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»Wenn Sie in den letzten Jahren und Monaten die Wochenend-Feuilletons unserer großen deutschen Zeitungen durchgeblättert haben, wird Ihnen im Rahmen der Kulturkritik ein Thema immer häufiger begegnet sein: das-jenige der Aufarbeitung, der Wiederaufrichtung mythisch-religiöser Sinnzu-sammenhänge, und zwar vom sozialen Leben selbst bis hin zum Film. Vom sozialen Leben selbst, sage ich, und meine damit, daß die Gesellschaft, das Gesamt der Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer staatlichen Gemeinschaft, ihre sogenannte 'Sinnkrise' zunehmend in Kategorien einklagt, die der religiösen Sprache…mehr

Produktbeschreibung
»Wenn Sie in den letzten Jahren und Monaten die Wochenend-Feuilletons unserer großen deutschen Zeitungen durchgeblättert haben, wird Ihnen im Rahmen der Kulturkritik ein Thema immer häufiger begegnet sein: das-jenige der Aufarbeitung, der Wiederaufrichtung mythisch-religiöser Sinnzu-sammenhänge, und zwar vom sozialen Leben selbst bis hin zum Film. Vom sozialen Leben selbst, sage ich, und meine damit, daß die Gesellschaft, das Gesamt der Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer staatlichen Gemeinschaft, ihre sogenannte 'Sinnkrise' zunehmend in Kategorien einklagt, die der religiösen Sprache entnommen sind. Das Problem, das in der gegenwärtigen 'Sinnkrise' uns aufgegeben ist, ist aber älter als das, wovon die Zeitungen sprechen. Soviel ich sehe - und alle kommenden Vorlesungen werden diese Behauptungen Stück um Stück zu begründen versuchen -, war es die deutsche Romantik, die als erste Epoche der neueren Zeit das Problem der Entfremdung von Staat und Gesellschaft bearbeitet hat: Mythen (und religiöse Weltbilder) dienen dazu, den Bestand und die Verfassung einer Gesellschaft aus einem obersten Wert zu beglaubigen. Man könnte das die kommunikative Funktion des Mythos nennen, weil sie auf das Verständigtsein der Gesellschaftsteilnehmer untereinander und auf die Einträchtigkeit (oder doch: Vereinbarkeit) ihrer Wertüberzeugungen abzielt.«/p>
Autorenporträt
Manfred Frank ist Professor i. R. für Philosophie an der Universität Tübingen. Zuletzt erschienen: Ansichten der Subjektivität (2011), Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft / Schriften zur Ästhetik und Naturphilosophie (2009, hg. gemeinsam mit Véronique Zanetti), und Auswege aus dem Deutschen Idealismus (2007).