Seit die Literaturwissenschaft ihre Aufmerksamkeit auf Phänomene der Rezeption richtet, stehen die Prozesse, die sich bei der Lektüre eines fiktionalen Textes im Leserbewusstsein abspielen, im Zentrum des Interesses. Ihnen geht die vorliegende Arbeit am Beispiel von Max Frischs Romanen "Stiller", "Homo faber" und "Mein Name sei Gantenbein" nach. Dabei wird die Text-Leser-Beziehung, im Gegensatz zu zahlreichen Untersuchungen der Rezeptionsforschung, nicht über reale Leser ergründet, sondern durch die im Text vorgezeichnete Leserrolle. Die wirkungsästhetische Analyse deckt in den drei Romanen eine gemeinsame raffinierte Grundstrategie auf: Indem sie den Leser gezielt in ein Dilemma treiben, verstricken sie ihn mit sanfter Gewalt in die Lektüre. Der Untersuchung erschliesst sich so nicht nur die spezifische Wirkstruktur dreier Texte, deren breite Resonanz - bei der Literaturwissenschaft wie beim Leserpublikum - seit ihrem Erscheinen ungebrochen anhält; die Studie vermittelt darüber hinaus auch prinzipielle Einsichten in die Wirkungsweise von Literatur.
"Diese brillante Zürcher Diss. ist ein Vorbild methodologischer Stringenz. Sie besticht durch analytische Kohärenz, einen ungewöhnlichen pädagogischen Demonstrationsstil, die überzeugende Präzision ihres Begriffsrasters, das klar formulierte hermeneutische Problembewußtsein. Sie kann als Meisterleistung der bisherigen F.-Forschung gelten." (Jean Paul Bier, Germanistik)