismus oder gar Terror nicht vorkommt.
Es ist eine spiritualisierte Fassung des Korans und seiner Traditionen, die den Versuch unternimmt, alle Religionen - auch nach dem Verständnis des Sufismus, der islamischen Mystik - als Ausdruck desselben Glaubens an eine Einheit (tawhid) von Gott und Welt im Zeichen der Heiligkeit aller Dinge in Gottes Schöpfung zu deuten. Gott ist transzendent, doch dem Menschen auch "näher als seine Halsschlagader", wie es im Koran heißt. Der Christ wird in dem Buch manches wiederentdecken, was er theoretisch aus der eigenen Tradition oder aus den Lehren der Philosophia perennis noch kennen mag, was aber längst unter dem Einfluss von Säkularisierung, Aufklärung, aber auch unter der Wucht eines oft gedankenlosen Konsumismus und Hedonismus aufgegeben wurde oder verlorengegangen ist.
Eaton versteht sich bewusst als Grenzgänger, der gerade auch für "westliche" Leser schreibt, deren weitgehend irreligiöses Weltbild und säkulares Weltempfinden sich heute bis in den Islam hinein globalisiere. Es ist eine Gegenwelt zu derjenigen, die das moderne westliche Bewusstsein, überzeugt davon, im Besitz der allein gültigen Weltbeschreibung und -deutung zu sein, über den Globus verbreitet. Wer sie in sich trägt, erscheint in westlicher Umgebung oft wie ein Fremder, wie aus der Zeit gefallen. Dabei versteht sich der Autor, als Konvertit in beiden Kulturen zu Hause, als Vermittler in einer Zeit, da ihm Schwäche und Versagen der islamischen Welt schmerzlich bewusst sind. Nach koranischer Auffassung ist der Mensch gehalten, Gottes Allmacht zu akzeptieren - was ihn nach Eaton keineswegs willenlos macht - und die ihm anvertraute Schöpfung in all ihrer Heiligkeit als kostbares Gut zu hüten. Ein Ansatz, der viele "moderne" Gemeinsamkeiten ermöglichen könnte.
Zu fragen wäre, ob eine derartige ganzheitliche, alles und jedes in den Stand der Heiligkeit versetzende Vision von Gott, Mensch und Welt, wenn sie nicht Ausdruck einer individuellen, existentiellen Entscheidung und Erkenntnis ist, nicht die Gefahr birgt, in einen Totalitarismus umzuschlagen.
WOLFGANG GÜNTER LERCH
Charles Le Gai Eaton: "Der Islam und die Bestimmung des Menschen".
Aus dem Englischen von Eva-Liselotte Schmid. Spohr Publishers Ltd., Nikosia 2017.
416 S., geb., 24,90 [Euro].
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