In seinem Welterfolg schildert Giuseppe Tomasi di Lampedusa mit schöpferischer Sprachgewalt den Untergang eines sizilianischen Adelsgeschlechts zur Zeit Giuseppe Garibaldis und beschwört in dunkel glühenden Farben Schicksale und Zeiten herauf, die für das Ende des alten Europas stehen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2003Lesen!
Bücher, die der Bundeskanzler braucht
Gerhard Schröder macht Ferien zu Hause - da bleibt viel Zeit zum Lesen. Im vergangenen Jahr war seine Urlaubslektüre ein "Buch über die Geschichte Polens". Die Leseliste für dieses Jahr, so hat der Kanzler dem "SZ-Magazin" verraten, müsse er noch "zusammenstellen". Ein paar Tips.
"Zeno Cosini" von Italo Svevo. Die Zeit im Triest des Italo Svevo vergeht fast so zäh, wie sie in der sogenannten Berliner Republik vergeht, was allerdings Zeno Cosini wenig stört: Der zeigt selbst als Fremdgänger und Ehebrecher eine gewisse Beständigkeit, und seinem Lebensziel, sich das Rauchen abzugewöhnen, kommt er mit jeder Zigarette näher: Er raucht sie, als ob sie seine letzte wäre. (Rowohlt, 9,90 Euro)
"Ein Kampf um Rom" von Felix Dahn. Die leichte Lektüre für richtig heiße Tage: Wie die Germanen schon in der Spätantike nach Italien kamen. Wie sie dort Anstoß erregten wegen ihrer derben Manieren. Und wie sie schließlich vernichtend geschlagen wurden. (Karl-May-Verlag, 12,90 Euro)
"Der Leopard" von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Ein schmaler Roman für eher melancholische Stunden. Der Wind der Geschichte fährt durch das träge Sizilien, und über den berühmtesten Satz des Buches läßt sich bei ein paar Gläsern Rotwein bis tief in die Nacht meditieren: "Wenn alles bleiben soll, wie es ist, dann muß sich alles ändern." (Piper Taschenbuch, 9,90 Euro)
"I, Claudius" von Robert von Ranke-Graves. Das muß er leider im englischen Original lesen, weil es auf deutsch nur eine verstümmelte Digestausgabe gibt. Der Kanzler kann hier lernen, daß die Römer mindestens tausend Jahre mehr Erfahrung im Intrigieren haben; daß Augustus' Herrschaft dadurch so stabil blieb, daß der Kaiser niemals ein Machtwort sprach; und daß die Bewohner Niedersachsens den Bewohnern Roms auch schon vor 2000 Jahren ganz gewaltig auf den Geist gingen. (Penguin Books, 12,34 Euro)
"De oratore / Über den Redner" von Cicero. Das etwas zeitintensivere Studium lohnt sich - bessere Tips zur Gestaltung einer überzeugenden Rede findet man bis heute nicht. (Reclam, 12,60 Euro)
"Die nackten Masken" von Luigi Malerba. Aus diesem großen Sittengemälde aus der Spätrenaissance läßt sich manches erfahren über Korruption und Intrigen. Nach dem Tod des Medici-Papstes Leo X. bangen Künstler, Huren und Kardinäle um ihre Pfründen, und wenn man lange genug hinschaut, dann fallen auch irgendwann die historischen Masken und Kostüme. (Wagenbach Verlag, 20,50 Euro)
"Der Fürst" von Niccolò Machiavelli. Undenkbar, daß der Kanzler diesen Klassiker der politischen Theorie noch nicht gelesen hat. Vermutlich liegt er griffbereit auf dem Nachtschränkchen in Hannover wie im Kanzleramt, weil man natürlich nie genug darüber nachdenken kann, "was das oberste politischen Amt sei, wie viele Arten es davon gibt, wie und wann man es behält, und wie und wann man es verliert". (Insel Verlag, 8 Euro)
"Selbstbetrachtungen" von Mark Aurel. Täglich eine Seite vorm Zubettgehen, das ist die ideale Lektüre-Dosis für die Aphorismensammlung des philosophierenden römischen Kaisers. Der Band gehört schon seit Helmut Schmidts Zeiten zur Bibliothek des Kanzleramts. Und eine Einübung in die stoische Lebenshaltung kann in Zeiten wie diesen nie schaden. (Reclam Verlag, 4,60 Euro)
Zusammengestellt von Peter Körte und Claudius Seidl.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bücher, die der Bundeskanzler braucht
Gerhard Schröder macht Ferien zu Hause - da bleibt viel Zeit zum Lesen. Im vergangenen Jahr war seine Urlaubslektüre ein "Buch über die Geschichte Polens". Die Leseliste für dieses Jahr, so hat der Kanzler dem "SZ-Magazin" verraten, müsse er noch "zusammenstellen". Ein paar Tips.
"Zeno Cosini" von Italo Svevo. Die Zeit im Triest des Italo Svevo vergeht fast so zäh, wie sie in der sogenannten Berliner Republik vergeht, was allerdings Zeno Cosini wenig stört: Der zeigt selbst als Fremdgänger und Ehebrecher eine gewisse Beständigkeit, und seinem Lebensziel, sich das Rauchen abzugewöhnen, kommt er mit jeder Zigarette näher: Er raucht sie, als ob sie seine letzte wäre. (Rowohlt, 9,90 Euro)
"Ein Kampf um Rom" von Felix Dahn. Die leichte Lektüre für richtig heiße Tage: Wie die Germanen schon in der Spätantike nach Italien kamen. Wie sie dort Anstoß erregten wegen ihrer derben Manieren. Und wie sie schließlich vernichtend geschlagen wurden. (Karl-May-Verlag, 12,90 Euro)
"Der Leopard" von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Ein schmaler Roman für eher melancholische Stunden. Der Wind der Geschichte fährt durch das träge Sizilien, und über den berühmtesten Satz des Buches läßt sich bei ein paar Gläsern Rotwein bis tief in die Nacht meditieren: "Wenn alles bleiben soll, wie es ist, dann muß sich alles ändern." (Piper Taschenbuch, 9,90 Euro)
"I, Claudius" von Robert von Ranke-Graves. Das muß er leider im englischen Original lesen, weil es auf deutsch nur eine verstümmelte Digestausgabe gibt. Der Kanzler kann hier lernen, daß die Römer mindestens tausend Jahre mehr Erfahrung im Intrigieren haben; daß Augustus' Herrschaft dadurch so stabil blieb, daß der Kaiser niemals ein Machtwort sprach; und daß die Bewohner Niedersachsens den Bewohnern Roms auch schon vor 2000 Jahren ganz gewaltig auf den Geist gingen. (Penguin Books, 12,34 Euro)
"De oratore / Über den Redner" von Cicero. Das etwas zeitintensivere Studium lohnt sich - bessere Tips zur Gestaltung einer überzeugenden Rede findet man bis heute nicht. (Reclam, 12,60 Euro)
"Die nackten Masken" von Luigi Malerba. Aus diesem großen Sittengemälde aus der Spätrenaissance läßt sich manches erfahren über Korruption und Intrigen. Nach dem Tod des Medici-Papstes Leo X. bangen Künstler, Huren und Kardinäle um ihre Pfründen, und wenn man lange genug hinschaut, dann fallen auch irgendwann die historischen Masken und Kostüme. (Wagenbach Verlag, 20,50 Euro)
"Der Fürst" von Niccolò Machiavelli. Undenkbar, daß der Kanzler diesen Klassiker der politischen Theorie noch nicht gelesen hat. Vermutlich liegt er griffbereit auf dem Nachtschränkchen in Hannover wie im Kanzleramt, weil man natürlich nie genug darüber nachdenken kann, "was das oberste politischen Amt sei, wie viele Arten es davon gibt, wie und wann man es behält, und wie und wann man es verliert". (Insel Verlag, 8 Euro)
"Selbstbetrachtungen" von Mark Aurel. Täglich eine Seite vorm Zubettgehen, das ist die ideale Lektüre-Dosis für die Aphorismensammlung des philosophierenden römischen Kaisers. Der Band gehört schon seit Helmut Schmidts Zeiten zur Bibliothek des Kanzleramts. Und eine Einübung in die stoische Lebenshaltung kann in Zeiten wie diesen nie schaden. (Reclam Verlag, 4,60 Euro)
Zusammengestellt von Peter Körte und Claudius Seidl.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Dass Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman mehr als nur die Vorlage zu Luchino Viscontis Film ist, wird Rainer Moritz mit dieser Übersetzung von Burkhart Kroeber klar. Hier kann er endlich den literarischen Rang erkennen, der in diesem - eigentlich unbestrittenen - Großwerk der Weltliteratur - steckt. Moritz schwärmt von der betörenden Sinnlichkeit, der historischen Komplexität und der Vergeblichkeit, mit der Tomasi die Geschichte um ein sizialianisches Adelsgeschlecht erzählt, das zur Zeit der italienischen Einigung gegen seinen Niedergang kämpft. Ohne direkt in den Vergleich mit anderen Übersetzungen zu gehen, preist er Kroebers Übersetzerleistung überschwänglich. Nicht ganz einverstanden ist Moritz damit, dass Kroeber wieder Passagen in den Roman einfügt, die Tomasi bereits gestrichen hatte. Aber mit großer Dankbarkeit verzeichnet er, dass er von der unglücklichen Entscheidung Abstand genommen hat, dem Roman den deutsch-italienischen Zwitter-Titel "Der Gattopardo" zu geben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Wie Tomasi die Sprachregister wechselt, über welchen Anspielungsreichtum er verfügt und zu welch mitunter kühnen Metaphern er greift, das alles lässt sich in der neuen Übersetzung nun nachvollziehen und gibt Tomasis 'Leopard' eine erstaunliche Frische und Brillanz.« Deutschlandfunk "Büchermarkt" 20200315