Stuttgart, Pfingsten 1929: Die Polizei errichtet Straßensperren, in der Stadt sind Vorhängeschlösser ausverkauft. Im Freidenker-Garten auf dem Killesberg findet der „Erste Internationale Vagabundenkongress“ statt. Organisiert hat ihn Gregor Gog, ausgerissener Kleinbürger und Abenteurer, unehrenhaft entlassener Soldat und „König der Vagabunden“. Er ruft zum lebenslänglichen Generalstreik auf, denn: „Nur durch einen solchen Generalstreik ist es möglich, die kapitalistische, christlich kerkerbauende Gesellschaft ins Wackeln, ins Wanken, zu Fall zu bringen!“ Patrick Späth erzählt sein Leben von dem Tag an, an dem er die Stelle bei der Kirche ausschlägt, die ihm die Mutter besorgt hat und sich freiwillig zur Marine meldet, um die Welt zu sehen. Der junge Gregor wird ein ums andere Mal desillusioniert. Was ihn nicht davon abhält, zu glauben – an die Landstraße, die Revolution, das Gute im Menschen, den Kommunismus. Patrick Späth setzt Gogs Weggefährtinnen und Weggefährten, unter ihnen Johannes R. Becher und Erich Mühsam, wirkungsvoll als Kontrastfiguren ein. Er lässt Gog gegen den politischen Realismus der Dichterin Jo Mihaly andiskutieren und den späteren Brecht-Illustrator Hans Tombrock seine romantischen Vorstellungen vom Wanderleben zerstören. So lernen wir vergessene Visionärinnen der Weimarer Republik kennen, etwa Anni Geiger-Gog, Kindergärtnerin und Kinderbuchautorin, die sich trotz ihrer Armut für Waisen einsetzte und Gregor Gogs Sohn aus erster Ehe, dessen Mutter Jüdin war, durch die Nazi-Zeit rettete. Bea Davies’ schwungvoller, geschmeidiger Strich macht den Drang zum Aufbruch fühlbar, die Sehnsucht nach Freiheit, die großflächige Dunkelheit mancher Szenen das Elend der Armen der Weimarer Republik. Sie konzentriert sich auf das Wesentliche, und das verleiht ihren Bildern ihre große Kraft.
© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)