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Produktdetails
  • Verlag: Carlsen
  • Seitenzahl: 32
  • Altersempfehlung: 4 bis 6 Jahre
  • Abmessung: 265mm
  • Gewicht: 365g
  • ISBN-13: 9783551514936
  • ISBN-10: 3551514933
  • Artikelnr.: 24657224
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.01.2000

Mit der Katze als Hut
Der unglaubliche "Mann von unterm Dache", wundervoll illustriert von Marc Rosenthal

Unser Mann für die russische Avantgarde heißt Marc Rosenthal. Vor drei Jahren hat er die kleine Geschichte "Erstens, zweitens" von Daniil Charms zauberhaft illustriert, jetzt legt er Hand an den "Mann von unterm Dache" des Charms-Genossen Samuel Marschak. Und Rosenthal zeichnet, was das Zeug hält: Schon das Titelbild ist im Stil der Agitprop-Bewegung gehalten, doch natürlich ist die Geschichte unpolitisch, obwohl sie 1928 entstanden ist.

Na, vielleicht doch nicht ganz. Der Mann von unterm Dache ist die Verwirrtheit in Person. Geistesabwesende Menschen sind zwar skurril, aber in der Gesellschaft nicht recht zu gebrauchen. Denn die Konventionen leiden: Die Hose zieht er über den Kopf, mit den Beinen schlüpft er in die Hemdärmel. Als er das Haus verlässt, setzt er sich statt des Huts die Katze seiner Vermieterin auf den Kopf.

Stopp! Hier ist der Moment, aus dem Text zu zitieren: "Er statt des Huts die Katze nahm / seiner Wirtin, Frau Deborah. / Die Wirtin war ihm ziemlich gram, / die Katze war Angora." So abstrus können nur wenige Übersetzer dichten. Wer Harry Rowohlts Übersetzungen von "Pu der Bär" oder "Der Wind in den Weiden" kennt, weiß um das lyrische Nonsens-Talent des Hamburgers. Doch bei Marschak ist alles gereimt, da wird es etwas viel der Originalität. Immer nur Kuchen mag man ja auch nicht essen. Sonntags genügt schon. Genauso ist es hier: Weniger wäre mehr gewesen. Und wenn man über den Text spricht, muss man auch erwähnen, dass er die deutsche Übersetzung einer englischen Übertragung aus dem Russischen ist. Das hätte man auch einfacher haben können, und dann hätte die Handlung statt in London womöglich in Moskau gespielt.

Aber was soll das! Da sind doch noch die Zeichnungen. Wundervoll sind sie. Die Frauen sehen aus, als hätte Rudolf Dierks sie zu Beginn des Jahrhunderts für seine "Katzenjammer-Kids" gezeichnet - das war bei "Erstens, zweitens" übrigens nicht anders. Doch diesmal kommt eine Stadt als Szenerie dazu, in der alles möglich scheint: Reklametafeln für Fischrestaurants, auf denen die Meerestiere Menschen fressen; Bürohäuser, hinter deren Fenstern Vögel auf die Straße starren; Wandbilder in Konditoreien, auf denen die hohe Kunst gelehrt wird, wie man beim Teetrinken den kleinen Finger abspreizt (und keiner der Gäste tut es).

Genug damit. Rosenthals Zeichnungen sind toll - in jedem Sinne. Man erkennt seine Verehrung für die deutsche Tradition der "Lustigen Blätter", doch wie er daraus eine Mischung aus britischer und russischer Welt gestaltet - die Schilder sind englisch beschriftet, aber die Autos fahren rechts -, das ist bemerkenswert. Um was es in der Geschichte geht? Das kann man nicht nacherzählen, das glaubt keiner. So etwas muss man sehen, und Rosenthal ermöglicht es.

ANDREAS PLATTHAUS

Samuel Marschak: "Der Mann von unterm Dache". Aus dem Russischen ins Englische von Richard Pevear. Dann aus dem Englischen ins Deutsche von Harry Rowohlt. Bilder von Marc Rosenthal. Carlsen Verlag, Hamburg 1999. 32 S., geb., 26,90 DM. Ab 4 J.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

In Jens Thieles Rezension spiegelt sich das unerhörte Vergnügen wider, das der Rezensent beim Lesen und Anschauen dieses Buches empfunden haben muss. Dass das Buch bereits über 70 Jahre alt ist und die deutsche Übersetzung von Harry Rowohlt aus der englischen Version angefertigt wurde, schmälert die Begeisterung Thieles nicht im Geringsten, im Gegenteil: Rowohlts Formulierungen spiegelten die Tölpeleien und den chaotischen Handlungsverlauf "buchstabengetreu" wider. Darüber hinaus gelinge es dem Illustratoren Marc Rosenthal durch kunterbunte Stilvielfalt (Zitate aus amerikanischen Comics ebenso wie Anspielungen an die sowjetische Plakatkunst der zwanziger Jahre), Tempo und Groteske der Geschichte nochmals zu unterstreichen.

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