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Nicolas ist Leiter der Hörspielabteilung eines Rundfunksenders in Berlin, intelligent, engagiert, aber auch sehr sensibel und im privaten Bereich von einer außergewöhnlichen Opferbereitschaft. Vera, seine Lebensgefährtin, ist eine bekannte Schauspielerin, eine launische Egomanin, die von Medikamenten abhängig ist. Um in ihrem Beruf funktionieren zu können, greift sie zu Beruhigungs- und Aufputschmitteln. Unweigerlich kommt es zum Zusammenbruch. Gemeinsam versuchen die beiden nun in einem Haus im Veneto den Medikamentenentzug ohne ärztliche Hilfe. Der Entzug gelingt, aber danach ist Nicolas am Ende seiner Kraft.…mehr

Produktbeschreibung
Nicolas ist Leiter der Hörspielabteilung eines Rundfunksenders in Berlin, intelligent, engagiert, aber auch sehr sensibel und im privaten Bereich von einer außergewöhnlichen Opferbereitschaft. Vera, seine Lebensgefährtin, ist eine bekannte Schauspielerin, eine launische Egomanin, die von Medikamenten abhängig ist. Um in ihrem Beruf funktionieren zu können, greift sie zu Beruhigungs- und Aufputschmitteln. Unweigerlich kommt es zum Zusammenbruch. Gemeinsam versuchen die beiden nun in einem Haus im Veneto den Medikamentenentzug ohne ärztliche Hilfe. Der Entzug gelingt, aber danach ist Nicolas am Ende seiner Kraft.
Autorenporträt
Elisabeth Plessen (eigentlich Elisabeth Charlotte Marguerite Augusta Gräfin Plessen), 1944 in Holstein geboren, studierte Geschichte, Philosophie und Germanistik in Paris und Berlin. Neben ihrer schriftstellerischen Arbeit ist Elisabeth Plessen als eine der renommiertesten deutschen Übersetzerinnen hervorgetreten. Plessen erhielt mehrere Auszeichnungen, u.a. den Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis der Stadt Meersburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.11.1997

Krankenschwestern-Report
"Der Knick": Elisabeth Plessens Roman einer Abhängigkeit

Sie spielt in einer Saison an zwei, drei Bühnen die Hauptrollen. Hamburg, Wien, München - überall ist sie der Mittelpunkt, ein Star, dem man Launen und Extravaganzen nachsieht. Sie fasziniert nicht nur ihr Publikum, ihre Regisseure und Kollegen, auch ihre Ärzte und noch immer ihren Mann, der auch die andere Seite dieser strahlenden Frau kennt, die Verzweiflung wie die rücksichtslose Besessenheit.

Vera, Ende Vierzig und noch immer schön, erwartet von ihrem jüngeren Partner, daß er immer für sie da ist, wenn sie ihn braucht, daß er Verständnis hat für ihre Depressionen wie für ihre überschäumende Lebenslust. Sie glaubt, er werde sie auffangen, wenn sie zusammenbricht. Aber in zehn Ehejahren ist es Nicolas nicht gelungen, sie von ihrer fortschreitenden Selbstzerstörung zu retten. Noch kann sie sich vor ihren Auftritten auf der Bühne mit Medikamenten so präparieren, daß sie nicht versagt. Doch immer gefährlicher wird ihre Abhängigkeit von Beruhigungs-und Aufputschmitteln, immer häufiger die Schmerzanfälle und Zeiten der Mutlosigkeit.

Vera, die Hauptfigur in Elisabeth Plessens neuem Roman, nutzt die Menschen, die sie lieben oder verehren, skrupellos aus. Nicolas scheint außerstande, sich dagegen zu wehren. Bis zur Selbstaufgabe pflegt er die Kranke und erträgt Kränkungen. Nur seinem Tagebuch vertraut er an, daß er am Ende seiner Kraft ist. Er vernachlässigt seinen Beruf als Leiter der Hörspiel- und Featureabteilung des Hamburger Rundfunks. Nur mühsam kann er sich auf seine Arbeit konzentrieren, während Vera in Wien an der Burg im "Kirschgarten" spielt und ihre Anziehungskraft an jüngeren Kollegen oder ihrem Leibarzt erprobt.

Elisabeth Plessen versteht sich auf komplizierte Liebesbeziehungen. Seit ihrem erfolgreichen Debüt mit "Mitteilungen an den Adel" ist der autobiographische Hintergrund der meisten ihrer Romane und Erzählungen mühelos zu erkennen, was durchaus seinen authentischen Reiz hat. Erfahren und erlitten scheint auch vieles in ihrem neuen Buch "Der Knick". Thema ist der verzweifelte Versuch, dem Teufelskreis einer Tablettenabhängigkeit zu entkommen. Die Beschreibung dieser Sucht liest sich seitenlang (und bis zur Ermüdung) wie eine Krankengeschichte, einschließlich der genauen Angabe von Medikamenten, Untersuchungen, Körperfunktionen und ihren Störungen. Die Patientin bleibt immer im Mittelpunkt.

Schemenhaft taucht gelegentlich Nicolas' Schwester auf, die in Berlin an einem Institut für Osteuropakontakte arbeitet. Durch sie dringen Bruchstücke der Wirklichkeit in die künstliche Welt von Medikamenten, Krankheit und Theaterillusionen. Kurz vor dem Fall der Mauer beobachtet die Schwester aus Berlin die Risse im Eisernen Vorhang. Aber der Bruder reagiert darauf kaum. Er ist im Hauptberuf Veras Krankenschwester, der Rettungsanker mitten in ihren Krisen und chaotischen Stimmungsumschwüngen.

Nur einmal erlaubt er sich insgeheim Mordlust: "Ich hasse dich. Ich schlage dich tot, damit es endlich vorbei ist und ich meine Ruhe habe." Er sieht nun auch, wie sie gealtert ist, niemals mehr wird sie jugendliche Liebhaberinnen spielen können. Doch als Vera ihn anfleht, sie nicht allein zu lassen, bei ihr zu bleiben und mit ihr zusammen die Qualen des Entzugs durchzustehen, hält er fast bis zur Selbstaufgabe durch.

Als Vera schließlich in ihrem Refugium in Italien - in der medizinischen Wüste - das Schlimmste überstanden hat und ohne Betablocker oder Stimulanzien auskommt, bricht Nicolas zusammen. Er fühlt sich "wie ein Garten voll altem Laub, liegen gelassen, vermodert, nie zusammengerecht". Es bleibt offen, ob diese zerstörerische Liebe damit ein Ende hat. MARIA FRISÉ

Elisabeth Plessen: "Der Knick". Roman. Nagel & Kimche, Zürich/Frauenfeld 1997. 270 S., geb., 39,80 DM.

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"Der Gang durch die Hölle gerät bei Elisabeth Plessen zur eindrücklichen und letztlich zur ermutigenden Wanderung." Beatrice Eichmann-Leutenegger, Der Bund, 11.10.1997