Das Fragment gebliebene Hauptwerk von Robert Musil Der Mann ohne Eigenschaften ist ein Jahrhundertwerk deutscher Prosa und ein herausragender europäischer Roman des 20. Jahrhunderts.
Entstehung: Bereits 1905 hatte sich Musil erste Notizen zur Konstruktion jenes Romans gemacht, der dann von 1925 an für nahezu zwei Jahrzehnte die gesamte schöpferische Arbeit des Schriftstellers auf sich zog. Zwischen dem Verleger Ernst Rowohlt und Robert Musil kam Mitte der 1920er Jahre ein Vertrag zustande, der dem Autor auf Jahre hinaus ein Honorar zusicherte und ihm ermöglichte, sich ganz der Arbeit an dem zeitkritischen Roman zuzuwenden. 1930 erschien der erste Band mit den Teilen Eine Art Einleitung und Seinesgleichen geschieht, 1933 der zweite namens Ins Tausendjährige Reich, Letzterer unter dem Druck der finanziellen Verhältnisse bereits als Torso. In Armut und in der Fremde seines Genfer Exils arbeitete Musil bis zu seinem Tod 1942 an dem Roman. 1943 gab seine Frau einen dritten Band aus dem Nachlass heraus. Die von Adolf FrisÜ 1952 besorgte Neuedition bildete die Grundlage für eine breitere Rezeption des Werks.
Inhalt: Im Mittelpunkt des Erzählgeschehens steht die sog. Parallelaktion, die Idee einer großen patriotischen Aktion zum 70-jährigen Jubiläum der Thronbesteigung Kaiser Franz-Josephs im Jahr 1918. Diese Idee wird im Jahr 1913 ursprünglich nur geboren, weil man in Wien in Erfahrung gebracht hat, dass Preußen-Deutschland für dasselbe Jahr Feierlichkeiten zum >>nur<< 30-jährigen Jubiläum Kaiser Wilhelms II. plant. Um dieser - eingedenk der Niederlage von Königgrätz - neuen Schmach zuvorzukommen, beschließt man, das ganze Jahr 1918 zu einem Feierjahr zu erklären. In regelmäßigen Zusammenkünften verschiedener Repräsentanten der k. u. k. Monarchie werden Vorschläge und Ideen erörtert, um ein Konzept für die geplante Aktion zu entwerfen. Es erweist sich bald, dass die Romanfiguren nicht in der Lage sind, sich zu verständigen, es bleibt bei geistreicher, aber folgenloser Konversation. Alle Ideen und Programme führen an den realen Problemen der Zeit vorbei. Die Parallelaktion findet nicht statt, da die Verantwortlichen keine allgemein akzeptierte geschichtsbildende Idee ausfindig machen können. Struktur: Mit einer Ironie, die in der deutschsprachigen Literatur keine Entsprechung findet, seziert Musil in diesem Roman den Niedergang der Donaumonarchie und versinnbildlicht damit die Krise der bürgerlichen Gesellschaft am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Die Zentralfigur des Romans, Ulrich, ist so angelegt, dass sie in ihrer Funktion als Sekretär der Parallelaktion mit Repräsentanten der unterschiedlichsten Schichten der Monarchie Gespräche darüber zu führen hat, worauf die gegebene Gesellschaftsordnung eigentlich gründet. Diese Dialoge bzw. Ulrichs Reflexionen darüber bilden das erzählerische Skelett, anhand dessen die weltanschaulichen und geistigen Tendenzen des Jahrhunderts in Form einer Meditation über Kakanien einer Analyse unterzogen werden. Die Handlung tritt dabei zu Gunsten von Erörterungen philosophischer, pädagogischer, kultur- und gesellschaftskritischer Überlegungen deutlich zurück. Diese Ausführungen sind aber keineswegs theoretisierende Streifzüge durch Bereiche der Wissenschaft, sondern bleiben stets an die Figuren und ihre Lebenssituation gebunden. Wirkung: Schon kurze Zeit nach Erscheinen des ersten Bandes 1930 prophezeiten Kritiker und Kollegen dem Roman, dass er große Bewunderung und einen herausragenden Platz in der Literaturgeschichte, aber nur wenig Leser finden werde. Diese Diskrepanz ist in gewissem Maße bis heute erhalten geblieben. Der für viele Fachleute gewichtigste deutschsprachige Roman des 20. Jahrhunderts sperrt sich durch Umfang, Form und Gehalt einem breiten Leserkreis. Das liegt sicherlich daran, dass für dieses Buch gilt, was für große Literatur allgemein bezeugt ist: Besprechungen können nicht im Entferntesten das intellektuelle Vergnügen vergegenwärtigen, das die Lektüre dieses Buchs oder auch nur einzelner Kapitel daraus bietet. R.F.
Entstehung: Bereits 1905 hatte sich Musil erste Notizen zur Konstruktion jenes Romans gemacht, der dann von 1925 an für nahezu zwei Jahrzehnte die gesamte schöpferische Arbeit des Schriftstellers auf sich zog. Zwischen dem Verleger Ernst Rowohlt und Robert Musil kam Mitte der 1920er Jahre ein Vertrag zustande, der dem Autor auf Jahre hinaus ein Honorar zusicherte und ihm ermöglichte, sich ganz der Arbeit an dem zeitkritischen Roman zuzuwenden. 1930 erschien der erste Band mit den Teilen Eine Art Einleitung und Seinesgleichen geschieht, 1933 der zweite namens Ins Tausendjährige Reich, Letzterer unter dem Druck der finanziellen Verhältnisse bereits als Torso. In Armut und in der Fremde seines Genfer Exils arbeitete Musil bis zu seinem Tod 1942 an dem Roman. 1943 gab seine Frau einen dritten Band aus dem Nachlass heraus. Die von Adolf FrisÜ 1952 besorgte Neuedition bildete die Grundlage für eine breitere Rezeption des Werks.
Inhalt: Im Mittelpunkt des Erzählgeschehens steht die sog. Parallelaktion, die Idee einer großen patriotischen Aktion zum 70-jährigen Jubiläum der Thronbesteigung Kaiser Franz-Josephs im Jahr 1918. Diese Idee wird im Jahr 1913 ursprünglich nur geboren, weil man in Wien in Erfahrung gebracht hat, dass Preußen-Deutschland für dasselbe Jahr Feierlichkeiten zum >>nur<< 30-jährigen Jubiläum Kaiser Wilhelms II. plant. Um dieser - eingedenk der Niederlage von Königgrätz - neuen Schmach zuvorzukommen, beschließt man, das ganze Jahr 1918 zu einem Feierjahr zu erklären. In regelmäßigen Zusammenkünften verschiedener Repräsentanten der k. u. k. Monarchie werden Vorschläge und Ideen erörtert, um ein Konzept für die geplante Aktion zu entwerfen. Es erweist sich bald, dass die Romanfiguren nicht in der Lage sind, sich zu verständigen, es bleibt bei geistreicher, aber folgenloser Konversation. Alle Ideen und Programme führen an den realen Problemen der Zeit vorbei. Die Parallelaktion findet nicht statt, da die Verantwortlichen keine allgemein akzeptierte geschichtsbildende Idee ausfindig machen können. Struktur: Mit einer Ironie, die in der deutschsprachigen Literatur keine Entsprechung findet, seziert Musil in diesem Roman den Niedergang der Donaumonarchie und versinnbildlicht damit die Krise der bürgerlichen Gesellschaft am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Die Zentralfigur des Romans, Ulrich, ist so angelegt, dass sie in ihrer Funktion als Sekretär der Parallelaktion mit Repräsentanten der unterschiedlichsten Schichten der Monarchie Gespräche darüber zu führen hat, worauf die gegebene Gesellschaftsordnung eigentlich gründet. Diese Dialoge bzw. Ulrichs Reflexionen darüber bilden das erzählerische Skelett, anhand dessen die weltanschaulichen und geistigen Tendenzen des Jahrhunderts in Form einer Meditation über Kakanien einer Analyse unterzogen werden. Die Handlung tritt dabei zu Gunsten von Erörterungen philosophischer, pädagogischer, kultur- und gesellschaftskritischer Überlegungen deutlich zurück. Diese Ausführungen sind aber keineswegs theoretisierende Streifzüge durch Bereiche der Wissenschaft, sondern bleiben stets an die Figuren und ihre Lebenssituation gebunden. Wirkung: Schon kurze Zeit nach Erscheinen des ersten Bandes 1930 prophezeiten Kritiker und Kollegen dem Roman, dass er große Bewunderung und einen herausragenden Platz in der Literaturgeschichte, aber nur wenig Leser finden werde. Diese Diskrepanz ist in gewissem Maße bis heute erhalten geblieben. Der für viele Fachleute gewichtigste deutschsprachige Roman des 20. Jahrhunderts sperrt sich durch Umfang, Form und Gehalt einem breiten Leserkreis. Das liegt sicherlich daran, dass für dieses Buch gilt, was für große Literatur allgemein bezeugt ist: Besprechungen können nicht im Entferntesten das intellektuelle Vergnügen vergegenwärtigen, das die Lektüre dieses Buchs oder auch nur einzelner Kapitel daraus bietet. R.F.