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24 Kurzgeschichten, wie sie auch der Kleine Prinz hätte erleben können. Schlichte und dabei tiefgründige Episoden mit langem Nachhall. Illustriert von Wolf Erlbruch, der zuletzt mit "Ente, Tod und Tulpe" bewies, dass er die großen Themen des Lebens so klug und verständnisvoll ins Bild setzt wie kein anderer.

Produktbeschreibung
24 Kurzgeschichten, wie sie auch der Kleine Prinz hätte erleben können. Schlichte und dabei tiefgründige Episoden mit langem Nachhall. Illustriert von Wolf Erlbruch, der zuletzt mit "Ente, Tod und Tulpe" bewies, dass er die großen Themen des Lebens so klug und verständnisvoll ins Bild setzt wie kein anderer.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.09.2008

Ich dulde keinen Widerspruch, Trompete!

Jedes Kind will irgendwann König sein, und Eltern tun gut daran, diesen Wunsch hin und wieder zu erfüllen. Welche Funken sich im Bilderbuch daraus schlagen lassen, zeigen Heinz Janisch und Wolf Erlbruch in einer fulminanten Gemeinschaftsarbeit.

Dass man nicht immer alles haben kann, was man will, ist durch die Populärmusik verbürgt; dass man es aber trotzdem versuchen muss, auch. Der König, um den es in diesem fabelhaften Buch voller Kürzestgeschichten geht, macht diese Erfahrung beinahe auf jeder der Doppelseiten, die eine abgeschlossene Erzählung aus seiner Welt enthalten.

Das klingt dann zum Beispiel so: ",Glaub nur ja nicht, dass du hier das Sagen hast', sagte der König zur Müdigkeit. ,Ich bin der König, und ich entscheide, wann ich müde werde.' Er musste gähnen. ,Deine ganzen Tricks werden dir nichts helfen!', rief der König und setzte sich kerzengerade auf. ,Ein König lässt sich nicht von anderen sagen, was er zu tun hat!' Der König redete noch eine Weile auf die Müdigkeit ein, aber sein Kopf wurde immer schwerer. Plötzlich rutschte ihm die Krone vom Kopf. ,Hoppla', dachte er noch, als er sie auffing. Dann fielen ihm die Augen zu."

Man muss diese Geschichte (und die anderen in diesem Buch) langsam lesen, um Heinz Janischs Kunstfertigkeit richtig würdigen zu können, dieses feine Spiel zwischen dem königlichen Anspruch und der unerbittlichen Macht der Müdigkeit, von dem wir wissen, wie es ausgehen wird, der König vermutlich auch, und dem der bockige Monarch doch alles entgegenhält, was er nur halten kann. Denn selbst wenn die Krone vom Kopf rutscht, fängt er sie auf, als letzte Rebellion gegen einen übermächtigen Widersacher.

Und natürlich trägt diese Rebellion ausgesprochen kindliche Züge, so wie man Kinder zum Geburtstag mit Kronen aus Goldpapier krönt und man jedem Kind dann und wann das Königsein gönnt in all dem Gehorchenmüssen. Janischs König entwickelt dann auch eine pragmatische Haltung zu den Dingen, die sich seinen Befehlen fügen oder eben nicht: Die widerborstige Trompete, die auf dem Tisch liegt und trotz Aufforderung keinen Ton von sich gibt, spurt erst, als der König sie an den Mund setzt: "Du willst wohl nicht allein spielen", kommentiert er das, und fügt noch ein "na, meinetwegen" hinzu. Und wenn sich die Katze in der Sonne streckt und ihn als Autorität ignoriert, legt er sich eben daneben, um sich ebenfalls wärmen zu lassen.

Dies alles findet von Episode zu Episode seinen Ausdruck in den überwältigenden Bildern Wolf Erlbruchs. Gewohnt sparsam, ästhetisch "Ente, Tod und Tulpe" vergleichbar, zeigen Erlbruchs Collagen den Monarchen meist in scharfer Trennung von dem jeweiligen Gesprächspartner, also von Eichhorn, Meer, Geist oder Wolke. Der Körper ist gespannt, ganz auf sein Gegenüber bezogen, der König reckt die rote Nase in die Luft, als heische er Respekt für seine Person oder nähme mit aller Macht Witterung auf.

Am eindrucksvollsten aber sind die königlichen Augen, die mal weit aufgerissen, mal halbrund geschlossen sind und dann die abwartende Haltung zur Welt unterstreichen. Manchmal aber tritt ihm die Welt ebenso skeptisch gegenüber: ",Es gibt keine Geister', sagte der König zum Geist. ,Und ich dachte, es gibt keine Könige', sagte der Geist. ,Dann hat sich eben einer von uns geirrt', sagte der König. ,Sieht ganz so aus', sagte der Geist und begann mit der Geisterstunde."

TILMAN SPRECKELSEN

Heinz Janisch, Wolf Erlbruch: "Der König und das Meer". Sanssouci Verlag, München 2008. 48 S., geb., 10,- [Euro]. Ab 4 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.09.2008

Wer ist König?
Philosophische Momentaufnahmen im Bilderbuch
So möchten wir oft durch die Welt gehen: groß und selbstsicher wie ein König, alles im Griff, mit nur einer Sicht auf die Dinge. Doch der König, von dem Heinz Janisch erzählt und den Wolf Erlbruch schneidet und zeichnet, macht andere Erfahrungen. Die Welt um ihn herum funktioniert nicht so, wie er es sich wünscht. Das Meer, die Tiere, der Regen oder der Baum geben ihm ganz andere Antworten, als er hören möchte.
In 21 kleinen Szenen, manchmal nur ein paar Zeilen lang, führt Heinz Janisch seinen Helden an die Gesetzmäßigkeiten, die Merkwürdigkeiten und die Wunder der Welt heran und ermöglicht ihm, sein Wissen und seine Sinne zu erweitern und seine Rolle als König in Frage zu stellen. Das geschieht manchmal ganz direkt: „Weg da!”, sagte der König und versuchte eine Biene von seiner Blume zu verscheuchen. „Ich bin hier der König”, rief der König. „Ich auch”, sagte die Biene und stach zu. Dann wieder werden philosophische Fragen angeschnitten, etwa, wenn der Regen dem König vor Augen führt, dass alles, nicht nur die Krone, sondern auch ein König, „rostet” und vergänglich ist.
Wolf Erlbruch lässt den König, über dessen Größe und Aussehen wir im Text nichts erfahren, auf Kindergröße schrumpfen, stattet ihn mit einer roten Nase und einer Krone aus. So folgen wir beim Blättern einer ambivalenten Figur, die mal Kind, mal Clown, mal König ist. Von Seite zu Seite entdeckt der kleine Held, dass die Welt um ihn herum nach anderen Regeln abläuft, als er es gelernt hat. Seine Autorität scheint niemanden zu beeindrucken, seine Meinung niemanden ernsthaft zu überzeugen. Doch der König stößt nicht nur an Grenzen, sondern öffnet sich selbst für neue Erfahrungen. Das ist die besondere Stärke dieser Momentaufnahmen. Ohne Groll lernt er, dass die Sicht der anderen sein Leben bereichert. Die Katze, die ihr Fell von der Sonne wärmen lässt, erklärt dem König: „Heute ist die Sonne mein König!” Der König denkt kurz nach. Dann zieht er sein Hemd aus und legt sich neben die Katze auf die Wiese und lässt sich die Sonne auf die Haut scheinen.
Die äußere Form dieser kleinen Episoden, die im Untertitel irritierenderweise „Kürzestgeschichten” heißen, so als brauche man nur Sekunden zum Vorlesen und Anschauen, bleibt streng. Auf der Textebene wahrt Janisch überwiegend die Dialogform und lässt so Freiräume für eigene Vorstellungen; auf der Bildebene beschränkt sich Erlbruch wiederum auf wenige Elemente, sparsam verteilt auf den weißen Papierflächen. Diese Reduzierung der Gesamtform tut den großen Themen, die in den kleinen Szenen verhandelt werden, gut. Die einfache Sprache in Bild und Text lässt Raum für das Nachdenken und verführt große wie kleine Leser dazu, sich selbst in diesen (Sprach-)Bildern zu suchen und zu finden. Denn sind wir nicht alle ein bisschen ‚König‘ ? JENS THIELE
HEINZ JANISCH/ WOLF ERLBRUCH: Der König und das Meer. 21 Kürzestgeschichten. Sancoussi 2008. 48 Seiten, 10 Euro.
SYLVANE DONNIO, DOROTHÉE MONFREID: Dich hab ich zum Fressen gern. Aus dem Französischen von Ingrun Wimmer. Carlsen 2008. 32 Seiten, 12,90 Euro
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Das von Heinz Janisch erzählte und von Wolf Erlbruch illustrierte Bilderbuch findet Jens Thiele gelungen, hauptsächlich weil es große Themen behandelt. Die 21 Momentaufnahmen stellen die Erlebnisse eines auf Kindergröße geschrumpften Königs dar, der feststellen muss, dass die Welt nicht immer so läuft, wie er das gelernt hat. Thiele liest in den Begegnungen des Königs philosophische Fragen heraus, etwa zu Vergänglichkeit und zu Autorität. Er räumt ein, dass die in Text und Bild "sparsame" äußere Form genug Freiräume lasse - das Buch verführe dann doch auch "kleine Leser, sich selbst in diesen (Sprach-)Bildern zu suchen und zu finden".

© Perlentaucher Medien GmbH