'Der Liebhaber unserer Mutter' ist die Geschichte der drei Schwestern Green - Amy, Joanna und Meg - die in einem kultivierten und behüteten Ambiente in New York groß geworden sind. Meg studiert bereits im zweiten Jahr in Yale, Amy und Joanna gehen auf eine Privatschule. Als sie herausfinden, daß ihre Mutter, die Literatur lehrt, eine Affäre mit einem Studenten hatte und der Vater ihr verziehen hat, ist die moralische Empörung groß. Plötzlich erscheint ihnen ihre Idealfamilie gar nicht mehr so ideal, gekränkt ziehen Amy und Joanna zu Meg nach New Haven. Ihre eigenen Beziehungs- und Liebesgeschichten, die sie nun durchleben, ihre Bemühungen, sich als Rumpffamilie neu zu finden, weichen im Laufe der Zeit ihren Rigorismus wieder auf. Allmählich begreifen sie, wie sehr sie verwöhnt wurden. Erzählt wird der Roman von einer der Schwestern, Joanna, die aber mit Meg und Amy die Vereinbarung getroffen hat, daß sie, wo immer es ihnen zwingend erscheint, ihre Kommentare in das Manuskript einfügen dürfen. Diese Kommentare nutzt Katharine Weber zu wunderbaren Reflexionen über das Verhältnis von Realität und Fiktion und auch, um die Spannung des Romans zu erhöhen, der mit vielen Überraschungen aufzuwarten weiß. Aber das Buch ist noch auf eine andere Weise doppeldeutig und angereichert: Es ist voller Anspielungen auf den amerikanischen Jugendbuch-Klassiker von Louisa May Alcott 'Little Women', der unter dem Titel 'Betty und ihre Schwestern' auch in Deutschland viele Freunde hat. Auch durch die Hinweise auf dieses Buch wird die Beziehung von Leben und Erzählen intelligent und unterhaltsam durchgespielt. Liebenswert, weise und elegant erzählt, ist 'Der Liebhaber unserer Mutter' nicht nur ein Roman über die Familie, die Liebe und das Heranwachsen junger Frauen, es ist auch ein Roman über das Schreiben.