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Der Mythos einer militärischen Elite, die dem verachteten "Gefreiten" Hitler nur widerwillig Gehorsam leistete, ist mit diesem Buch endgültig zerbrochen. Die "saubere Wehrmacht" hat es nie gegeben. Hitler brauchte nichts zu befehlen. Im "größten Feldherrn aller Zeiten" fand die Wehrmacht den willigen Vollstrecker der eigenen Pläne. Werkzeug Hitler - Der "Führer" und seine Generäle Im Frühjahr 1994 reiste Carl Dirks zum Bundesarchiv nach Koblenz. Was er dort entdeckte - und nach abenteuerlicher detektivischer Suche in Washington fand -, war nichts weniger als der Beweis, dass es die "saubere…mehr

Produktbeschreibung
Der Mythos einer militärischen Elite, die dem verachteten "Gefreiten" Hitler nur widerwillig Gehorsam leistete, ist mit diesem Buch endgültig zerbrochen. Die "saubere Wehrmacht" hat es nie gegeben. Hitler brauchte nichts zu befehlen. Im "größten Feldherrn aller Zeiten" fand die Wehrmacht den willigen Vollstrecker der eigenen Pläne. Werkzeug Hitler - Der "Führer" und seine Generäle Im Frühjahr 1994 reiste Carl Dirks zum Bundesarchiv nach Koblenz. Was er dort entdeckte - und nach abenteuerlicher detektivischer Suche in Washington fand -, war nichts weniger als der Beweis, dass es die "saubere Wehrmacht" nie gegeben hat. Sein Fund, ein geheimes Reichswehrdokument, definiert das Verhältnis von Wehrmacht und Naziregime vollkommen neu. Der Marsch in den Zweiten Weltkrieg begann nicht mit der Machtergreifung Hitlers, sondern zehn Jahre zuvor. Bereits in den Jahren 1923-1925 entwickelte die Reichswehr konspirativ einen Nachrüstungsplan, der ein Heer von 2,8 Millionen Mann, kommandi ert von 252 Generälen, vorsah. Das Verblüffende: 1939 zieht die Wehrmacht mit eben dieser Mannschaftsstärke und 252 Generälen in den Krieg. Detailliert analysieren die Autoren die geheimen Rüstungsprogramme. Sie schildern die Idee einer Volksmiliz, die in der Ausbildung der SA durch die Reichswehr mündete; schließlich den politischen Durchbruch des Revanchegedankens, als Hitler der Reichswehr alles konzediert, was sie sich wünscht: Wehrpflicht, Beseitigung der Demokratie, Tod für Landesverräter, Rüstung als Arbeitsbeschaffungsprogramm. Hitler brauchte nichts zu befehlen. Die Logistik des künftigen Krieges, einschließlich der Angriffsplanungen im Westen und Osten, lag bereits ausgearbeitet in den Schubladen. Nach 1945 erfand man den inneren Widerstand. Trotz Geiselerschießungen, Kommissarbefehl und Massakern an Zivilisten und Juden, behauptete man einen Gegensatz zwischen Wehrmacht und Naziregime. Gegen den "Dilettanten" Hitler wurde die Professi onalität des eigenen Handwerks, gegründet auf preußische Tugenden und soldatische Ehrbegriffe, beschworen. Es waren freilich die Generäle, die "ihre" Soldaten ohne Winterbekleidung und -ausrüstung in die russischen Steppen schickten, grobe Planungsfehler im logistischen und strategischen Bereich produzierten und eine Verachtung des Gegners an den Tag legten, die letztlich zur Katastrophe führte. Der Mythos einer militärischen Elite, die dem verachteten "Gefreiten" Hitler nur widerwillig Gehorsam leistete, ist mit diesem Buch endgültig zerbrochen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.1999

Geschichte auf den Kopf gestellt
Ein Versuch, Hitler nachräglich aus der Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs herauszupräparieren

Carl Dirks, Karl-Heinz Janßen: Der Krieg der Generäle. Hitler als Werkzeug der Wehrmacht. Propyläen Verlag 1999. 304 Seiten, 39,80 Mark.

Die Mitverantwortung der Wehrmachtführung an Hitlers Kriegen ist bereits in den Jahren 1945 bis 1948 im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess sowie im OKW-Prozess aufgedeckt und in aller Öffentlichkeit zur Sprache gebracht worden. Die Forschung hat diese Urteile im wesentlichen bestätigt, gleichzeitig aber auch das Wissen über die vielschichtige Beziehung zwischen Wehrmacht und Nationalsozialismus erheblich erweitert und präzisiert. Das ist nötig, denn schon bei der militärischen Elite waren die individuellen Abweichungen groß; immerhin erreichten zwischen 1933 und 1945 exakt 3191 Soldaten einen Generalsrang. Deren differenzierte Bewertung ist also mehr als nur ein Akt persönlicher Fairness. Sie trägt der Größe dieser Gruppe ebenso Rechnung wie der politisch-militärischen Bedeutung, welche die Generalität zweifellos besaß, weit über die Organisation Wehrmacht hinaus.

Aber wie groß war diese Bedeutung? Zu dieser Frage haben nun der pensionierte Hamburger Schiffffahrtskaufmann Carl Dirks und Karl-Heinz Janßen, langjähriger Ressortleiter ("Zeitläufte") bei der "Zeit", ein Buch vorgelegt, das "den Mythos einer militärischen Elite, die dem verachteten ,Gefreiten' Hitler nur widerwillig Gehorsam leistete", endgültig zerstören soll. In zwölf wenig systematischen, lose miteinander verbundenen Kapiteln und einem nicht minder dünnen Dokumententeil wird hier der Eindruck erweckt, Hitler sei nicht mehr gewesen als ein "Werkzeug der Wehrmacht" - so der plakative Untertitel.

Als Beweis dienen den beiden Autoren einige Dokumente, von denen sie behaupten, es handle sich um "neue Archivfunde", obwohl ihnen schon ein flüchtiger Blick in die einschlägige Literatur gezeigt hätte, dass diese größtenteils der zeitgeschichtlichen Forschung längst bekannt sind. Eine umfassende Auseinandersetzung mit deren Ergebnissen scheint ihnen freilich kaum nötig. Denn für diese Forschung sei es unvermeidlich gewesen - so das dekouvrierende Eingeständnis der beiden Wehrmacht-Historiker - , "dass bei der ungeheuren Fülle an Dokumenten nicht

alle Detailinformationen oder Nebenakten gebührend gewürdigt werden konnten". An die Marginalien haben sich Dirks und Janßen also gehalten, und die Schlüsse, die sie daraus ziehen, sind dementsprechend.

Nach ihrem Verständnis fällt der eigentliche Sündenfall weit in die Zeit vor 1933, in den Februar 1924, als einige Stabsoffiziere im Truppenamt den "Großen Plan" entwickelten. Dieser sah vor, die auf 115 000 Mann reduzierte Reichswehr ab 1931 zügig auf 102 Divisionen, auf maximal 2,8 Millionen Soldaten, zu erweitern. Dass Planungen eine Sache sind, ihre Umsetzung in der harten politischen Wirklichkeit eine ganz andere, scheint keiner Erwähnung wert. Dabei hat Michael Geyer bereits 1980 in einer fundamentalen Studie über die Rüstungsplanungen der Reichswehr darauf hingewiesen, dass die Reichswehrführung Wunschbilder wie diesen angeblichen "Masterplan" schnell ad acta legte. Anders indes Dirks und Janßen: Sie ziehen eine mehr oder weniger direkte Linie vom Februar 1924 bis zum September 1939 und erkennen in den Militärs die eigentlichen Drahtzieher des Zweiten Weltkriegs. Die komplizierte Dialektik zwischen ziviler und militärischer Politik, unter der sich die deutsche Aufrüstung bis 1939 tatsächlich vollzog, bleibt unbeachtet. Statt dessen geben sich die Autoren mit einer schlichten Zahlenkoinzidenz zufrieden: "Das verblüffende an dieser Geheimstudie: Am 1. September 1939 . . . steht das deutsche Heer tatsächlich mit 102 Divisionen bereit!"

Die Planungsarbeit, auf dem Gebiet der Operationen wie dem der Rüstung, ist Aufgabe jeden Generalstabs. Obwohl sie der Reichswehrführung offiziell verboten war, besaß das doch die stillschweigende Billigung der meisten Weimarer Parteien, bis weit in die SPD. Und obwohl sich eigentlich denken lässt, dass die Verwirklichung dieser Pläne teuer wurde, widmen die Autoren diesem Aspekt gleich mehrere Kapitel. Dabei geht es doch eigentlich um eine ganz andere, viel wichtigere Frage, um die der historischen Kontinuitäten und Diskontinuitäten. Verlief der Weg in den Zweiten Weltkrieg, wie ihn die deutsche militärische Führung verfolgt haben soll, tatsächlich so geradlinig, gab es denn nirgendwo Zäsuren, Umwege oder Brüche, und vor allem: Welche Rolle spielte bei alldem eigentlich Hitler? Auch er war, wie wir jetzt erfahren dürfen, nur ein Produkt der Militärs: "Die Wehrmacht, so 1926 der Hauptmann Friedrich Fromm, halte es für ihre politische Aufgabe, den richtigen Mann an den richtigen Platz zu stellen. Die Präsidialkanzler Brüning, von Papen und von Schleicher waren allesamt Revisionisten, mit denen die Wehrmacht ihre Ziele hätte erreichen können. Zu guter Letzt entschied man sich doch für den ,Böhmischen Gefreiten' Adolf Hitler (,Der Vater dieses Mannes ist der Krieg', so Stauffenberg) und machte ihn zum ,Durch-Führer' der Großrüstung."

So einfach war das. Bliebe nur noch nachzutragen, dass die NSDAP in den Juli- und November-Wahlen des Jahres 1932 zur mit Abstand stärksten Partei geworden war (37,4% bzw. 33,1%) und dass die Arbeiten über die nationalsozialistische Machtergreifung, wahrlich kein monokausales Ereignis, mittlerweile ganze Bibliotheken füllen.

Auch an der Entfesselung des Zweiten Weltkriegs sei - wir ahnen es schon - allein die Wehrmachtführung schuld. Wegen der galoppierenden Rüstungskosten sei den Militärs, mit Blick auf die Beute, nur noch die Flucht nach vorn geblieben. Aber auch die abnormen Schiffsbauten der Kriegsmarine hätten Großbritannien in einen Präventivkrieg getrieben. Zweifellos haben diese beiden Faktoren die Lage bis zum Sommer 1939 verschärft, wobei ihr genauer Stellenwert umstritten ist. Kein Zweifel besteht allerdings darüber, dass letzten Endes allein außenpolitische Faktoren (und die dahinter liegenden weltanschaulichen Motive) den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs herbeigeführt haben. Von ihnen ist bei Dirks und Janßen nicht die Rede.

Dass schließlich die Wehrmachtsgeneralität, allen voran der Generalstabschef des Heeres Franz Halder, auch für die Ausweitung des europäischen Krieges zum Weltkrieg die Verantwortung tragen soll, kann eigentlich kaum noch überraschen. Denn Halder habe mit seinem ominösen Plan "Otto" noch vor Hitler die Wendung der Wehrmacht gegen die Sowjetunion eingeleitet. "Weder Hitler noch die Russen haben es durchschaut", so die Autoren.

Die Forschung aber schon. Bereits 1965 hat Andreas Hillgruber in seiner bahnbrechenden Studie über Hitlers Strategie darauf aufmerksam gemacht, dass die Wehrmachtführung schon im Juni 1940, unmittelbar nach Ende des Westfeldzugs, aber noch vor der offiziellen Beauftragung durch Hitler über eine Herbstoffensive gegen die Sowjetunion nachgedacht hat. Daran beteiligt war nicht allein der Generalstab des Heeres, sondern auch das OKW und die Seekriegsleitung. Nach der wenig überzeugenden Vorstellung der Heeresführung im Vorfeld des Westfeldzugs ging es hier aber um einen Akt des vorauseilenden Gehorsams, und zwar unter der Prämisse eines unmittelbar bevorstehenden Friedensschlusses mit Großbritannien. Erst am 22. Juli 1940, mit der Erklärung des britischen Außenministers Lord Halifax, war klar, dass der Krieg im Westen weitergehen würde. Die Vorbereitungen für einen Feldzug im Osten liefen dann auftragsgemäß weiter, doch war der Heeresführung noch am 28. Januar 1941 der "Sinn nicht klar", den "Barbarossa" haben sollte, so lange der Krieg im Westen stagnierte. Für das Geschehen in den Führungsstäben haben Dirks und Janßen freilich nur wenig Interesse, sie ziehen es vor, ihre Interpretation allein mit den Akten einer einzigen Armee, der 18., zu belegen, die - in der Tat - ab Juni 1940 ins Generalgouvernement verlegt worden war. Einen fest umrissenen Offensivauftrag gab es damals jedoch noch nicht. Man sollte zwischen den unverbindlichen Planspielen und den konkreten Aufmarschanweisungen eines Generalstabs unterscheiden können!

Die Verbrechen der Wehrmacht dürfen natürlich in einer Studie wie dieser nicht fehlen. Das OKW und die Oberkommandos der drei Teilstreitkräfte haben hier viel zu verantworten, wenn auch in unterschiedlich starkem Maße. Das ist mittlerweile ebenso unstrittig wie die Tatsache, dass Figuren wie der Generalquartiermeister Eduard Wagner zweifelsohne zur "borderline" des militärischen Widerstands gehörten. Doch frappiert, wie leichtfertig und unreflektiert hier diese Vorwürfe pauschaliert und selbst auf Leute wie Tresckow, Stülpnagel und auch Hoepner ausgedehnt werden. Auch der 20. Juli fällt schließlich unter das Verdikt der Autoren, die - fern von der Lebenswirklichkeit des deutschen Widerstands - all das aufzählen, was "der" Generalstab bei seinem Attentat hätte besser machen können. "Dilettanten gegen Hitler", könnte dieses Kapitel lauten, doch ist dieser Titel schon an eine einschlägig bekannte rechtsradikale Darstellung vergeben.

Dirks und Janßen haben versucht, ein Buch über die Generäle Hitlers zu schreiben, ohne Hitler zu erwähnen. Das ist vermutlich das Kernproblem dieser Arbeit, sieht man einmal von ihren übrigen Schwächen ab. Mit ihren Thesen stellen die beiden Autoren die Dinge gewissermaßen auf den Kopf: Dass die Spitzen der Wehrmacht sich, die Armee, und damit schließlich auch das Deutsche Reich mehr oder weniger freiwillig dem Diktator ausgeliefert haben, darin liegt ihre eigentliche Schuld mit all ihren bekannten Folgen, die weit über Deutschlands Grenzen hinaus gingen. Ohne Hitler bleibt dieser Prozess jedoch unverständlich.

Zeit- und Militärgeschichte scheinen allmählich zu einem Selbstbedienungsladen zu verkommen, aus dem sich jeder nach Belieben bedienen darf. Gerade beim Thema Wehrmacht hat es sich offensichtlich herumgesprochen, dass sich der Aufwand einer differenzierten Auseinandersetzung kaum noch lohnt.

CHRISTIAN HARTMANN

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