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Zu den humanen Vertretern des Kolonialismus zählte der Engländer Sir Stamford Raffles (1781-1826). Der britische Ethnologe Nigel Barley folgt den Spuren dieses "menschenfreundlichen Autokraten" nach Java, Bali und Singapur.

Produktbeschreibung
Zu den humanen Vertretern des Kolonialismus zählte der Engländer Sir Stamford Raffles (1781-1826). Der britische Ethnologe Nigel Barley folgt den Spuren dieses "menschenfreundlichen Autokraten" nach Java, Bali und Singapur.
Autorenporträt
Nigel Barley studierte moderne Sprachen und Ethnologie in Cambridge und Oxford und betrieb zwei Jahre lang Feldforschung in Kamerun. Seit 1981 arbeitet er am British Museum in London. Weitere Buchveröffentlichungen: "Die Raupenplage", "Traurige Insulaner" und "Hallo Mister Puttyman".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.04.1996

Im tropischen Freihandelsparadies
Nigel Barley auf den Spuren von Thomas Stamford Raffles, dem menschenfreundlichen Kolonialisten

Der Einfall ist gut. Ein Ethnologe folgt dem Berufsitinerar eines frühen Kolonialbeamten, um dessen schwankendem Charakterbild festere Kontur zu geben. Gleichzeitig versucht er mit dieser Feldforschung Nachrichten über die gegenwärtige Befindlichkeit der ehemals Beherrschten zu sammeln. Ohne die Methoden eines Historikers zu kopieren, führt er so die Anwesenheit eines Ich und die Dimension der Zeit zwanglos in die Untersuchung ein, zwei Aspekte, die die neuere Ethnologie kennzeichnen.

Nigel Barley, Kustos am Britischen Museum in London, den seine eigenwillig-humorvollen Forschungen in Kamerun rasch über England hinaus bekannt gemacht haben, reiste auf den Spuren Sir Thomas Stamford Raffles' (1781-1826) nach Malaysia, Java, Sumatra und Singapur. Er verknüpft in einem dichten Mosaik Zitate dieses Handelsbeauftragten, seiner Zeitgenossen und Biographen mit Aussagen heutiger indonesischer Gewährsleute, die allerdings mehr Kumpels als Informanten sind und mit denen er Spritztouren zu den Schauplätzen des menschenfreundlichen Imperialisten unternimmt. Was sie zu Raffles sagen können - soweit sie seinen Namen überhaupt kennen -, stammt vom Hörensagen. Es sind allgemeine Klischees der Kolonialzeit, wobei sie dem Engländer zugute halten, daß er als Gegner der Holländer kam.

War dieser Raffles, wie die Briten trotz oder gerade wegen seiner zeitlebens anhaltenden Schwierigkeiten mit der englisch-ostindischen Handelskompanie behaupten, ein Philanthrop, der gegen die Sklaverei kämpfte, den Malaien selbstlos die westliche Zivilisation, von deren Werten er durchdrungen war, bringen wollte und gegen die grausamen Holländer kämpfte? Oder haben deren Historiker recht, die Raffles Heuchelei, Doppelzüngigkeit und Autokratie vorwerfen?

Das Schillernde dieses hochgebildeten, arbeitswütigen, am Ideal der Aufklärung orientierten und zivilisationsgläubigen Briten, der die Sprache der Malaien beherrschte und mit Gelehrten der ganzen Welt über seine Naturstudien korrespondierte, kann auch Barley nicht zum Verschwinden bringen. An die Beglückung aller durch absolute Handelsfreiheit, die Raffles in Singapur verwirklichen konnte, glauben wir heute nicht mehr so wie er, als er 1819 das alte Fischerdorf unter englische Kolonialoberhoheit stellte und damit den Aufstieg des Stadtstaates zum heutigen "Freihandelsparadies" einleitete.

Barley sieht Ähnlichkeiten zwischen Raffles, der während der Napoleonischen Wirren Java vorübergehend den Holländern entriß und zwischen 1811 und 1816 britischer Gouverneur der Insel war, deren erste Geschichte er verfaßt hat (1817 in London erschienen), und Achmed Sukarno, dem ersten Präsidenten des unabhängigen Indonesien - Parallelen, die er mit Zitaten zu belegen versucht, ohne daß sie den Leser überzeugen.

Die marginalen, sehr persönlichen und zufälligen Begebenheiten der Reise, die Barley in seine short cuts einflicht - Mythenorte der Meeresgöttin Loro Kidul, abergläubische Praktiken eines Regenmachers oder Automechanikers, ein Besuch in der balinesischen Fledermaushöhle -, werfen höchstens Blitzlichter auf den komplizierten Vielvölkerstaat Indonesien und die Unübersichtlichkeit seines sozialen Lebens, ohne sich zu einem Gesamtbild zu verdichten, wie es in Barleys Büchern über Afrika gelungen war. Immerhin lesen sich die Reiseimpressionen des mit Humor und Selbstironie ausgestatteten Wissenschaftlers vergnüglich, so daß auch dieses fünfte ins Deutsche übersetzte Buch Nigel Barleys seine Leser finden wird. Aber ist dies noch ein ethnologischer Text? SIGRID METKEN

Nigel Barley: "Der Löwe von Singapur". Eine fernöstliche Reise auf den Spuren von Thomas Stamford Raffles. Aus dem Englischen von Elke Hosfeld. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1996. 315 S., Abb., geb., 38,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In einer Doppelrezension bespricht der Rezensent mit dem Kürzel "maha" zwei Bücher, die sich mit Sophia bzw. ihrem Ehemann Thomas Stamford Raffles beschäftigen. In beiden sieht er ein Beispiel dafür, "wie leicht sich ein Leben literarisch manipulieren, besser: eliminieren lässt". Beiden gemeinsam ist darüber hinaus, wie er betont, dass sie eine Mischung zwischen Biografie und Reiseliteratur darstellen.
1) Susanne Knecht: "Lady Sophia Raffles auf Sumatra" (Europäische Verlagsanstalt)
Die Autorin ist nach Ansicht des Rezensenten mit ihrem Wunsch gescheitert, eine Ehrenrettung zugunsten Sophia Raffles zu unternehmen und dabei gleichzeitig ihren Mann zu "demontieren". Denn die von ihr angeführten Originalzitate können, wie er feststellt, ihren Versuch "in keiner Weise stützen". Allerdings findet er das Buch durchaus aufschlussreich, wenn man etwas über Sophias Leben erfahren möchte.
2) Nigel Barley: "Der Löwe von Singapur" (Klett-Cotta)
Auch von diesem Buch über Thomas Stamford Raffles ist "maha" offensichtlich nicht begeistert, zumal Sophia dem Autor "schlicht egal" ist. Die Anekdoten, die Barley erzählt, scheinen ihm zwar zu gefallen. Allerdings stammen sie, so "maha", zum großen Teil "aus der Gegenwart".

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