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Der junge Krieger Madarejúwa Tenharim ist einer der letzten Herren des Amazonaswaldes. Sein traditionsreiches Volk umfasste einmal mehr als 10000 Menschen, ist aber auf knapp 1000 geschrumpft. 2013 ist ihm der ZEIT-Journalist Thomas Fischermann zum ersten Mal auf einer Expedition begegnet. Seither ist Fischermann mehrfach pro Jahr in die Gegend gereist, wurde als erster Weißer zu heiligen Stätten des Volkes geführt, hat am Leben der Tenharim teilgenommen und hunderte Stunden Interviews geführt und aufgezeichnet - mit Madarejúwa selbst, den Häuptlingen, Heilern und den Stammesältesten."Der…mehr

Produktbeschreibung
Der junge Krieger Madarejúwa Tenharim ist einer der letzten Herren des Amazonaswaldes. Sein traditionsreiches Volk umfasste einmal mehr als 10000 Menschen, ist aber auf knapp 1000 geschrumpft. 2013 ist ihm der ZEIT-Journalist Thomas Fischermann zum ersten Mal auf einer Expedition begegnet. Seither ist Fischermann mehrfach pro Jahr in die Gegend gereist, wurde als erster Weißer zu heiligen Stätten des Volkes geführt, hat am Leben der Tenharim teilgenommen und hunderte Stunden Interviews geführt und aufgezeichnet - mit Madarejúwa selbst, den Häuptlingen, Heilern und den Stammesältesten."Der letzte Herr des Waldes" ist aus der Ich-Perspektive des Protagonisten Madarejúwa erzählt - aufgeschrieben von Thomas Fischermann. Es geht in den Erzählungen des jungen Kriegers auf die Jagd nach Wildschweinen und Affen, in den Kampf mit Jaguaren und Anakondas, an mystische Stätten zu Ritualen und Festen. Fischermanns abenteuerliche Expeditionen mit Tenharim machen begreifbar, was der Wald für den jungen Mann und sein Volk bedeutet: Wenn die Natur stirbt, dann sterben auch sie. Aus dem Wald beziehen sie ihre Nahrung, ihre Naturheilmittel, ihre Identität und Spiritualität. Aus erster Hand erfahren wir von einem uralten Verständnis der Balance zwischen Mensch und Natur.
Autorenporträt
Madarejúwa Tenharim, geb. 1996, ist ein Krieger vom Clan der Mutum und vom Volk der Tenharim. Er wurde ungewöhnlich früh von den Häuptlingen als begabter Bogenschütze entdeckt und erhielt schon mit acht Jahren die Erlaubnis, auf große Tiere wie Tapire und Wildschweine zu schießen. Thomas Fischermann berichtet seit 2013 für die ZEIT aus Südamerika. Zuvor war der studierte Ökonom, Sozial- und Politikwissenschaftler in London und New York sowie Koordinator der internationalen Wirtschaftsberichterstattung. Fischermann erhielt u. a. den Deutschen Journalistenpreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2018

Die Geister haben nichts gegen Smartphones

Zwischen den Welten: Thomas Fischermann lässt einen jungen Indianer aus dem Amazonasbecken von seinem Leben erzählen.

Die Zerstörung der Amazonasregenwälder schreitet trotz der zahllosen Eingaben, die von internationalen Organisationen und Umweltverbänden bereits seit Jahrzehnten gemacht werden, unerbittlich voran. Allein in Brasilien hat man seit der Fertigstellung der Transamazonica in den siebziger Jahren mehr als ein Fünftel der Urwälder abgeholzt. Schnell folgten die Siedler und Großgrundbesitzer mit ihren riesigen Rinderfarmen, Soja- und Maisfeldern. Dem rücksichtslos vorangetriebenen Raubbau droht nicht nur die einmalige Artenvielfalt des Amazonasbeckens zum Opfer zu fallen. Unter ihm leiden auch die Ureinwohner des Landes, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung heute bereits weniger als ein Prozent beträgt.

Die Maßnahmen, die nach dem Sturz der Militärdiktatur zu ihrem Schutz eingeleitet worden sind, haben nur wenig genutzt. Seit die brasilianische Regierung sich unter dem Einfluss einer mächtigen Lobby von Großgrundbesitzern und Baukonzernen wieder für eine forcierte Erschließung der Amazonasregion stark macht, ist auch der Etat der staatlichen Indianerschutzbehörde FUNAI um fast die Hälfte gesunken. Gewalttaten, Überfälle und selbst Morde stehen auf der Tagesordnung. Auf die Zerstörung ihres natürlichen Habitats folgte die Abdrängung der indigenen Bewohner des Amazonasbeckens in Reservate, die nur noch Bruchteile ihres früheren Territoriums ausmachen.

Auf ihre desolate Lage wird eine breitere Öffentlichkeit meist erst dann aufmerksam, wenn sie versuchen, sich gegen ihre Vertreibung selbst gewaltsam zur Wehr zu setzen. Ein solcher Zwischenfall ereignete sich 2013 bei den Tenharim. Mitglieder dieser Guaraní sprechenden ethnischen Gruppe, deren traditionelles Siedlungsgebiet am Rande der transamazonischen Fernstraße liegt, waren beschuldigt worden, drei Holzfäller umgebracht zu haben. Diese Vorwürfe hatten zur Zusammenrottung weißer Lynchmobs geführt, die Dörfer der Tenharim überfielen und in Brand steckten.

Von seiner Zeitung mit Recherchen zu diesem Vorfall beauftragt, gelang es dem in Brasilien lebenden deutschen Journalisten Thomas Fischermann relativ schnell, das Vertrauen der Tenharim zu gewinnen, die er über die vergangenen vier Jahre hin immer wieder besuchte. Bei der Darstellung ihrer Lebensweise hat sich Fischermann für ein ungewöhnliches Verfahren entschieden. Das Buch besteht aus den Erzählungen eines zwanzig Jahre alten Tenharim, die lediglich durch ein paar erläuternde Zwischenkapitel, Kommentare und Fußnoten ergänzt werden. An die Stelle der Außensicht tritt die Innensicht. Madarejúwa Tenharim schildert seine Welt so, wie er selbst sie sieht. Auf diese Weise entsteht das Bild eines Amazonasvolks, das nicht den heute gängigen Stereotypen folgt.

Durch die von den Weißen eingeschleppten Krankheiten und gewaltsamen Auseinandersetzungen auf nur noch ein Zehntel ihrer ursprünglichen Bevölkerungszahl reduziert, haben sich die Tenharim mit ihrer heutigen Situation arrangiert. Dabei sehen sich selbst allerdings nicht als Opfer. Madarejúwas Äußerungen zeigen, wie herablassend es wäre, sie allein aus dieser Perspektive zu betrachten. Der von seinem Großvater in den Traditionen seines Stammes unterwiesene junge Mann ist stolz auf seine Kultur. Mit seinem weißen Gefährten durch den Urwald streifend, macht er ihn auf die Gefahren aufmerksam, die überall auf ihn lauern, seien es Riesen-Anacondas, Alligatoren oder giftige Bäume. Mit Pfeil und Bogen schießt er ihm ein Kapuzineräffchen vom Baum. Beim gemeinsamen Mahl belehrt er ihn darüber, dass die Tenharim nie mehr Wild erlegen, als sie selbst essen können. Seine Kenntnisse über die Fauna und Flora des Urwalds sind enorm. Mit Bedauern stellt er fest, dass das Wissen der Schamanen über die Welt der Tiere, Pflanzen und Geister allmählich in Vergessenheit zu geraten droht.

Mit derselben Selbstverständlichkeit weiß Madarejúwas sich allerdings auch in der Welt der Weißen zu bewegen. Pfeil und Bogen tauscht er gegen sein Smartphone, wenn er sich in deren Siedlungen begibt. Die Schule hat er dort ein paar Jahre besucht. Mit der Reparatur von Motorrollern kennt er sich aus, und auch die Hollywoodproduktionen sind ihm vertraut, die über das Satellitenfernsehen zu empfangen sind. Die verächtliche Haltung der Holzfäller und Siedler kümmert ihn wenig. Die Tenharim haben inzwischen gelernt, sich der technischen Möglichkeiten zu bedienen. Kommt es zu illegalen Abholzungen, rufen sie mit ihren Mobiltelefonen die Behörden an. Auch bei gewalttätigen Übergriffen werden auf diesem Weg Polizei, Militär und Medien schnell benachrichtigt.

Mit Hilfe der Erzählungen seines einheimischen Protagonisten entwirft Fischermann ein anschauliches und realistisches Porträt dieser indigenen Volksgruppe. Die Tenharim sind für ihn weder edle Wilde, die sich dem Einfluss der Zivilisation entgegenstellen, noch "Naturvölker", die ihr bald zum Opfer gefallen sein werden. Vielmehr erscheinen sie als selbstbewusste Akteure, die in dem großen Spiel um Macht und ökonomische Ressourcen, das so lange zu ihren Lasten ausging, endlich auch ihre Rolle gefunden haben. Wer hinter dem allzu plakativen Buchtitel einen "letzten Mohikaner" à la James Fenimore Cooper vermutet, wird ihn nicht finden. Madarejúwa lebt zwischen den Welten. Und wie viele andere Männer seines Alters träumt auch er davon, einmal São Paulo, New York oder auch Paris besuchen zu können. Doch in seinen Wald würde er immer wieder zurückkehren.

So stimmt Fischermanns Buch letztlich dann doch optimistisch. Zurückdrehen lassen wird das Rad sich nicht. Doch wie es scheint, haben die Indigenen der brasilianischen Urwälder inzwischen so viel Widerstandskraft entwickelt, dass sie sich ihren Platz in der Gesellschaft nicht mehr werden nehmen lassen.

KARL-HEINZ KOHL

Madarejúwa Tenharim und Thomas Fischermann, "Der letzte Herr des Waldes". Ein Indianerkrieger aus dem Amazonas erzählt von der Zerstörung seiner Heimat und von den Geistern des Urwalds.

Verlag C. H. Beck, München 2018. 206 S., Abb., br., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ein faszinierender Einblick in eine andere Welt (...) Das Buch ist unterhaltsam geschrieben, versetzt uns in eine andere, naturnahe Welt und macht eines klar: Rettet den Amazonas!"
Handelsblatt, Thomas Jahn

"Eine atmosphärisch dichte, empirisch gesättigte und nicht zuletzt menschlich zutiefst berührende Erzählung."
Hartmut Buchholz, Badische Zeitung, 6. Juni 2018

"Diese poetische, sachliche und hautnahe Lebensgeschichte gibt einen Einblick in eine uns sehr fremde Welt und sagt mehr als jeder Klimabericht. Lasst uns den Amazonas retten!"
Britta Maschek, ZEIT online, 29. April 2018

"Ein anschauliches und realistisches Porträt dieser indigenen Volksgruppe."
Karl-Heinz Kohl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. April 2018

"Sehr bewegendes Buch."
Stephan Klemm, Kölner Stadt-Anzeiger, 25. März 2018

"In dem Buch stecken unglaublich viele Stunden Interview, insgesamt entstanden über mehrere Jahre. (...) Ehrlich gesagt hat mich das Buch beim Lesen auch ein bisschen traurig gemacht. Der Herr des Waldes - der ja zu verschwinden droht."
Petra Rieß, NDR-Hörfunk

"Wie kann man eine untergehende Welt verstehen? 2013 schickte das ZEITmagazin Thomas Fischermann ins Amazonasgebiet, um über den Konflikt zwischen weißen Baumfällern und dem Volk der Tenharim zu berichten. Mehrere Tage benötigte Fischermann, um vom ZEIT-Büro in Rio de Janeiro aus anzureisen. Die Begegnung mit einem jungen Indianerkrieger ließ ihn nicht mehr los."
Die ZEIT

"Ein Weckruf (...) kein verklärter, sondern ein nüchterner Blick, ein Heimatbuch der anderen Art."
Georg Ismar, dpa Basisdienst, 9. März 2018

"Was nach Grimms Märchen, Avatar oder Lederstrumpf klingt, ist der Titel eines alles andere als romantischen Dokumentarbuches. Beschrieben wird das Leben eines mit der Natur auf Du und Du stehenden Bewohners des Amazonas-Urwaldes."
Max Moor, ARD

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