Trotz einer langen geistesgeschichtlichen Tradition der Hegung und Begrenzung von Gewalt ist Krieg offensichtlich ein "erfolgreiches Konzept", das sich als Interaktion immer wieder gegen andere Handlungsoptionen durchsetzt. Im Kontrast zu herkömmlichen Ansätzen der Kriegsursachenforschung, Konflikttheorien und auch philosophischen Positionen wird die These vertreten, dass sich der Krieg als "Urschrift" eines Verrats, eines Missbrauchs und einer Auslöschung der Sprache bedient. Mit einer eigenen Semantik und Syntaktik durchkreuzt er Rechts- und Friedensformen. Seine Dynamik entfaltet er in vielfältigen Pendelbewegungen, seine Matrix sorgt für die Inauguration einer kriegerischen Ordnung als Kultur des Kriegs, und seine Diabolik bewirkt, dass der Krieg als Urschrift seine Spuren im Opfer hinterlässt und den sozialen Konjunktiv eines Friedens zerstört.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Eine "wegweisende Studie" erblickt Rezensent Alfred Hirsch in Antje Kapusts Arbeit "Der Krieg und der Ausfall der Sprache", die um den Zusammenhang von Sprache und Krieg kreist. Exemplarisch werde dieser Zusammenhang in der Begegnung zweier Menschen, in der die Menschlichkeit sich darin zeige, dass der Andere angesprochen werde, während das Ausbleiben der Ansprache die Möglichkeit des Krieges eröffne. Hirsch hebt hervor, dass es der Philosophin nicht um die "so bekannte wie oberflächliche Gegenüberstellung" von gewaltloser Sprache und sprachloser Gewalt geht. Denn in dieser dualistische Gegenüberstellung weise nichts auf Geschehen und die Bewegung hin, die entweder zur Gewalt oder zum Gespräch führen. Stattdessen orte Kapust die Genealogie des Krieges irgendwo zwischen Gewalt und Gespräch und spreche von einer "Sprache vor der Sprache in Form des eschatologischen Friedens". Damit sei ein Zustand gemeint, der vor der Annahme eines ursprünglichen und ersten Krieges zwischen den Menschen liege - schließlich beweise nichts die seit Hobbes zementierte Annahme, dass der Andere von Beginn an als potenzieller Feind zu betrachten sei.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH