Brigitte Jüngers Jugendroman verbindet Gegenwart und Vergangenheit: Während eines Deutschlandaufenthaltes erkundet eine 14-jährige Pariserin die Vergangenheit ihres 95-jährigen jüdischen Freundes und muss sich mit Antisemitismus, dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust auseinandersetzen. Zur selben Zeit kümmert sich ihr arabischer Schulkollege in Paris um den alten Mann und erkennt, dass mittels Empathie und Verständnis Freundschaft zwischen Juden und Arabern möglich ist.Fanette, 14, lebt mit ihrer Mutter in Paris. Ihr Nachbar ist Aron Schatz, 95. Fanette ist seit ihrer Kindheit mit Aron befreundet und hat von ihm Deutsch gelernt. Ein Schüler-Auslandsaufenthalt bringt sie nach Deutschland, in Aron Schatz' alte Heimat. In ihrem Gepäck ist ein Abholschein für einen Damenmantel, der den Krieg überdauert und den Aron ihr mitgegeben hat. Während Fanette in Deutschland ist, kümmert sich Moumouche, ihr Schulfreund, um Aron Schatz. Der alte Jude und der junge Araber freunden sich an. Aron beginnt, von seiner Vergangenheit und vom Krieg zu erzählen.In Deutschland versucht Fanette herauszufinden, was es mit dem Mantel auf sich hat und was im Zweiten Weltkrieg mit Arons Verwandten geschehen ist. Tatsächlich trifft sie im Dorf auf Menschen, die Arons Onkel und Tante noch gekannt haben. Und sie lernt die Enkelin des Schneiders kennen, der für Arons Tante den Mantel angefertigt und aufbewahrt hat.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.07.2019Die Macht, Nein zu sagen
Spuren der NS-Judenverfolgung – Ein Buch gegen Rassismus und Hass
Ein Weg, Antisemitismus einzudämmen, liegt in der Aufklärung von Kindern und Jugendlichen. Das Buch „Der Mantel“ von Brigitte Jünger kann einen wichtigen Beitrag, im Abbau von Stereotypen leisten und vermittelt eine altersgerechte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. In der Freundschaft zwischen den Jugendlichen Fanette, dem Araber Mohammed, genannt Moumouche – er nennt sie Baguettebrötchen, sie ihn Araberhirni – und dem jüdischen Nachbarn Monsieur Schatz arbeitet Jünger interreligiöse Konflikte auf und warnt vor einem Fortleben von Rassismus und Hass.
Die französische Schülerin Fanette wohnt mit ihrer Mutter im 12. Arrondissement in Paris. Die beiden sind sich nicht sehr nah und habe keine enge Bindung. Aber beide haben gute Beziehungen zu dem netten, alten Nachbarn Monsieur Schatz, mit dem Fanette seit ihrer Kindheit befreundet ist. Sie pflegt den alten Mann und hört sich mit Begeisterung seine Geschichten an. Bei einem Schülerauslandsaufenthalt begibt sich die Vierzehnjährige, mit einem mysteriösen Abholschein für einen Damenmantel in ein idyllisches, rheinisches Dorf, der alten Heimat von Aron Schatz. Hier forscht sie nach der Geschichte von Arons Verwandten, die bei Minsk von den Nationalsozialisten ermordet worden sind. Die Details ihrer Verfolgung und ihres Todes machen Fanette die Geschichte der Judenverfolgung deutlich.
Mit spannenden Perspektivwechseln zwischen den Lebenden und den toten Verwandten von Aron Schatz spannt die Autorin einen Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart. In Monologen fragen sich verstorbene Kinder „Wieso war es plötzlich schlimm, Jude zu sein?“ und wundern sich über neue Holzschilder mit der Aufschrift „Für Hunde und Juden verboten.“ Bedrückt liest man die hoffnungsvollen Worte von Tante Jenny, die in der Deportation einen neuen Lichtblick sieht „Dort im Osten sollten wir eine neue Heimat bekommen und sogar Arbeit“.. Die Grenzen zwischen Realität, Vergangenheit und Fiktion verschwimmen. Eine weitere Brücke in die Vergangenheit schlägt der alte graue unscheinbare Damenmantel, mit Fischgrätmuster, den Tante Jenny bis zu ihrer Rückkehr dem Schneidermeister zur Aufbewahrung gegeben hatte und der immer noch in dessen Familie sorgfältig gepflegt wird. Die Spuren der Toten scheinen im Dorf noch nicht ganz verblasst zu sein.
Neben einer historischen Einführung in Ausgrenzung, Verfolgung und Deportation der jüdischen Bevölkerung, gibt die Autorin Einblicke in die jüdische Religion und Geschichte. So erfährt der Leser, was die kleinen schwarzen Kästchen auf der Stirn bedeuten, wie Jiddisch klingt oder was genau es mit der Ritualmordlegende auf sich hat. Um Anspielungen auf Ereignisse des Nationalsozialismus verstehen zu können, sollte sich der Leser in der Schule mit dem Thema beschäftigt haben.
Aron erzählt, er habe sich im Krieg nach Kanada retten können. Dass Kanada dabei jedoch nicht für das Land, sondern für die Abteilung im KZ Auschwitz steht, in der Wertgegenstände der Häftlinge sortiert, aufbewahrt und wiederverwertet worden sind, bedeutet ein Schockmoment für Fanette und für jungen Leser.
Die Gespräche zwischen Moumouche und Aron Schatz warnen vor Fanatismus und Rassismus. „Andererseits funktioniert das Ganze auch, wenn man statt Jude Araber sagt oder Kommunist, Rohingya, Schwuler, Roma, Lesbe oder was auch immer“, stellt Moumouche fest.
Die Mahnung, des toten jüdischen Mädchens versteht sich als Appell an die Gegenwart: „Warum hat eure Angst die Macht besiegt, die euch keiner nehmen konnte? Die Macht, Nein zu sagen.“ (ab 13 Jahre)
VANESSA PRATTES
Brigitte Jünger:
Der Mantel.
Jungbrunnen Verlag, Wien 2019. 220 Seiten, 15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Spuren der NS-Judenverfolgung – Ein Buch gegen Rassismus und Hass
Ein Weg, Antisemitismus einzudämmen, liegt in der Aufklärung von Kindern und Jugendlichen. Das Buch „Der Mantel“ von Brigitte Jünger kann einen wichtigen Beitrag, im Abbau von Stereotypen leisten und vermittelt eine altersgerechte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. In der Freundschaft zwischen den Jugendlichen Fanette, dem Araber Mohammed, genannt Moumouche – er nennt sie Baguettebrötchen, sie ihn Araberhirni – und dem jüdischen Nachbarn Monsieur Schatz arbeitet Jünger interreligiöse Konflikte auf und warnt vor einem Fortleben von Rassismus und Hass.
Die französische Schülerin Fanette wohnt mit ihrer Mutter im 12. Arrondissement in Paris. Die beiden sind sich nicht sehr nah und habe keine enge Bindung. Aber beide haben gute Beziehungen zu dem netten, alten Nachbarn Monsieur Schatz, mit dem Fanette seit ihrer Kindheit befreundet ist. Sie pflegt den alten Mann und hört sich mit Begeisterung seine Geschichten an. Bei einem Schülerauslandsaufenthalt begibt sich die Vierzehnjährige, mit einem mysteriösen Abholschein für einen Damenmantel in ein idyllisches, rheinisches Dorf, der alten Heimat von Aron Schatz. Hier forscht sie nach der Geschichte von Arons Verwandten, die bei Minsk von den Nationalsozialisten ermordet worden sind. Die Details ihrer Verfolgung und ihres Todes machen Fanette die Geschichte der Judenverfolgung deutlich.
Mit spannenden Perspektivwechseln zwischen den Lebenden und den toten Verwandten von Aron Schatz spannt die Autorin einen Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart. In Monologen fragen sich verstorbene Kinder „Wieso war es plötzlich schlimm, Jude zu sein?“ und wundern sich über neue Holzschilder mit der Aufschrift „Für Hunde und Juden verboten.“ Bedrückt liest man die hoffnungsvollen Worte von Tante Jenny, die in der Deportation einen neuen Lichtblick sieht „Dort im Osten sollten wir eine neue Heimat bekommen und sogar Arbeit“.. Die Grenzen zwischen Realität, Vergangenheit und Fiktion verschwimmen. Eine weitere Brücke in die Vergangenheit schlägt der alte graue unscheinbare Damenmantel, mit Fischgrätmuster, den Tante Jenny bis zu ihrer Rückkehr dem Schneidermeister zur Aufbewahrung gegeben hatte und der immer noch in dessen Familie sorgfältig gepflegt wird. Die Spuren der Toten scheinen im Dorf noch nicht ganz verblasst zu sein.
Neben einer historischen Einführung in Ausgrenzung, Verfolgung und Deportation der jüdischen Bevölkerung, gibt die Autorin Einblicke in die jüdische Religion und Geschichte. So erfährt der Leser, was die kleinen schwarzen Kästchen auf der Stirn bedeuten, wie Jiddisch klingt oder was genau es mit der Ritualmordlegende auf sich hat. Um Anspielungen auf Ereignisse des Nationalsozialismus verstehen zu können, sollte sich der Leser in der Schule mit dem Thema beschäftigt haben.
Aron erzählt, er habe sich im Krieg nach Kanada retten können. Dass Kanada dabei jedoch nicht für das Land, sondern für die Abteilung im KZ Auschwitz steht, in der Wertgegenstände der Häftlinge sortiert, aufbewahrt und wiederverwertet worden sind, bedeutet ein Schockmoment für Fanette und für jungen Leser.
Die Gespräche zwischen Moumouche und Aron Schatz warnen vor Fanatismus und Rassismus. „Andererseits funktioniert das Ganze auch, wenn man statt Jude Araber sagt oder Kommunist, Rohingya, Schwuler, Roma, Lesbe oder was auch immer“, stellt Moumouche fest.
Die Mahnung, des toten jüdischen Mädchens versteht sich als Appell an die Gegenwart: „Warum hat eure Angst die Macht besiegt, die euch keiner nehmen konnte? Die Macht, Nein zu sagen.“ (ab 13 Jahre)
VANESSA PRATTES
Brigitte Jünger:
Der Mantel.
Jungbrunnen Verlag, Wien 2019. 220 Seiten, 15,99 Euro.
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"Empfohlen für Jugendliche und Erwachsene." Ursula Führer, ekz-Informationsdienst "Um junge Leser für diese Zeit und das begangene Unrecht zu sensibilisieren, kann ich mir derzeit kein besseres Buch als das vorliegende vorstellen." Christa Robbers, Kids Best Books "Ein berührender und tiefgründiger Roman als Pflichtlektüre." Elisabeth Nikbakhsh, ORF.at "Das Buch 'Der Mantel' von Brigitte Jünger kann einen wichtigen Beitrag im Abbau von Stereotypen leisten und vermittelt eine altersgerechte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus." Vanessa Prattes, Süddeutsche Zeitung "macht Erinnerungskultur teenagergerecht und alltagsnah greifbar" Anne Amend-Söchting, literaturkritik.de "'Der Mantel' ist ein besonderes Buch für Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren. Ihr lest eine spannende Geschichte und erfahrt gleichzeitig viel über die Religion, das Leben und die Verfolgung der Juden." NRZ "Ein in jeder Beziehung beeindruckendes Jugendbuch" Martina Mattes, Der Evangelische Buchberater