'Haile Selassie, Kaiser von Äthiopien, war eine der bedeutendsten politischen Gestalten des 20. Jahrhunderts. Sein Großneffe Prinz Asfa-Wossen Asserate, der seit langem in Deutschland lebt, hat ihn noch persönlich gekannt und verfügt über exklusiven Zugang zum Familienarchiv. Er legt nun die erste fundierte, umfassende Biographie Haile Selassies vor, zugleich ein großartiges Porträt der faszinierenden Geschichte seines Heimatlandes.
Er war Nachkomme eines Geschlechts, das sich auf König Salomon zurückführt, Vorreiter der afrikanischen Einheit und Unabhängigkeit, Verbündeter der Alliierten gegen die faschistischen Achsenmächte und Messias der jamaikanischen Rastafari-Bewegung. Er war Reformer und Autokrat, der am Ende von kommunistischen Putschisten gestürzt und ermordet wurde. Haile Selassie, König der Könige, war eine ebenso beeindruckende wie schillernde Persönlichkeit, die Prinz Asserate glänzend zu porträtieren weiß.
Er war Nachkomme eines Geschlechts, das sich auf König Salomon zurückführt, Vorreiter der afrikanischen Einheit und Unabhängigkeit, Verbündeter der Alliierten gegen die faschistischen Achsenmächte und Messias der jamaikanischen Rastafari-Bewegung. Er war Reformer und Autokrat, der am Ende von kommunistischen Putschisten gestürzt und ermordet wurde. Haile Selassie, König der Könige, war eine ebenso beeindruckende wie schillernde Persönlichkeit, die Prinz Asserate glänzend zu porträtieren weiß.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Dass der Autor der Großneffe des hier Dargestellten ist, könnte ein Problem sein, ist es laut Jochen Hieber aber nicht. Denn Prinz Asfa-Wossen Asserate zeichnet seinen Großonkel, dem sein Vater und Großvater ergeben gedient hatten, kühl reportierend und mit souveräner Autonomie, wie Hieber versichert. Sympathie lässt der Autor zwar dennoch erkennen, doch Akkuratesse und nüchterne Sachlichkeit bestimmen, so Hieber, den Ton der Biografie, sogar dann, wenn der Autor den Kampf um die Macht in Äthiopien schildert oder den unermesslichen Glanz der lange währenden Herrschaft seines Verwandten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.2014Märchenkaiser und Albtraum Äthiopiens
Hier schreibt der Großneffe: Asfa-Wossen Asserate hat Haile Selassie eine souveräne Biographie gewidmet
Ein Märchenkaiser aus dem Lande Exotistan: Bis weit in die sechziger Jahre hinein vermittelten die Illustrierten der alten Bundesrepublik dieses Bild des äthiopischen Herrschers Haile Selassie nur allzu gern - und die Leser von längst untergegangenen Magazinen wie "Quick", "Kristall" und "Revue" oder inzwischen mehrfach renovierten Wochenblättern wie dem "Stern" und der "Bunten" dankten es ihnen. Zusammen mit Reza Pahlewi, dem Schah von Persien, und der Kaiserin Farah Diba bildete Haile Selassie das Triptychon einer unerreichbar fernen, unermesslich reichen und auch deshalb vollkommen heilen Welt hochadliger Würde und Prachtentfaltung.
1954 war er, wie sein Biograph Asfa-Wossen Asserate jetzt in Erinnerung ruft, nicht nur das allererste ausländische Staatsoberhaupt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, das der jungen Bundesrepublik einen Besuch abstattete, sondern auch der Anlass zu einer für die damaligen Verhältnisse exorbitanten Inszenierung des noch überaus bescheidenen und biederen Bonner Staatsprotokolls. Der Bahnsteig, auf den der Kaiser den Fuß setzte, war mit künstlichem Rasen ausgelegt. Auf der Beueler Rheinbrücke hatte man für ihn, den die bunten Blätter mit Vorliebe den "Löwen von Afrika" nannten, eine Art Arche Noah drapiert und dafür die ganze Tierschau des gerade in Bonn gastierenden Zirkus Hagenbeck in Dienst genommen.
Die Aura des Schahs und der Schahbanu erlosch hierzulande am 2. Juni 1967, als am Nachmittag die sogenannten Jubelperser vor dem Schöneberger Rathaus ihren brachialen Auftritt hatten und am Abend bei der Demonstration gegen den Staatsbesuch in West-Berlin der Student Benno Ohnesorg erschossen wurde. Der Nimbus des Haile Selassie blieb, allen längst unverkennbaren Verwerfungen in seiner Heimat zum Trotz, bis Anfang der siebziger Jahre völlig unbeschadet, mehr noch: Die Fotos und Fernsehbilder aus Anlass seines achtzigsten Geburtstags im Juli 1972 zeigten ihn noch einmal im schattenlosen Licht eines unerschütterlichen Potentaten.
Ein Jahr danach, im November 1973, war es damit vorbei. Im Norden seines Reichs wütete nach Jahren der Dürre eine Hungersnot, nun waren es die Fotos und Fernsehbilder von hilflos dem Sterben und dem Tod überlassenen Kindern, die auch sein Bild verdüsterten. 1974 endete die nahezu sechzig Jahre währende Herrschaft über Äthiopien in der zunächst schleichenden, dann rasend und enthemmt gewalttätigen Revolution der Militärs unter Oberst Mengistu. Nach einer Prostataoperation starb Haile Selassie im August 1975 als dessen Gefangener, alle Umstände sprechen dafür, dass ihn die Wärter im Schlaf erstickten.
Erstmals 1978 erschien das Buch, das Haile Selassie dann endgültig dem Illustriertenglanz entriss und das Bild, das wir uns von ihm machen, bis heute prägt: "König der Könige" heißt es, geschrieben hat es der legendäre, 2007 gestorbene polnische Reporter und Schriftsteller Ryszard Kapuscinski, auf Deutsch zuerst veröffentlicht wurde es in Hans Magnus Enzensbergers "Anderer Bibliothek". Der Herrscher, der uns hier entgegentritt, ist nicht viel mehr als ein Neurosenbündel seiner auf Argwohn, Größenwahn, Unsicherheit, Bespitzelungs- und Überwachungssucht gründenden Obsessionen.
"Eine Parabel der Macht" hat Kapuscinski das erfolgreichste seiner Bücher genannt. Es gibt vor, sein Wissen und seine Erkenntnisse den Aussagen und Bekenntnissen einstiger Diener, Leibgardisten, Minister, kurz: der opulenten Schar an Hofschranzen entnommen zu haben, die der Autor mit Hilfe eines überlebenden kaiserlichen Vertrauten des Nachts und heimlich in der von Mengistus Schergen kontrollierten Hauptstadt Addis Abeba besucht und deren authentische Schilderungen er danach lediglich in eine druckfähige Form gebracht haben will.
An der faktischen Wahrheit des satirischen Kaiserporträts wurde schon zu Lebzeiten des Autors heftig gezweifelt, seit der 2012 erschienenen Biographie des Landmanns und einstigen Kollegen Artur Domoslawski sind die Recherchemethoden des Jahrhundertreporters Ryszard Kapuscinski generell ins Zwielicht geraten. Asfa-Wossen Asserate, des Kaisers aktueller Biograph, referiert und zitiert diese Einwände so akribisch wie ausführlich.
Aus der eigenen Perspektive macht der 1948 geborene Autor kein Hehl. Er stammt selbst aus äthiopischem Adel, ist ein Großneffe von Afrikas letztem Kaiser, sein Großvater wie sein Vater dienten Haile Selassie trotz bisweilen erheblicher Zweifel bis zu ihrem Tod in absoluter Loyalität. Nahe genug am einstigen Geschehen ist dieser Biograph also mit Sicherheit - aber ist er auch weit genug entfernt, ist er distanziert genug, um seinerseits glaubwürdig zu sein?
Asserate schreibt mit unverhohlener Sympathie zu der untergegangenen Welt, aus der er stammt. Bevor man sich lesend auf den Lebensweg des Tafari Makonnen begibt, der sich als Kaiser Haile Selassie (die Macht der Dreifaltigkeit) nannte, sollte man im Anhang des Buchs die sechsundzwanzig männlichen und die neun weiblichen äthiopischen Titel studieren, die dort in streng hierarchischer Ordnung aufgeführt sind: vom "Negusa Negast", dem König der Könige, bis zum "Azaj", dem Küchenmeister, von der Kaiserin ("Negesta Negestat") bis zur Dame ("Woizero"). Wiederbegegnen wird man ihnen auf nahezu jeder Seite des Buchs - und allemal sind die Titel, selbst die allerkleinsten, liebevoll kursiv gesetzt.
"Ras" ist dabei einer der ranghöchsten und bedeutet Herzog oder Fürst. Diesen Rang hat der junge Makonnen bekleidet, ehe er 1916 unter der Kaiserin Zauditu zum Prinzregenten wurde - und just dieser Titel hat ihn späterhin als Ikone der Popkultur wahrhaft unsterblich gemacht: Ras Tafari wurde für Reggae-Musiker wie Bob Marley zur Chiffre für den schwarzen Messias, ihr folgend wurden sie zu Rastafaris.
Sympathie ist die Voraussetzung dieses Buchs. Mehr aber auch nicht. Denn den Werdegang des Tafari Makonnen und jenen des Haile Selassie schildert Asserate mit unverbrüchlicher Akkuratesse und in einer nahezu stoischen Weise nüchtern und sachlich. Der Aufstieg des eher zarten und schmächtigen Feudalaristokraten aus der Provinz Harar, der skrupellose Kampf mit dem Vetter Iyasu um die Macht im Staat und "der Makel", der deshalb von Beginn an auf der Regentschaft lastet: der Biograph reportiert kühl. 1936 erobert Mussolinis Italien auch unter Einsatz von Giftgas das äthiopische Reich, Haile Selassie flieht nach England: Asserate notiert das Skandalon, dass der Kaiser die Heimat im Stich ließ.
1941 kehrt er mit Hilfe der Alliierten des Zweiten Weltkriegs nach Addis Abeba und auf den Thron zurück, modernisiert das Land - und schwächt es dauerhaft, indem er sich selbst als absoluten Herrscher etabliert. 1960, nach dem Scheitern der ersten Revolte gegen seine Herrschaft, lässt er verkünden, er werde die Macht, die ihm "Gott, der Allmächtige", verliehen habe, bis ans Ende ausüben - "und danach soll Er mit Äthiopien machen, was ihm beliebt". In seiner Autobiographie hat Nelson Mandela die Faszination beschrieben, die von Haile Selassie ausgehen konnte: "Ich war überrascht", notiert er im Rückblick über eine Begegnung im Jahr 1962, "wie klein der Kaiser körperlich wirkte, doch seine Würde und sein Selbstvertrauen ließen ihn als den afrikanischen Giganten erscheinen, der er war."
Asfa-Wossen Asserate hat die Biographie seines Großonkels in souveräner Autonomie verfasst. Das Bild, das er von ihm zeichnet, ergibt keine Parabel, wohl aber ein Lehrstück über die Paradoxie der Macht.
JOCHEN HIEBER
Prinz Asfa-Wossen Asserate: "Der letzte Kaiser von Afrika". Triumph und Tragödie des Haile Selassie.
Propyläen Verlag, Berlin 2014. 416 S., geb., 24,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hier schreibt der Großneffe: Asfa-Wossen Asserate hat Haile Selassie eine souveräne Biographie gewidmet
Ein Märchenkaiser aus dem Lande Exotistan: Bis weit in die sechziger Jahre hinein vermittelten die Illustrierten der alten Bundesrepublik dieses Bild des äthiopischen Herrschers Haile Selassie nur allzu gern - und die Leser von längst untergegangenen Magazinen wie "Quick", "Kristall" und "Revue" oder inzwischen mehrfach renovierten Wochenblättern wie dem "Stern" und der "Bunten" dankten es ihnen. Zusammen mit Reza Pahlewi, dem Schah von Persien, und der Kaiserin Farah Diba bildete Haile Selassie das Triptychon einer unerreichbar fernen, unermesslich reichen und auch deshalb vollkommen heilen Welt hochadliger Würde und Prachtentfaltung.
1954 war er, wie sein Biograph Asfa-Wossen Asserate jetzt in Erinnerung ruft, nicht nur das allererste ausländische Staatsoberhaupt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, das der jungen Bundesrepublik einen Besuch abstattete, sondern auch der Anlass zu einer für die damaligen Verhältnisse exorbitanten Inszenierung des noch überaus bescheidenen und biederen Bonner Staatsprotokolls. Der Bahnsteig, auf den der Kaiser den Fuß setzte, war mit künstlichem Rasen ausgelegt. Auf der Beueler Rheinbrücke hatte man für ihn, den die bunten Blätter mit Vorliebe den "Löwen von Afrika" nannten, eine Art Arche Noah drapiert und dafür die ganze Tierschau des gerade in Bonn gastierenden Zirkus Hagenbeck in Dienst genommen.
Die Aura des Schahs und der Schahbanu erlosch hierzulande am 2. Juni 1967, als am Nachmittag die sogenannten Jubelperser vor dem Schöneberger Rathaus ihren brachialen Auftritt hatten und am Abend bei der Demonstration gegen den Staatsbesuch in West-Berlin der Student Benno Ohnesorg erschossen wurde. Der Nimbus des Haile Selassie blieb, allen längst unverkennbaren Verwerfungen in seiner Heimat zum Trotz, bis Anfang der siebziger Jahre völlig unbeschadet, mehr noch: Die Fotos und Fernsehbilder aus Anlass seines achtzigsten Geburtstags im Juli 1972 zeigten ihn noch einmal im schattenlosen Licht eines unerschütterlichen Potentaten.
Ein Jahr danach, im November 1973, war es damit vorbei. Im Norden seines Reichs wütete nach Jahren der Dürre eine Hungersnot, nun waren es die Fotos und Fernsehbilder von hilflos dem Sterben und dem Tod überlassenen Kindern, die auch sein Bild verdüsterten. 1974 endete die nahezu sechzig Jahre währende Herrschaft über Äthiopien in der zunächst schleichenden, dann rasend und enthemmt gewalttätigen Revolution der Militärs unter Oberst Mengistu. Nach einer Prostataoperation starb Haile Selassie im August 1975 als dessen Gefangener, alle Umstände sprechen dafür, dass ihn die Wärter im Schlaf erstickten.
Erstmals 1978 erschien das Buch, das Haile Selassie dann endgültig dem Illustriertenglanz entriss und das Bild, das wir uns von ihm machen, bis heute prägt: "König der Könige" heißt es, geschrieben hat es der legendäre, 2007 gestorbene polnische Reporter und Schriftsteller Ryszard Kapuscinski, auf Deutsch zuerst veröffentlicht wurde es in Hans Magnus Enzensbergers "Anderer Bibliothek". Der Herrscher, der uns hier entgegentritt, ist nicht viel mehr als ein Neurosenbündel seiner auf Argwohn, Größenwahn, Unsicherheit, Bespitzelungs- und Überwachungssucht gründenden Obsessionen.
"Eine Parabel der Macht" hat Kapuscinski das erfolgreichste seiner Bücher genannt. Es gibt vor, sein Wissen und seine Erkenntnisse den Aussagen und Bekenntnissen einstiger Diener, Leibgardisten, Minister, kurz: der opulenten Schar an Hofschranzen entnommen zu haben, die der Autor mit Hilfe eines überlebenden kaiserlichen Vertrauten des Nachts und heimlich in der von Mengistus Schergen kontrollierten Hauptstadt Addis Abeba besucht und deren authentische Schilderungen er danach lediglich in eine druckfähige Form gebracht haben will.
An der faktischen Wahrheit des satirischen Kaiserporträts wurde schon zu Lebzeiten des Autors heftig gezweifelt, seit der 2012 erschienenen Biographie des Landmanns und einstigen Kollegen Artur Domoslawski sind die Recherchemethoden des Jahrhundertreporters Ryszard Kapuscinski generell ins Zwielicht geraten. Asfa-Wossen Asserate, des Kaisers aktueller Biograph, referiert und zitiert diese Einwände so akribisch wie ausführlich.
Aus der eigenen Perspektive macht der 1948 geborene Autor kein Hehl. Er stammt selbst aus äthiopischem Adel, ist ein Großneffe von Afrikas letztem Kaiser, sein Großvater wie sein Vater dienten Haile Selassie trotz bisweilen erheblicher Zweifel bis zu ihrem Tod in absoluter Loyalität. Nahe genug am einstigen Geschehen ist dieser Biograph also mit Sicherheit - aber ist er auch weit genug entfernt, ist er distanziert genug, um seinerseits glaubwürdig zu sein?
Asserate schreibt mit unverhohlener Sympathie zu der untergegangenen Welt, aus der er stammt. Bevor man sich lesend auf den Lebensweg des Tafari Makonnen begibt, der sich als Kaiser Haile Selassie (die Macht der Dreifaltigkeit) nannte, sollte man im Anhang des Buchs die sechsundzwanzig männlichen und die neun weiblichen äthiopischen Titel studieren, die dort in streng hierarchischer Ordnung aufgeführt sind: vom "Negusa Negast", dem König der Könige, bis zum "Azaj", dem Küchenmeister, von der Kaiserin ("Negesta Negestat") bis zur Dame ("Woizero"). Wiederbegegnen wird man ihnen auf nahezu jeder Seite des Buchs - und allemal sind die Titel, selbst die allerkleinsten, liebevoll kursiv gesetzt.
"Ras" ist dabei einer der ranghöchsten und bedeutet Herzog oder Fürst. Diesen Rang hat der junge Makonnen bekleidet, ehe er 1916 unter der Kaiserin Zauditu zum Prinzregenten wurde - und just dieser Titel hat ihn späterhin als Ikone der Popkultur wahrhaft unsterblich gemacht: Ras Tafari wurde für Reggae-Musiker wie Bob Marley zur Chiffre für den schwarzen Messias, ihr folgend wurden sie zu Rastafaris.
Sympathie ist die Voraussetzung dieses Buchs. Mehr aber auch nicht. Denn den Werdegang des Tafari Makonnen und jenen des Haile Selassie schildert Asserate mit unverbrüchlicher Akkuratesse und in einer nahezu stoischen Weise nüchtern und sachlich. Der Aufstieg des eher zarten und schmächtigen Feudalaristokraten aus der Provinz Harar, der skrupellose Kampf mit dem Vetter Iyasu um die Macht im Staat und "der Makel", der deshalb von Beginn an auf der Regentschaft lastet: der Biograph reportiert kühl. 1936 erobert Mussolinis Italien auch unter Einsatz von Giftgas das äthiopische Reich, Haile Selassie flieht nach England: Asserate notiert das Skandalon, dass der Kaiser die Heimat im Stich ließ.
1941 kehrt er mit Hilfe der Alliierten des Zweiten Weltkriegs nach Addis Abeba und auf den Thron zurück, modernisiert das Land - und schwächt es dauerhaft, indem er sich selbst als absoluten Herrscher etabliert. 1960, nach dem Scheitern der ersten Revolte gegen seine Herrschaft, lässt er verkünden, er werde die Macht, die ihm "Gott, der Allmächtige", verliehen habe, bis ans Ende ausüben - "und danach soll Er mit Äthiopien machen, was ihm beliebt". In seiner Autobiographie hat Nelson Mandela die Faszination beschrieben, die von Haile Selassie ausgehen konnte: "Ich war überrascht", notiert er im Rückblick über eine Begegnung im Jahr 1962, "wie klein der Kaiser körperlich wirkte, doch seine Würde und sein Selbstvertrauen ließen ihn als den afrikanischen Giganten erscheinen, der er war."
Asfa-Wossen Asserate hat die Biographie seines Großonkels in souveräner Autonomie verfasst. Das Bild, das er von ihm zeichnet, ergibt keine Parabel, wohl aber ein Lehrstück über die Paradoxie der Macht.
JOCHEN HIEBER
Prinz Asfa-Wossen Asserate: "Der letzte Kaiser von Afrika". Triumph und Tragödie des Haile Selassie.
Propyläen Verlag, Berlin 2014. 416 S., geb., 24,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Der Großneffe des letzten Kaisers von Äthiopien analysiert fundiert Triumph und Tragödie des Haile Selassie", Format (A), MIchaela Knapp, 20.06.2014