Lippstadt 1764. Kaufmann Ferdinand Overkamp ist eine angesehene Persönlichkeit in der Stadt. Als er von der Schwangerschaft seiner unverheirateten Tochter Elisabeth erfährt, will er den Namen des Vaters wissen, um eine Hochzeit zu arrangieren. Doch Elisabeth schweigt. Overkamp sieht seinen guten Ruf
in Gefahr und will seine Tochter nach Lübeck zu Verwandten schicken. Als er den jungen Hirten…mehrLippstadt 1764. Kaufmann Ferdinand Overkamp ist eine angesehene Persönlichkeit in der Stadt. Als er von der Schwangerschaft seiner unverheirateten Tochter Elisabeth erfährt, will er den Namen des Vaters wissen, um eine Hochzeit zu arrangieren. Doch Elisabeth schweigt. Overkamp sieht seinen guten Ruf in Gefahr und will seine Tochter nach Lübeck zu Verwandten schicken. Als er den jungen Hirten Johann vor seinem Haus sieht, zieht er falsche Schlüsse und trifft er eine folgenschwere Entscheidung…
Lübeck, 2010. Oliver Thielsen erbt von seiner Großmutter einen alten Sekretär samt Inhalt. Beim Durchsehen der Sachen fällt Oliver ein alter Brief aus dem Jahr 1764 in die Hände. Er vermutet ein Geheimnis hinter den Zeilen des Schriftstückes und macht sich auf nach Lippstadt, um auf Spurensuche zu gehen…
„Der Kaufmann von Lippstadt“ ist anders aufgebaut, als ich es von historischen Romanen kenne. Rita Maria Fust arbeitet sehr viel mit Originalzitaten, zahlreiche Auszüge aus historischen Dokumenten durchziehen den Roman, stets mit Quellenangaben als Fußnote auf der entsprechenden Seite – ungewöhnlich und anfangs etwas verwirrend für mich, aber man gewöhnt sich recht schnell an die vielen Hinweise.
Die Autorin präsentiert Lippstadt mit allem, was es zu bieten hat. Das Gestern und das Heute. Eine geballte Ladung Stadtgeschichte – sehr informativ und interessant. Wie viel intensive Recherchearbeit in diesem Buch steckt, spürt man auf jeder Seite, die große Begeisterung der Autorin für Lippstadt wird immer wieder deutlich. Leider gerät das Buch durch die zahlreichen Informationen etwas zu sachlich, die eigentliche Handlung des Romans geht ab und an ein wenig unter.
Grundlage für den Roman ist eine große Explosion in Lippstadt im Jahr 1764, deren Ursache nie endgültig geklärt werden konnte.
Rita Maria Fust schiebt dem Kaufmann Ferdinand Overkamp die Schuld dafür in die Schuhe. Overkamp möchte den Tod Johanns vertuschen. Doch der Kaufmann wird beobachtet und plötzlich gerät alles außer Kontrolle. Alles, was Overkamp sich aufgebaut hatte, rauscht den Bach runter. Eine nicht zu stoppende Talfahrt, in der er eine verhängnisvolle Entscheidung nach der anderen trifft. Overkamp wird dabei Täter und Opfer zugleich. Er mordet eiskalt und nur auf sein Wohl bedacht – und trotzdem ist er in dieser Geschichte nicht der Oberbösewicht, denn es gibt noch miesere Zeitgenossen, die aus Overkamps Situation Kapital schlagen wollen.
Sehr geschickt verknüpft die Autorin die Vergangenheit mit der Gegenwart. Es hat mir sehr gut gefallen, dass über den alten Brief eine Verbindung über die Jahrhunderte geschaffen wurde.
Oliver beginnt nach seinem Fund in seiner Familiengeschichte und in der Geschichte Lippstadts zu graben. Die Neugierde, die der Brief in ihm auslöst und die Faszination, die mit jeden weiteren Hinweis auf „seinen Overkamp“ größer wird, konnte ich sehr gut nachvollziehen. Ganz anders dagegen Olivers Liebe zu Annika, die für mich bis zum Ende des Buches nicht greifbar war.
Die fiktiven und historischen Figuren werden durchdacht miteinander kombiniert, das Zusammenspiel aller klappt ausgezeichnet. Es hätte mir gut gefallen, wenn das private Umfeld der Hauptpersonen sowohl im Jahr 1764 wie auch in 2010 eine etwas größere Rolle gespielt hätte. Außerdem hätten lebhaftere Dialoge mehr Schwung in die Geschichte gebracht. Die Figuren wirkten auf mich manchmal sehr gehemmt und viel zu kontrolliert. Nur einer nicht: Stadt-Syndicus Clüsener! Er tobt und wirbelt haareraufend durch das Geschehen – ich habe mich über jeden seiner Auftritte köstlich amüsiert.
Mir hat „Der Kaufmann von Lippstadt“ sehr gut gefallen. Besonders der Blick auf das alte Lippstadt war ausführlich und interessant.