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Kwame Anthony Appiahs Philosophie des Kosmopoliten ist das Werk eines Denkers, der selbst verkörpert, wofür er eintritt: die Vielfalt der Kulturen auch dann als einen gemeinsamen Gewinn zu begreifen, wenn wir nach ganz unterschiedlichen Werten und Wahrheiten leben. In einer Welt, die stärker verflochten ist als je zuvor, wendet sich Kwame Anthony Appiah sowohl gegen das Bild vom"Krieg der Kulturen"als auch gegen einen naiven Multikultirelativismus. Sein elegant geschriebenes Buch holt das klassische Ideal des"Weltbürgers"zurück in unsere Zeit - das Ideal eines Menschen, der über alle Grenzen…mehr

Produktbeschreibung
Kwame Anthony Appiahs Philosophie des Kosmopoliten ist das Werk eines Denkers, der selbst verkörpert, wofür er eintritt: die Vielfalt der Kulturen auch dann als einen gemeinsamen Gewinn zu begreifen, wenn wir nach ganz unterschiedlichen Werten und Wahrheiten leben.
In einer Welt, die stärker verflochten ist als je zuvor, wendet sich Kwame Anthony Appiah sowohl gegen das Bild vom"Krieg der Kulturen"als auch gegen einen naiven Multikultirelativismus. Sein elegant geschriebenes Buch holt das klassische Ideal des"Weltbürgers"zurück in unsere Zeit - das Ideal eines Menschen, der über alle Grenzen hinweg an einer Tradition des kreativen Austauschs festhält. Appiahs kosmopolitische Ethik sucht eine Balance zwischen unserem Glauben an universale Werte und dem Respekt vor der Andersartigkeit nichtwestlicher Welterfahrung. Diese Balance wird am besten gewonnen durch"Konversation", ein Begriff, dem Appiah neue philosophische Dignität verleiht. Er umschreibt das einzige Instrument, mit dessen Hilfe wir nationale, religiöse oder kulturelle Formen der Differenz ausloten und uns zugleich an sie gewöhnen können. Nicht Konsens ist für den Weltbürger notwendig, sondern der Glaube an die Gemeinsamkeit des Menschseins in einer Welt von Fremden. Während Appiah in einer brillanten Kritik die Überbetonung der Differenz in der abendländischen Philosophie herausstellt, demonstriert er zugleich durch eine Fülle von Beispielen, auch aus seiner afrikanischen Heimat, wie ein modernes Weltbürgertum gelebt werden kann.
Autorenporträt
Kwame Anthony Appiah, geboren in London und aufgewachsen in Ghana, kehrte nach England zurück, als sein Vater vom Regime Nkrumah verhaftet wurde. Er studierte in Cambridge und bekleidet heute nach Professuren in Yale, Cornell, Duke und Harvard einen Lehrstuhl für Philosophie in Princeton.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Where's the beef?
Sorgt euch nicht, redet miteinander: Was Kwame Anthony Appiah den Weltbürgern ins Stammbuch schreibt / Von Michael Jeismann

Auf einen Titel wie diesen hatte man gewartet. Endlich, so hoffte man, wendet sich jemand gegen die Krampfstarre des "Kampfs der Kulturen", endlich weist jemand auf einen lichten Streifen am dunklen Himmel einer nach kulturalistischer oder religiöser Eindeutigkeit gierenden Welt. Und das geschieht nun gar in der edelsten Form: Es ist der "Kosmopolit", den Kwame Anthony Appiah in eine Welt voller Konflikte und Unvereinbarkeiten schickt. Man ist gern bereit, Appiah zu folgen, zumal seine eigene Lebensgeschichte zwischen Afrika, England und Amerika eine Erfahrungsweite verspricht, die seinem Thema zugutekommen sollte.

Was also verbindet die Menschen ungeachtet all ihrer Differenzen? Können sie sich überhaupt auf ein Gemeinsames einigen? Globale Herausforderungen vom Klimaschutz bis zur Überbevölkerung bedürften als Grundlage eines solchen Bewusstseins, das nicht agonal ist, das nicht das Gegeneinander, sondern das Mit- und Beieinander in den Vordergrund rückt und Freiheit von irrealen Loyalitäten bedeutet, wie Virginia Woolf einmal gesagt hat. Welche Chancen also hat ein Weltbürgertum?

Appiah pflegt in seinem Band einen dialogischen Stil, indem er sich immer wieder mit Fragen mehr oder weniger rhetorischer Natur an den Leser wendet, ihm dies oder jenes zu bedenken gibt und nebenbei gern Beispiele aus Ghana oder auch von Kinobesuchen in New York erzählt. Dabei geht es ihm darum, Werte wie Freundlichkeit und Empathie zu "objektivieren": Werte sollen nicht bloß Einstellungen und Orientierungen sein, die man je nach Bedarf beliebig reguliert. Appiah widmet sich in langen und streckenweise umständlichen Passagen der Widerlegung des Kulturrelativismus, nach dem jede Sitte und jeder Brauch sein eigenes Recht habe. Ebenso wendet er sich gegen den Positivismus, der Tatsachen und Überzeugungen trennen zu können glaubt - und dabei die Überzeugungen an Tatsachen misst. Gegen den ethischen und moralischen Relativismus wendet er pragmatisch ein, dass dieser nicht, wie viele meinten, zur Toleranz, sondern viel eher zwangsläufig zum Schweigen führen müsse. Denn wenn jeder immer aus seiner Perspektive recht hat und recht behalten darf, dann gibt es in der Tat keinen Anlass zu weiterer gegenseitiger Auseinandersetzung. Appiah betont: "Die Sprache der Werte ist eines der wichtigsten Mittel zur wechselseitigen Koordinierung unseres Lebens."

An dieser Stelle ist der Leser ungefähr auf Seite siebzig des schmalen Bandes und wartet, allmählich ungeduldig werdend, auf den springenden Punkt, auf die Geburt des Kosmopoliten aus dem Geist der Werte. Er wartet deshalb darauf, dass die Argumentation an Schärfe zunehmen möge, weil die wiederholten Exkurse nach Ghana oder das beliebig wirkende Zitieren aus Werken großer Philosophen ermüdend wirken und sich der vermeintliche Dialog des Autors mit dem Leser als abschweifender Monolog zu entpuppen beginnt. Hinzu kommt, dass Appiah sich allzu offensichtlich in der Pose des Philosophen gefällt und so etwas oberlehrerhaft Blasiertes annimmt. Dauernd unterstellt er dem Leser, dass er dieses oder jenes wahrscheinlich denke. Elegant ist das nicht, von kosmopolitischer Brillanz ganz zu schweigen - und vor allem ist es kein Gespräch, das nach Appiah doch das Entscheidende sein soll.

Jedenfalls möchte man bei der Hälfte des Buchs in englischer Tradition nun wirklich wissen: Where's the beef? Ja, wo? Wir kämpfen uns durch Passagen über Israelis und Palästinenser, über die Schwulenehe und lesen dann am Ende eines Kapitels: "Nicht Prinzipien, sondern praktische Handlungen befähigen uns, in Frieden zusammenzuleben." Abgesehen davon, dass diese Behauptung höchst zweifelhaft ist (man denke bloß an die Prinzipien, die den Westfälischen Frieden von 1648 überhaupt erst möglich machten) - sie ist überdies ein dürrer Ertrag vieler Seiten. Dass es gut sein kann, miteinander zu reden, hatte man im Übrigen auch vorher schon geahnt - und auch, dass dies selbst bei bedeutenden politischen und kulturellen Differenzen möglich ist. Dann springt der Autor wieder nach Ghana, wo man mittlerweile gar nicht mehr so gern hinmöchte, weil man lieber den Rest der Gedankenführung, auf die man noch hofft, erfahren würde.

Wer eine kosmopolitische Identität für fragwürdig halte, weil abstrakt und nicht erfahrbar, der werde doch einräumen müssen, dass sich dies ändere, sobald er ein konkretes Gegenüber mit womöglich ähnlichen Interessen treffe, dem er helfen könne. Von Mensch zu Mensch sozusagen: "Wenn Sie es beide wollen, werden Sie einander am Ende auch verstehen." Ja, warum nicht - aber soll hierin die Hoffnung eines neuen Kosmopolitismus liegen? Natürlich wurden Differenzen in den vergangenen Jahren zu einem wahren politisch-kulturellem Fetisch - und man freut sich, dass der Autor Argumente dagegen findet. Aber wenn Appiah dann formuliert: "Das Weltbürgertum beginnt mit dem Menschlichen am Menschen", bleibt ein gewisses Ungenügen beim Leser zurück. Wegen des Menschlichen - und nun wendet sich Appiah an finanziell gut gestellte Leser und an die amerikanische Regierung - solle man einen Teil seines Vermögens abgeben, um den Bedürftigen in der Welt zu helfen. Aber genau dann fangen doch die wirklichen politischen Probleme erst an. Mit anderen Worten: Appiah ist als politischer Philosoph das Pendant zu den "Life Aid"-Konzerten, aber nicht einmal unterhaltsam. Dieser "Kosmopolit" ist gut gemeint, aber nicht besonders gut gedacht.

Kwame Anthony Appiah: "Der Kosmopolit". Philosophie des Weltbürgertums. Aus dem Englischen von Michael Bischoff. Verlag C.H. Beck, München 2007. 222 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Mit Gewinn hat Rezensent Uwe Justus Wenzel diese "Philosophie des Weltbürgertums" von Kwame Anthony Appiah gelesen. Er sieht in dem Autor, den er als "brillanten Kopf" würdigt, einen Kosmopolitismus verkörpert, mit dem er nur sympathisieren kann. Eingehend zeichnet er den Gang der Gedanken nach und nennt die beiden zentralen Komponenten von Appiahs Weltbürgertum - "universelle Sorge um andere" und "Achtung vor legitimen Unterschieden". Überzeugend scheint Wenzel auch Appiahs Distanzierung von einem wertneutralen Relativismus und einen Multikuluralismus, der auf Gleichgültigkeit hinaus läuft, sowie seine Kritik an der These vom Kampf der Kulturen und am Gegenkosmopolitismus der Fundamentalisten. Wenzel hält das Buch nicht nur wegen seiner Begriffsklärungen für nützlich. Auch wegen einer ausführlichen Antwort auf die Frage, was wir Fremden nun wirklich schulden. Wenzels resümierende Kurzfassung dieser Antwort lautet: "Wir schulden ihnen nicht alles, aber etwas mehr, als wir zunächst und zumeist glauben."

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