DER KRONPRINZ UND DIE NAZIS
Wilhelm von Preußen präsentierte sich gern in Uniform mit Hakenkreuzbinde und im Tête-à-Tête mit Nazigrößen. Dass er für die NSDAP und Hitler eintrat, ist unstrittig. Aber eine nennenswerte Rolle auf dem Weg zur "Machtergreifung" der Nationalsozialisten will er dennoch nicht gespielt haben. In diesem Buch geht der Historiker Jürgen Luh akribisch genau der Absicht und dem Tun Wilhelms auf den Grund.
Über die Hohenzollern und die Frage, ob sie dem Aufstieg des Nationalsozialismus "erheblichen Vorschub" geleistet haben, ist eine heftige Kontroverse entbrannt. In ihrem Zentrum steht der Exkronprinz Wilhelm von Preußen, dessen öffentliches Auftreten in der Zeit von 1932 bis 1934 auch rechtlich für die Klärung dieser Frage von erheblicher Bedeutung ist. Jürgen Luh, ein ausgewiesener Kenner des Themas, setzt sich in präzisen, ganz aus den Quellen gearbeiteten Einzelstudien mit dem Verhalten des Exkronprinzen auseinander und zeigt an belastbaren Beispielen, wie Wilhelm öffentlichkeitswirksam nicht nur für ein Zusammenwirken der alten Eliten mit dem Nationalsozialismus, sondern auch für den "Führerstaat" Hitlers eintrat
Zur Debatte um die Hohenzollern Ein öffentlicher Mann - Exkronprinz Wilhelm und der Aufstieg des Nationalsozialismus Mit einem Vorwort von Georg Herbert (ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht) und Stephan Malinowski ("Die Hohenzollern und die Nazis")
Wilhelm von Preußen präsentierte sich gern in Uniform mit Hakenkreuzbinde und im Tête-à-Tête mit Nazigrößen. Dass er für die NSDAP und Hitler eintrat, ist unstrittig. Aber eine nennenswerte Rolle auf dem Weg zur "Machtergreifung" der Nationalsozialisten will er dennoch nicht gespielt haben. In diesem Buch geht der Historiker Jürgen Luh akribisch genau der Absicht und dem Tun Wilhelms auf den Grund.
Über die Hohenzollern und die Frage, ob sie dem Aufstieg des Nationalsozialismus "erheblichen Vorschub" geleistet haben, ist eine heftige Kontroverse entbrannt. In ihrem Zentrum steht der Exkronprinz Wilhelm von Preußen, dessen öffentliches Auftreten in der Zeit von 1932 bis 1934 auch rechtlich für die Klärung dieser Frage von erheblicher Bedeutung ist. Jürgen Luh, ein ausgewiesener Kenner des Themas, setzt sich in präzisen, ganz aus den Quellen gearbeiteten Einzelstudien mit dem Verhalten des Exkronprinzen auseinander und zeigt an belastbaren Beispielen, wie Wilhelm öffentlichkeitswirksam nicht nur für ein Zusammenwirken der alten Eliten mit dem Nationalsozialismus, sondern auch für den "Führerstaat" Hitlers eintrat
Zur Debatte um die Hohenzollern Ein öffentlicher Mann - Exkronprinz Wilhelm und der Aufstieg des Nationalsozialismus Mit einem Vorwort von Georg Herbert (ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht) und Stephan Malinowski ("Die Hohenzollern und die Nazis")
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensent Wilhelm von Sternburg empfiehlt wärmstens die Aufsätze des Historikers Jürgen Luh zur Rolle von Ex-Kronprinz Wilhelm von Hohenzollern im Nationalsozialismus und bei der Errichtung des "Dritten Reichs". Für Sternburg besteht spätestens nach dieser Lektüre kein Zweifel mehr an Wilhelms antidemokratischer Gesinnung und seiner skrupellosen Unterstützung Hitlers. Eindrücklich belegt der Autor Wilhelms Einsatz für die NSDAP, so der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.09.2023Ein Influencer, der für Hitler warb
Von propagandistischer Bedeutung: Jürgen Luh schärft das Bild von Wilhelm Prinz von Preußen
Unter dem Titel "Der Kronprinz und die Nazis" hat der Historiker Lothar Machtan voriges Jahr ein Buch über Wilhelm Prinz von Preußen, den Sohn Wilhelms II., publiziert. Die Kritik hat an diesem Auftragswerk, das sich vor allem darum bemüht, das Bild einer politisch peripheren, leichtgewichtigen, ja mediokren Figur zu zeichnen und den Hohenzollern-Prinzen dadurch zu entlasten, kaum ein gutes Haar gelassen. Es steht völlig im Schatten der fast gleichzeitig erschienenen und von den Hohenzollern nicht nur nicht unterstützten, sondern geradezu behinderten Studie von Stephan Malinowski. Dass Machtan das Privatarchiv der Hohenzollern benutzen durfte, verleiht seinem Buch keinerlei analytischen Mehrwert. Für den Versuch, dem ehemaligen Kronprinzen eine wie auch immer geartete Distanz zum Nationalsozialismus zu attestieren, gibt es nach wie vor keine empirische Grundlage.
In der Hohenzollern-Debatte sei das letzte Wort noch nicht gesprochen, behauptet ausgerechnet Machtan gleichwohl weiterhin. Abgesehen von der Merkwürdigkeit, in wissenschaftlichen Zusammenhängen von einem letzten Wort zu sprechen: Machtan selbst hatte die Möglichkeit, gegen das erdrückende Gewicht der Quellen anzuschreiben - es ist ihm nicht gelungen. Dabei zeigen die jetzt in einem kleinen Band zusammengefassten Forschungen von Jürgen Luh, Historiker bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und vor einigen Jahren Kurator der hochgelobten Ausstellung "Friederisiko" über Friedrich den Großen, dass es noch immer neue oder noch nicht hinreichend untersuchte Quellen gibt, die unser Bild des Ex-Kronprinzen Wilhelm gerade in den Jahren um 1933 weiter schärfen. Diese Quellen sind allerdings nicht geeignet, die These von der, wenn überhaupt, marginalen Bedeutung Wilhelms in der Agonie der Weimarer Republik - besser: für ihre Zerstörung - oder in der Frühzeit der nationalsozialistischen Herrschaft 1933/34 zu stützen. Das Gegenteil ist der Fall.
Diejenigen Historiker - viele waren es nicht -, die in der Debatte der vergangenen Jahre den politischen Einfluss und die politische Wirksamkeit des Ex-Kronprinzen herunterzuspielen versuchten, sind immer wieder von der Idee ausgegangen, der Kaisersohn habe nichts anderes im Sinn gehabt als die Restauration der 1918 gestürzten Monarchie, ein wiedererrichtetes Kaisertum der Hohenzollern. Was aber, wenn der ehemalige Kronprinz gar nicht der oberste deutsche Monarchist war, wenn es ihm nicht - oder ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr - um eine erneuerte Monarchie ging, sondern primär und im Schulterschluss mit anderen rechtskonservativen und rechtsradikalen Feinden der Demokratie um die Zerstörung der Republik und ein autoritäres politisches System? Wenn er seine Prominenz und sein monarchisch-dynastisches Charisma, die ihm nach wie vor politische und kulturelle Wirkungsmacht verliehen, jenseits monarchistischer Bestrebungen einzusetzen bereit war?
Jürgen Luh nimmt genau diese Möglichkeit ernst, und er liefert dafür eine Evidenz, die sich nicht vom Tisch wischen lässt. Zu den Quellen, die er heranzieht und mit größter Präzision auswertet, gehören Bilder, Fotografien, die über Jahrzehnte im Schatten von Textquellen standen. Ihre Berücksichtigung verdankt sich nicht nur dem iconic turn der historischen Forschung, sondern auch der Tatsache ihrer heutigen digitalen Verfügbarkeit und Recherchierbarkeit. Als Cover des Machtan-Buchs hat ein Bild vom Stahlhelmtag 1933 in Hannover Verwendung gefunden. Geradezu schrill nachkoloriert, präsentiert es den Kronprinzen in einer Pose, die seine Substanzlosigkeit, ja Lächerlichkeit unterstreichen soll: dandyhaft, wie ein Papagei, unseriös.
Doch es gibt andere Bilder von dem Ereignis, die in der Presse der Zeit weit größere Verbreitung gefunden haben und die auch deshalb für Luhs Interpretation wichtiger sind. Sie zeigen den Ex-Kronprinzen in unmittelbarer Nähe Hitlers; auf einem hat er den rechten Arm zum "deutschen Gruß" erhoben. Noch das kleinste Lokalblatt veröffentlichte diese Bilder, und zusammen mit den Berichten über die Veranstaltung, für die breite Wahrnehmung aber noch wichtiger, verkündeten sie ein ums andere Mal die gleiche Botschaft: Der deutsche Kronprinz bekennt sich zu Hitler, zu Führerprinzip und Führerstaat.
Ohne politisches Amt oder offizielle Funktion spielte der Kronprinz eine kaum zu überschätzende kommunikative und propagandistische Rolle. Er war ein öffentlicher Mann, und als öffentliche Figur demonstrierte er spätestens seit Anfang 1932 und mindestens bis ins Jahr 1934 seine persönliche und politische Identifikation mit den Zielen des Nationalsozialismus. Als Influencer warb er für den Nationalsozialismus, erst als politische Kraft, dann als Herrschaftsregime. Die mediale Reichweite dieser Auftritte ist heute dank digitaler Zugänglichkeit auch der Provinzpresse klar zu erfassen. Allein schon in dieser Reichweite und Massenverbreitung liegt ihre Wirksamkeit. Die Studien Luhs zeigen das wie unter einer Lupe in detaillierten, empirisch dichten Analysen. Da geht es nicht nur um den "Tag von Potsdam" am 21. März 1933 und die mittlerweile hinlänglich bekannte Präsenz des Ex-Kronprinzen. Es geht neben dem Stahlhelmtag in Hannover um Ereignisse wie den Düsseldorfer "Waffentag der deutschen Kavallerie" im Juli 1933 oder die Einweihung des Langemarck-Denkmals in Naumburg im September.
Natürlich waren die Inszenierungen, für die der Ex-Kronprinz sich zur Verfügung stellte und zu denen er aktiv beitrug, stets auch Selbstinszenierungen. Mit seiner monarchisch-hochadeligen Vergangenheit verfügte er über die Fähigkeit der Repräsentation und Selbstrepräsentation. Hineingewachsen ins Zeitalter der Massenmedien, beherrschte er die Kunst der massentauglichen Theatralität, des Auftritts vor großem Publikum und für die Medien. Auch das verband ihn mit den Nationalsozialisten, denen er sich andiente: keineswegs naiv oder aus instrumentalisierter Eitelkeit, sondern überzeugt von der Ideologie, der Politik und dem Regime, das er unterstützte. Dass das Regime und seine Führungsspitze diese Unterstützung ambivalent einschätzten - ein Foto mit Goebbels wurde erst verbreitet und dann wieder zurückgezogen -, ändert nichts daran, dass man sich der Figur des Kronprinzen bediente, zumindest solange das nützlich erschien. Da ging es nicht um den Ex-Kronprinzen als Person, als Menschen, es ging um das Deutschland, für das er - tatsächlich oder vermeintlich - stand, und um die Deutschen, denen er eine Brücke baute ins "Dritte Reich".
Das Buch deutet nur an, auch in dem knappen Vorwort von Stephan Malinowski und dem ehemaligen Bundesverwaltungsrichter Georg Herbert, welche Anstrengungen nicht nur der Ex-Kronprinz selbst und seine Nachkommen, sondern auch juristische und mediale Berater und wissenschaftliche "Experten" nach 1945 unternahmen, um die Spuren des Ex-Kronprinzen aus der Zeit um 1933 zu verwischen und die Erinnerung, auch die öffentliche, an sein Handeln zu tilgen. Das ist über lange Zeit gelungen und war eine Voraussetzung für das ebenso selbst- wie erfolgsgewisse Handeln der Familie von Preußen im Zusammenhang mit den seit den Neunzigerjahren betriebenen und in den vergangenen zehn Jahren forcierten Rückgabe- und Entschädigungsforderungen. Am Ende der Debatte und des Rechtsstreits, das zeigen auch die Forschungen von Jürgen Luh, steht ironischerweise neues Wissen über die Hohenzollern und die Nazis. Zumindest aber wissen wir heute wieder das, was die Zeitgenossen wussten. ECKART CONZE
Jürgen Luh: "Der Kronprinz und das Dritte Reich". Wilhelm von Preußen und der Aufstieg des Nationalsozialismus.
C. H. Beck Verlag, München 2023. 192 S., Abb., br., 18,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Von propagandistischer Bedeutung: Jürgen Luh schärft das Bild von Wilhelm Prinz von Preußen
Unter dem Titel "Der Kronprinz und die Nazis" hat der Historiker Lothar Machtan voriges Jahr ein Buch über Wilhelm Prinz von Preußen, den Sohn Wilhelms II., publiziert. Die Kritik hat an diesem Auftragswerk, das sich vor allem darum bemüht, das Bild einer politisch peripheren, leichtgewichtigen, ja mediokren Figur zu zeichnen und den Hohenzollern-Prinzen dadurch zu entlasten, kaum ein gutes Haar gelassen. Es steht völlig im Schatten der fast gleichzeitig erschienenen und von den Hohenzollern nicht nur nicht unterstützten, sondern geradezu behinderten Studie von Stephan Malinowski. Dass Machtan das Privatarchiv der Hohenzollern benutzen durfte, verleiht seinem Buch keinerlei analytischen Mehrwert. Für den Versuch, dem ehemaligen Kronprinzen eine wie auch immer geartete Distanz zum Nationalsozialismus zu attestieren, gibt es nach wie vor keine empirische Grundlage.
In der Hohenzollern-Debatte sei das letzte Wort noch nicht gesprochen, behauptet ausgerechnet Machtan gleichwohl weiterhin. Abgesehen von der Merkwürdigkeit, in wissenschaftlichen Zusammenhängen von einem letzten Wort zu sprechen: Machtan selbst hatte die Möglichkeit, gegen das erdrückende Gewicht der Quellen anzuschreiben - es ist ihm nicht gelungen. Dabei zeigen die jetzt in einem kleinen Band zusammengefassten Forschungen von Jürgen Luh, Historiker bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und vor einigen Jahren Kurator der hochgelobten Ausstellung "Friederisiko" über Friedrich den Großen, dass es noch immer neue oder noch nicht hinreichend untersuchte Quellen gibt, die unser Bild des Ex-Kronprinzen Wilhelm gerade in den Jahren um 1933 weiter schärfen. Diese Quellen sind allerdings nicht geeignet, die These von der, wenn überhaupt, marginalen Bedeutung Wilhelms in der Agonie der Weimarer Republik - besser: für ihre Zerstörung - oder in der Frühzeit der nationalsozialistischen Herrschaft 1933/34 zu stützen. Das Gegenteil ist der Fall.
Diejenigen Historiker - viele waren es nicht -, die in der Debatte der vergangenen Jahre den politischen Einfluss und die politische Wirksamkeit des Ex-Kronprinzen herunterzuspielen versuchten, sind immer wieder von der Idee ausgegangen, der Kaisersohn habe nichts anderes im Sinn gehabt als die Restauration der 1918 gestürzten Monarchie, ein wiedererrichtetes Kaisertum der Hohenzollern. Was aber, wenn der ehemalige Kronprinz gar nicht der oberste deutsche Monarchist war, wenn es ihm nicht - oder ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr - um eine erneuerte Monarchie ging, sondern primär und im Schulterschluss mit anderen rechtskonservativen und rechtsradikalen Feinden der Demokratie um die Zerstörung der Republik und ein autoritäres politisches System? Wenn er seine Prominenz und sein monarchisch-dynastisches Charisma, die ihm nach wie vor politische und kulturelle Wirkungsmacht verliehen, jenseits monarchistischer Bestrebungen einzusetzen bereit war?
Jürgen Luh nimmt genau diese Möglichkeit ernst, und er liefert dafür eine Evidenz, die sich nicht vom Tisch wischen lässt. Zu den Quellen, die er heranzieht und mit größter Präzision auswertet, gehören Bilder, Fotografien, die über Jahrzehnte im Schatten von Textquellen standen. Ihre Berücksichtigung verdankt sich nicht nur dem iconic turn der historischen Forschung, sondern auch der Tatsache ihrer heutigen digitalen Verfügbarkeit und Recherchierbarkeit. Als Cover des Machtan-Buchs hat ein Bild vom Stahlhelmtag 1933 in Hannover Verwendung gefunden. Geradezu schrill nachkoloriert, präsentiert es den Kronprinzen in einer Pose, die seine Substanzlosigkeit, ja Lächerlichkeit unterstreichen soll: dandyhaft, wie ein Papagei, unseriös.
Doch es gibt andere Bilder von dem Ereignis, die in der Presse der Zeit weit größere Verbreitung gefunden haben und die auch deshalb für Luhs Interpretation wichtiger sind. Sie zeigen den Ex-Kronprinzen in unmittelbarer Nähe Hitlers; auf einem hat er den rechten Arm zum "deutschen Gruß" erhoben. Noch das kleinste Lokalblatt veröffentlichte diese Bilder, und zusammen mit den Berichten über die Veranstaltung, für die breite Wahrnehmung aber noch wichtiger, verkündeten sie ein ums andere Mal die gleiche Botschaft: Der deutsche Kronprinz bekennt sich zu Hitler, zu Führerprinzip und Führerstaat.
Ohne politisches Amt oder offizielle Funktion spielte der Kronprinz eine kaum zu überschätzende kommunikative und propagandistische Rolle. Er war ein öffentlicher Mann, und als öffentliche Figur demonstrierte er spätestens seit Anfang 1932 und mindestens bis ins Jahr 1934 seine persönliche und politische Identifikation mit den Zielen des Nationalsozialismus. Als Influencer warb er für den Nationalsozialismus, erst als politische Kraft, dann als Herrschaftsregime. Die mediale Reichweite dieser Auftritte ist heute dank digitaler Zugänglichkeit auch der Provinzpresse klar zu erfassen. Allein schon in dieser Reichweite und Massenverbreitung liegt ihre Wirksamkeit. Die Studien Luhs zeigen das wie unter einer Lupe in detaillierten, empirisch dichten Analysen. Da geht es nicht nur um den "Tag von Potsdam" am 21. März 1933 und die mittlerweile hinlänglich bekannte Präsenz des Ex-Kronprinzen. Es geht neben dem Stahlhelmtag in Hannover um Ereignisse wie den Düsseldorfer "Waffentag der deutschen Kavallerie" im Juli 1933 oder die Einweihung des Langemarck-Denkmals in Naumburg im September.
Natürlich waren die Inszenierungen, für die der Ex-Kronprinz sich zur Verfügung stellte und zu denen er aktiv beitrug, stets auch Selbstinszenierungen. Mit seiner monarchisch-hochadeligen Vergangenheit verfügte er über die Fähigkeit der Repräsentation und Selbstrepräsentation. Hineingewachsen ins Zeitalter der Massenmedien, beherrschte er die Kunst der massentauglichen Theatralität, des Auftritts vor großem Publikum und für die Medien. Auch das verband ihn mit den Nationalsozialisten, denen er sich andiente: keineswegs naiv oder aus instrumentalisierter Eitelkeit, sondern überzeugt von der Ideologie, der Politik und dem Regime, das er unterstützte. Dass das Regime und seine Führungsspitze diese Unterstützung ambivalent einschätzten - ein Foto mit Goebbels wurde erst verbreitet und dann wieder zurückgezogen -, ändert nichts daran, dass man sich der Figur des Kronprinzen bediente, zumindest solange das nützlich erschien. Da ging es nicht um den Ex-Kronprinzen als Person, als Menschen, es ging um das Deutschland, für das er - tatsächlich oder vermeintlich - stand, und um die Deutschen, denen er eine Brücke baute ins "Dritte Reich".
Das Buch deutet nur an, auch in dem knappen Vorwort von Stephan Malinowski und dem ehemaligen Bundesverwaltungsrichter Georg Herbert, welche Anstrengungen nicht nur der Ex-Kronprinz selbst und seine Nachkommen, sondern auch juristische und mediale Berater und wissenschaftliche "Experten" nach 1945 unternahmen, um die Spuren des Ex-Kronprinzen aus der Zeit um 1933 zu verwischen und die Erinnerung, auch die öffentliche, an sein Handeln zu tilgen. Das ist über lange Zeit gelungen und war eine Voraussetzung für das ebenso selbst- wie erfolgsgewisse Handeln der Familie von Preußen im Zusammenhang mit den seit den Neunzigerjahren betriebenen und in den vergangenen zehn Jahren forcierten Rückgabe- und Entschädigungsforderungen. Am Ende der Debatte und des Rechtsstreits, das zeigen auch die Forschungen von Jürgen Luh, steht ironischerweise neues Wissen über die Hohenzollern und die Nazis. Zumindest aber wissen wir heute wieder das, was die Zeitgenossen wussten. ECKART CONZE
Jürgen Luh: "Der Kronprinz und das Dritte Reich". Wilhelm von Preußen und der Aufstieg des Nationalsozialismus.
C. H. Beck Verlag, München 2023. 192 S., Abb., br., 18,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"In kurzen, prägnant formulierten Kapiteln weist Historiker Luh nach, wie sehr der letzte deutsche Kronprinz und das Haus Hohenzollern an der Etablierung nationalsozialistischer Herrschaft 1933 beteiligt waren."
taz FUTURZWEI, Andreas Fanizadeh
"Das juristische Urteil wird es nach Einstellung des Verfahrens am Potsdamer Verwaltungsgerichts nun nicht mehr geben. Zum historischen Urteil tragen Jürgen Luhs vertiefenden Detailstudien erheblich bei."
Süddeutsche Zeitung, Lothar Müller
"Jürgen Luh gelingt es, in seinen insgesamt sechs Miniaturen die Wirkmächtigkeit der Figur des Exkronprinzen präzise zu beleuchten."
Deutschlandfunk Andruck, Anja Reinhardt
"Der Potsdamer Historiker und exzellente Hohenzollern-Kenner Jürgen Luh zeigt mit seinem Buch, dass der Ex-Kronprinz durch öffentliche Auftritte und Äußerungen die Regierung Hitler vom 30. Januar 1933 an unterstützte."
Das Parlament, Philipp Austermann
"Eine überzeugende Stellungnahme in einer der spannendsten historischen Kontroversen unserer Tage."
Westfälischer Anzeiger, Jörn Funke
"Luh hingegen kämpft mit scharfem Skalpell gegen jedes Anzeichen jener Legendenbildung um den adlig-militärischen Widerstand."
Tagesspiegel, Konstantin Sakkas
taz FUTURZWEI, Andreas Fanizadeh
"Das juristische Urteil wird es nach Einstellung des Verfahrens am Potsdamer Verwaltungsgerichts nun nicht mehr geben. Zum historischen Urteil tragen Jürgen Luhs vertiefenden Detailstudien erheblich bei."
Süddeutsche Zeitung, Lothar Müller
"Jürgen Luh gelingt es, in seinen insgesamt sechs Miniaturen die Wirkmächtigkeit der Figur des Exkronprinzen präzise zu beleuchten."
Deutschlandfunk Andruck, Anja Reinhardt
"Der Potsdamer Historiker und exzellente Hohenzollern-Kenner Jürgen Luh zeigt mit seinem Buch, dass der Ex-Kronprinz durch öffentliche Auftritte und Äußerungen die Regierung Hitler vom 30. Januar 1933 an unterstützte."
Das Parlament, Philipp Austermann
"Eine überzeugende Stellungnahme in einer der spannendsten historischen Kontroversen unserer Tage."
Westfälischer Anzeiger, Jörn Funke
"Luh hingegen kämpft mit scharfem Skalpell gegen jedes Anzeichen jener Legendenbildung um den adlig-militärischen Widerstand."
Tagesspiegel, Konstantin Sakkas