Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.2009Schlimm und wütend
Josef Winklers donnernde Eröffnungsrede bei den diesjährigen Klagenfurter Literaturtagen konnten die Vorleser des Wettbewerbs nicht übertönen. Gerechnet hatte niemand damit, dass der Klagenfurter Autor und Büchnerpreis-Träger zum politischen Rundumschlag gegen seine Stadt und das Land Kärnten ausholen würde. Winkler, der ganz in Rot gekleidet zu großer grimmiger Form auflief, tarnte seine Rede zunächst mit jener Form quälender Kindheitserinnerungen, wie man sie von ihm kennt, um dann in einer überraschenden Wendung mit dem Sumpf der politischen Gegenwart in seiner Heimat abzurechnen: Dass Klagenfurt, immerhin Schauplatz des bekannten Literaturwettbewerbs, sich wohl als einzige mitteleuropäische Stadt keine eigene Bibliothek leiste, war nur einer seiner Kritikpunkte. Buchstäblich warf der Autor den "schamlosen" und "räuberischen" Politikern ihr "Katzensilber" vor die Füße und prangerte deren Geldverschwendung an. Winklers Hauptaugenmerk galt dem Tod eines kleinen Jungen vor zwei Jahren auf einer Baustellenkreuzung: Die verantwortlichen Straßenbauer - "die Sensenmänner von Klagenfurt", wie Winkler sie nannte - hätten "den Tod eines Schulkindes buchstäblich aus dem Asphalt gestampft". Kinder hätten hier, resümierte er mit den Worten Ingeborg Bachmanns, "keine Zukunft". Während die Honoratioren vor allem der Haider-Partei BZÖ auf die Schimpftirade schweigend im Saal verharrten, reagierte das Publikum mit minutenlangem Applaus. Für all diejenigen, die Winklers Klagenrede am 24. Juni live verpasst haben, ist sie jetzt in einem Sonderdruck nachzulesen. (Josef Winkler: "Der Katzensilberkranz in der Henselstraße". Klagenfurter Rede zur Literatur. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. 33 S., br., 5,- [Euro].) S.K.
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Josef Winklers donnernde Eröffnungsrede bei den diesjährigen Klagenfurter Literaturtagen konnten die Vorleser des Wettbewerbs nicht übertönen. Gerechnet hatte niemand damit, dass der Klagenfurter Autor und Büchnerpreis-Träger zum politischen Rundumschlag gegen seine Stadt und das Land Kärnten ausholen würde. Winkler, der ganz in Rot gekleidet zu großer grimmiger Form auflief, tarnte seine Rede zunächst mit jener Form quälender Kindheitserinnerungen, wie man sie von ihm kennt, um dann in einer überraschenden Wendung mit dem Sumpf der politischen Gegenwart in seiner Heimat abzurechnen: Dass Klagenfurt, immerhin Schauplatz des bekannten Literaturwettbewerbs, sich wohl als einzige mitteleuropäische Stadt keine eigene Bibliothek leiste, war nur einer seiner Kritikpunkte. Buchstäblich warf der Autor den "schamlosen" und "räuberischen" Politikern ihr "Katzensilber" vor die Füße und prangerte deren Geldverschwendung an. Winklers Hauptaugenmerk galt dem Tod eines kleinen Jungen vor zwei Jahren auf einer Baustellenkreuzung: Die verantwortlichen Straßenbauer - "die Sensenmänner von Klagenfurt", wie Winkler sie nannte - hätten "den Tod eines Schulkindes buchstäblich aus dem Asphalt gestampft". Kinder hätten hier, resümierte er mit den Worten Ingeborg Bachmanns, "keine Zukunft". Während die Honoratioren vor allem der Haider-Partei BZÖ auf die Schimpftirade schweigend im Saal verharrten, reagierte das Publikum mit minutenlangem Applaus. Für all diejenigen, die Winklers Klagenrede am 24. Juni live verpasst haben, ist sie jetzt in einem Sonderdruck nachzulesen. (Josef Winkler: "Der Katzensilberkranz in der Henselstraße". Klagenfurter Rede zur Literatur. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. 33 S., br., 5,- [Euro].) S.K.
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