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damit Sie mitreden können Birgit Althans' Expedition in die Kulturgeschichte des Klatsches zeigt, dass Klatsch sich - wie der Genuss - stets dem rationalen Zugriff entzieht.

Produktbeschreibung
damit Sie mitreden können Birgit Althans' Expedition in die Kulturgeschichte des Klatsches zeigt, dass Klatsch sich - wie der Genuss - stets dem rationalen Zugriff entzieht.
Autorenporträt
Birgit Althans, Dr. phil., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Allgemeine Pädagogik der Freien Universität Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.07.2001

Buch im Blick
Durch die Mangel
gedreht
BIRGIT ALTHANS: Der Klatsch, die Frauen und das Sprechen bei der Arbeit. 475 Seiten. Campus-Verlag. Frankfurt 2001. 78 Mark.
Klatsch! Ein ausdrucksstarkes Wort. In ihrer phasenweise höchst lustvoll zu lesenden Dissertation erzählt Birgit Althans, wie der Klatsch bei der monotonen Wascharbeit der Frauen entstand, was das Kredit- und Versicherungswesen mit kaffeeklatschenden Männern zu tun hat und wie sehr die Protagonisten der „Humanisierung der Arbeitswelt” von weiblichem Klatsch irritiert wurden.
Klatsch entstand in vorindustriellen Zeiten, als die Frauen „schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit wuschen”, die Intimsphäre Fremder „durchhechelten” und durch die „Mangel drehten”. Klatsch! sausten ihre Waschpleuel auf Bettlaken und Unterhosen. Klatsch! bekamen alle diejenigen Abwesenden was zu hören, die Blut- und Spermaflecken hinterlassen hatten. Die Entstehung des Klatsches auf den öffentlichen Waschplätzen machte es indes den Männern leicht, ihn als spezifisch weibliche Angelegenheit abzutun. Natürlich klatschen auch Männer gern, sie nennen es nur nicht so. In langen historischen Ausführungen weist die Autorin nach, zu welchen Tricks die bürgerliche Männerwelt griff, um ihre Kommunikation „als Arbeit” auszugeben.
Ausgerechnet der Kaffeeklatsch war ursprünglich eine reine Männerangelegenheit. Nachdem ein Kolonialhändler im Jahre 1652 den ersten Kaffee nach London gebracht hatte, schossen dort zwischen 1670 und 1740 rund 2000 Kaffeehäuser aus dem Boden – vorzugsweise in Börsennähe. Am frühen Abend strömten die Briten dorthin und besprachen Geschäfte, Politisches und natürlich auch den neuesten Klatsch und Tratsch.
So weit folgt man der Autorin gerne. Doch danach begeht sie den zentralen methodischen Fehler, dass sie ihre Definition von Klatsch – das abwertende Reden über intime Angelegenheiten Abwesender – nicht durchhält und ihn mit beliebigem Geplauder gleichsetzt. Im Klatsch aber werden im Gegensatz zum zweckfreien Geplauder Herrschaftsbeziehungen verhandelt – zwischen Mann und Frau, Machthaber und Untertan. Mit diskreter Indiskretion machen sich Menschen gegenüber hierarchisch Gleichgestellten wichtig, schaffen sich Bündnispartner, demontieren ihre Feinde, ihre Vor- oder Nachgesetzten. Klatsch ist subversiv und systemerhaltend, ist schmuddelig und moralinsauer, schafft Bindungen und zerstört sie. Hätte Birgit Althans den Klatsch als Herrschaftsgerede untersucht, das Buch wäre ein genialer Wurf geworden. So aber verzettelt sie sich in geschwätzigen Analysen der Werke von Diderot, Rousseau und Lacan, um schließlich den roten Faden zu verlieren.
Schlüssig wird das Buch erst wieder, als die Autorin in die Arbeitswelt zurückkehrt. Bei Durchsicht der Original-Dokumente der berühmt gewordenen Hawthorne-Experimente, die der so genannten Humanisierung der Arbeitswelt vorausgingen, fand sie Frappierendes heraus. In Hawthorne, einer Produktionsstätte für Telefon-Relais, wurde seinerzeit ein spezieller Arbeitsraum eingerichtet, in dem sechs Arbeiterinnen unter den Augen von zwei männlichen Versuchsbeobachtern Relais montierten. Reden bei der Arbeit war zwar erlaubt, doch das exzessive Schwatzen, vor allem zweier Arbeiterinnen, über Kleider und Boyfriends irritierte die Arbeitswissenschaftler derartig, dass die beiden schließlich vom Test ausgeschlossen wurden. –Als eine ähnliche Testreihe mit Männern gestartet wurde, störte sich dagegen keiner der Wissenschaftler an dem nicht minder exzessiven Gequatsche über Baseball und das Nachtleben in Chicago.
Ute Scheub
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Unterhaltsam, aber nicht geschwätzig untersucht Franziska Meier die Klatsch-Geschichte der Pädagogin Birgit Althans. "Sehr flott" findet sie das Buch geschrieben und von hoher Aktualität. Die Autorin habe sich sogar so sehr dem Klatsch gewidmet, dass Form und Inhalt ihrer Darstellung verschmölzen, bemerkt die Rezensentin süffisant. Mit Verwunderung stellt sie allerdings fest, dass Althans einerseits versucht, dem Klatsch seine Geschlechtsspezifik zurückzugeben, nach der Frauen irrational tratschen, Männer aber rational. Andererseits versuche sie aber genau das als "historisches gender-Konstrukt" zu entlarven. Etymologisch leite sich Klatschen von Waschen ab und habe seinen Ursprung in den Waschtagen, zu denen sich die Frauen getroffen hätten. Arbeit und Klatsch gehörten demnach zusammen. Letzterer habe sich an den Flecken in den Laken entzündet. Der männliche Klatsch sei dagegen unter dem Einfluss der protestantischen Ethik entstanden, schreibe die Autorin, um sich dann in der englischen Kaffeehauskultur zu verlieren. "Wissenschaftlich oder rational gesehen" komme Althans` Diskurs ebenfalls einem Sprechen bei der Arbeit gleich, resümiert die Rezensentin.

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18.10.2000, Frankfurter Rundschau, Geschichte des Klatsches: "Dieses Buch über den Diskurs des Klatsches ist sehr flott geschrieben, steckt voller witziger Anekdoten und zeichnet sich durch einen hohen Aktualitätsbezug aus."

08.07.2001, Die Weltwoche, Die grosse Lust am Plappern: "Ein höchst lustvoll zu lesender Wälzer."
Geschichte des Klatsches
"Dieses Buch über den Diskurs des Klatsches ist sehr flott geschrieben, steckt voller witziger Anekdoten und zeichnet sich durch einen hohen Aktualitätsbezug aus." (Frankfurter Rundschau, 18.10.2000)

Die grosse Lust am Plappern
"Ein höchst lustvoll zu lesender Wälzer." (Die Weltwoche, 08.07.2001)