Der 48jährige Felix Allard arbeitet seit acht Jahren in einer Buchhandlung, die einer gewissen Clarisse Annelet gehört. Obwohl die Besitzerin damals einen jungen Verkäufer suchte und scheinbar über Felix Vergangenheit Bescheid wusste, hatte sie ihn eingestellt. Felix wollte sich gerade eine neue
Existenz aufbauen. Inzwischen führt er fast allein das Geschäft und rechnet bei Madame Annelet nur noch…mehrDer 48jährige Felix Allard arbeitet seit acht Jahren in einer Buchhandlung, die einer gewissen Clarisse Annelet gehört. Obwohl die Besitzerin damals einen jungen Verkäufer suchte und scheinbar über Felix Vergangenheit Bescheid wusste, hatte sie ihn eingestellt. Felix wollte sich gerade eine neue Existenz aufbauen. Inzwischen führt er fast allein das Geschäft und rechnet bei Madame Annelet nur noch die Einnahmen ab.
Nun plötzlich nach acht Jahren kauft sich Felix im gegenüberliegenden Papiergeschäft ein blaues Schreibheft und fasst den Entschluss, Tagebuch zu führen - mit dem Vorsatz, dass die Eintragungen nur gegen ihn, nicht gegen andere gerichtet sind.
Felix wohnt in einem mehr oder weniger leeren Mietshaus. Im Erdgeschoss ist ein Geschäft für Regenmäntel, die anderen Stockwerke sind leer, eine Concierge gibt es nicht, andere Mieter auch nicht. Täglich geht er mit seinem Hund Bibi spazieren. Dabei überdenkt er sein bisheriges Leben und diese Gedanken hält er dann in seinem Tagebuch fest.
Nur langsam entrollt Simenon dem Leser das Geheimnis um das Vorleben von Felix, der einst ein stiller, aber erfolgreicher Bauunternehmer war. Mit seiner lebenslustigen Frau Anne-Marie und den beiden Kindern führte er ein recht komfortables Leben. Der draufgängerische Ferdinand Cornille war sein Geschäftspartner, der ihn jedoch nicht nur in der Firma betrog sondern auch ein Verhältnis mit Anne-Marie hatte. Aber Felix betrog ebenfalls regelmäßig seine Frau - u.a. auch ausgerechnet mit Monique, der Ehefrau von Ferdinand. Und doch war Felix der Ansicht, dass ihm sein ehemaliger Freund die Würde und Selbstachtung genommen hatte. Sein gesamtes bisheriges Leben brach zusammen und so kam es damals zu einer dramatischen Lösung dieses Konflikts. Doch war Eifersucht wirklich das wahre Motiv?
Eindrucksvoll schildert Simenon den allmählichen Verfall der Hauptfigur. Aber nicht nur dessen Erinnerungen geben darüber Auskunft, auch die mehr oder weniger unbeteiligte Madame Annelet beobachtet ihren Angestellten genau und durchschaut seine Melancholie.
„Der Mann mit dem kleinen Hund“ erschien 1964 unter dem Originaltitel „L’homme au petit chien“. Alfred Andersch lobte den Roman: „Hätte Simenon nichts anderes geschrieben, er hätte das Seine getan“. Die deutsche Erstausgabe wurde bereits im selben Jahr veröffentlicht. Die vorliegende Übersetzung erschien 1978 erstmals im Diogenes Verlag und wurde jetzt für die neue Edition der „Ausgewählten Romane“ noch einmal überarbeitet.