„Der kleine Heilige“ ist einer der längsten Non-Maigret-Romane von Georges Simenon. In dem zweigeteilten Roman entführt er den Leser zunächst nach Paris ins Jahr 1897. Hier lebt die sinnenfrohe und alleinerziehende Gemüsehändlerin Gabrielle Heuteau, die ihre kleine Wohnung mit immer neuen Männern
teilt. Mancher ist nur Gast für eine Nacht, andere bleiben länger. Aus diesen wechselnden Beziehungen…mehr„Der kleine Heilige“ ist einer der längsten Non-Maigret-Romane von Georges Simenon. In dem zweigeteilten Roman entführt er den Leser zunächst nach Paris ins Jahr 1897. Hier lebt die sinnenfrohe und alleinerziehende Gemüsehändlerin Gabrielle Heuteau, die ihre kleine Wohnung mit immer neuen Männern teilt. Mancher ist nur Gast für eine Nacht, andere bleiben länger. Aus diesen wechselnden Beziehungen sind sechs Kinder hervorgegangen.
Der kleine Louis ist der Zweitjüngste. Als er in die Schule geht, bekommt er seinen Spitznamen: der „kleine Heilige“. Louis ist ein äußerst aufgeweckter Bursche mit viel Entdeckerlust, allerdings manchmal unterbrochen von Perioden stumpfer Trägheit. An der Schule hat Louis wenig Freude, er ist ein Eigenbrötler. Obwohl er nicht viel Gefallen am Lernen findet, ist er dennoch stets der Klassenbeste.
Louis beobachtet aufmerksam seine Umwelt und ist ein ständiger Träumer. Einmal folgt er sogar aus Neugier einem Leichenwagen. Alles ist für ihn einer ernsthaften Betrachtung würdig. In der Nachbarschaft sind es die Geschäfte, die ihn faszinieren. Er notiert ihre Wareneingänge oder die Namen der Lieferanten. Vor allem ein Geschäft für Mal- und Zeichenmaterial weckt sein Interesse: Ölfarben, Terpentin, Palette und Pinsel. Louis borgt sich von seiner Mutter Geld, um sich dort die notwendigsten Malutensilien zu kaufen. Es folgen erste Mal- und Zeichenversuche.
Auf den letzten knapp hundert Seiten schildert Simenon den weiteren Werdegang des „kleinen Heiligen“, der sich in den nächsten Jahrzehnten zu einem Künstler entwickelt. Obwohl Louis zunächst durch seine Kunst weder arm noch reich wird, malt er ununterbrochen weiter, ständig auf der Suche nach Neuem. Später hängen seine Bilder in vielen Museen.
Am Ende des Romans ist Louis ein 70jähriger Greis mit schneeweißem Haar, doch er malt weiterhin den ganzen Tag lang. In den meisten seiner Bilder sind Spuren seiner Mutter und seiner Geschwister zu finden. Als er schließlich gefragt wird, als was er sich selber sieht, antwortet der betagte Künstler: „Als kleinen Jungen.“
Der Entwicklungsroman „Der kleine Heilige“ erschien 1965 unter dem Originaltitel „Le petit saint“. Es ist die Geschichte eines Malers und zugleich die Geschichte einer Pariser Familie aus den untersten sozialen Schichten. Zahlreiche Kritiker loben das Buch als Simenons heitersten Roman. Die deutsche Erstausgabe wurde bereits ein Jahr später veröffentlicht. Die vorliegende Übersetzung erschien 1979 erstmals im Diogenes Verlag und wurde jetzt für die neue Edition der „Ausgewählten Romane“ noch einmal überarbeitet.