Eine abenteuerliche Reise, eine geheime Mission, eine fast perfekte Rache - ein echter Jonasson!
Wunderbar verrückt und respektlos komisch: Profitgieriger schwedischer Galerist, der für Geld über Leichen geht, trifft auf kenianischen Massai-Krieger, der nicht genau weiß, was Geld ist, dafür aber ein millionenschweres Gemälde besitzt, das von der deutsch-afrikanischen Künstlerin Irma Stern stammen könnte ...
In seiner einzigartigen Erzählweise beschreibt Jonasson einen Kultur-Clash der Extraklasse und hält den Menschen den Spiegel vor. Wie in seinen bisherigen Weltbestsellern umgarnt Jonasson seine Leserinnen und Leser mit überbordendem Ideenreichtum und zeichnet seine Figuren mit so viel Witz und Charme, dass es eine wahre Freude ist!
Wunderbar verrückt und respektlos komisch: Profitgieriger schwedischer Galerist, der für Geld über Leichen geht, trifft auf kenianischen Massai-Krieger, der nicht genau weiß, was Geld ist, dafür aber ein millionenschweres Gemälde besitzt, das von der deutsch-afrikanischen Künstlerin Irma Stern stammen könnte ...
In seiner einzigartigen Erzählweise beschreibt Jonasson einen Kultur-Clash der Extraklasse und hält den Menschen den Spiegel vor. Wie in seinen bisherigen Weltbestsellern umgarnt Jonasson seine Leserinnen und Leser mit überbordendem Ideenreichtum und zeichnet seine Figuren mit so viel Witz und Charme, dass es eine wahre Freude ist!
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensentin Birgit Morgenrath zeigt sich entsetzt über den Erfolg von Jonas Jonassons Roman über einen Kenianer in Stockholm. Ihrer Meinung nach werden der afrikanische Kontinent und seine Bewohner durch Jonassons ironischen Stil lächerlich gemacht. Der Autor käut nicht nur sämtliche Afrika-Klischees wider, von der vermeintlichen Polygamie und der vitalen Rohheit der Menschen bis zu ihrer Ahnungslosigkeit. Dass Jonasson mit kolonialistischen Begriffen hantiert, macht ihn für Morgenrath allerdings selbst zu einem naiven Zeitgenossen. Was es bedeutet, wenn so ein Buch zum Spiegel-Bestseller wird, malt sich die Rezensentin mit Schrecken aus.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2020Ein reines Herz fällt vom Himmel
Jonas Jonasson schreibt über einen Schweden, der zum Massai wird. Im Lichte aktueller Debatten eine befremdliche Geschichte
Akazien sind sehr nützliche Bäume, die in der Savanne selbst bei großer Trockenheit gedeihen, und hier erweist sich der Baum auch noch als Lebensretter für einen jungen Mann aus Stockholm. Kevin ist gerade volljährig und von seinem Erzeuger nach Kenia gelockt worden, mit der Aussicht auf einen schönen Urlaub. Nun steht er verloren in der Wildnis, der Vater hat sich mit dem Mietwagen aus dem Staub gemacht. Er möchte den Sohn, den er mit einer schwarzen Prostituierten gezeugt hat und der ihm nur auf der Tasche liegt, möglichst unauffällig loswerden: „Kevin gehörte nach Afrika wie der Fisch ins Wasser“, denkt sich Victor. Er träumt schon lange von einem arischen Schweden, einem nordischen Führer – also nichts wie weg mit dem Bastard.
Was tun in so einer Situation? Kevin klettert auf die Akazie, denn er hat auf der Fahrt schon die Löwen gesehen, die nach Sonnenuntergang auf ein gediegenes Mahl warten. Warum soll er ausgerechnet hier und jetzt sterben? Absolut unbegreiflich, aber das Leben besteht ja, wenn es nach dem schwedischen Bestsellerautor Jonas Jonasson geht, aus einer schier endlosen Kette absurder Zufälle. Deshalb ist es absolut nachvollziehbar, dass Kevin allein im Baum schließlich aus drei Metern herunterplumpst, im nächsten Moment von einem kenianischen Medizinmann namens Ole Mbatian aufgelesen und ins nächste Dorf getragen wird. Dieser Ole hat neben zwei zänkischen Ehefrauen acht Töchter zu Hause und möchte nichts lieber als einen Sohn, den er mit mit Speer und Wurfkeule vertraut machen kann.
Ein hübscher Schwede mit dunkler Haut und reinem Herzen, der einfach so vom Himmel fällt? So was gibt es wirklich nur bei Jonas Jonasson.
„Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte“, heißt das fünfte Buch des Autors, der 2010 mit dem Schelmenroman „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ weltberühmt wurde. Seitdem hat er mehr als 16 Millionen Bücher verkauft, aberwitzige Geschichten mit skurrilen Figuren; Jonasson lässt sie oft wie im Varieté-Theater aus der Tapete treten, um sie dann nach ein, zwei kurzen Kapiteln wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen. Seine Bücher wirken wie wilde Kamerafahrten, oft rast er einmal quer durch die Weltgeschichte, wie weiland der Baron von Münchhausen, der seine Jagdgesellschaft mit den unwahrscheinlichsten Abenteuern unterhielt und die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft setzte. Die perfekte Lektüre für ungeduldige Leser, denn auch bei Jonasson, einem gänzlich uneitlen Erzähler, kann man sich dem Rausch der Handlung hingeben, ohne in menschliche Abgründe blicken zu müssen. Also gleich wieder rein ins Getümmel: Kevin, der junge Mann aus der Akazie, lernt in seiner neuen Heimat das Handwerk des Kriegers. Er wird in Afrika zum Massai.
Bis zu dem Tag, als es um seine Vorhaut geht. Auf die rituelle Beschneidung im Dorf hat er nicht die geringste Lust. Stattdessen steckt er zwei Bilder der Malerin Irma Stern aus der väterlichen Hütte ein, deren wahrer Wert sich erst später herausstellen wird, und nimmt das nächste Flugzeug zurück nach Stockholm. Dort trifft Kevin auf Jenny, die Tochter des bekannten Kunsthändlers Alderheim. Sie ist ebenfalls ein Opfer des skrupellosen Victor, dem es gelungen ist, über die Jahre erst den alten Alderheim um den Finger zu wickeln und dann dessen Tochter zu heiraten. Als der Vater stirbt, steht Jenny vor dem Nichts: Victor hat sich die Meisterwerke der Galerie unter den Nagel gerissen.
Der ungeliebte Sohn und die betrogene Ehefrau schmieden einen Pakt, sie wollen den Ruf des Kunsthändlers ruinieren – mit Hilfe einer professionellen Agentur, die sich „Rache ist süß GmbH“ nennt. Gar keine schlechte Idee: ein Unternehmen, das gegen Honorar boshafte Nachbarn, miese Chefs oder charakterlose Ex-Männer bestraft, ohne dass die Auftraggeber selbst aktiv werden müssen. Das Rachemotiv könnte sogar diesen Roman einigermaßen zusammenhalten, doch dann biegt der Erzähler abermals ab: Ole Mbatian hat den langen Weg nach Schweden auf sich genommen, um seinen verlorenen Ziehsohn wieder in die Arme schließen zu können. Und natürlich richtet so ein Massai mitten im Stockholmer Winter heillose Verwirrung an, wenn er mit Shuka-Tuch und Wurfkeule durch die Straßen läuft und jeden seiner neuen Bekannten herzlich umarmen will – sogar den Nazi-Kunsthändler.
Manche Kapitel in diesem Buch liest man mit einem gewissen Befremden. Die aktuelle Rassismusdebatte und Diskussionen um kulturelle Aneignung glaubt Jonasson weitgehend ignorieren zu können – bei ihm sind die kenianischen Dorfbewohner kuriose Halbwilde aus dem Tal der Ahnungslosen. Das ist schon nah dran an der Karikatur. Andererseits aber ist der Medizinmann, den es ins eiskalte Land der Bürokraten verschlägt, die einzig lebenskluge Figur in dieser Komödie – er versteht nur nicht, dass die überaus höflichen Schweden immer gleich nach der Personalnummer fragen, wenn es um Menschen geht.
Ist das Ganze nun ein etwas wunderlicher Kunstkrimi, eine Gesellschaftssatire, die sich über die Regeln der politischen Korrektheit lustig macht, eine Culture-Clash-Geschichte? Es ist vor allem ein einziges Durcheinander. Fehlt nur noch ein Auftritt der großen Führerfreundin Leni Riefenstahl, die bekanntlich keinem Krieger aus dem Weg gehen konnte und bei jedem Massai, der ihr vor die Linse lief, wahre Freudentänze aufführte.
Auch wenn immer wieder mal der lakonische Witz aufblitzt, den seine Fans so schätzen: Letztlich scheitert Jonasson hier am Gesetz der Schwerkraft. Es gelingt ihm nicht, all die Bälle im Spiel zu halten. Zu viel erzählerischer Ballast, zu viele Finten und zu flache Figuren verhindern, dass die größte Stärke des Erzählers zur Entfaltung kommt: sein unbedingter Wille, das Leben als Komödie zu begreifen. Hier ist es eher eine Farce.
CHRISTIAN MAYER
Jonas Jonasson: Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte. Aus dem Schwedischen von Astrid Arz. C.Bertelsmann, München 2020. 399 Seiten, 22 Euro.
Nach Sonnenuntergang warten hungrige Löwen. Jonassons Protagonist rettet sich auf den Baum.
Foto:Christina Krutz/ imago images
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Jonas Jonasson schreibt über einen Schweden, der zum Massai wird. Im Lichte aktueller Debatten eine befremdliche Geschichte
Akazien sind sehr nützliche Bäume, die in der Savanne selbst bei großer Trockenheit gedeihen, und hier erweist sich der Baum auch noch als Lebensretter für einen jungen Mann aus Stockholm. Kevin ist gerade volljährig und von seinem Erzeuger nach Kenia gelockt worden, mit der Aussicht auf einen schönen Urlaub. Nun steht er verloren in der Wildnis, der Vater hat sich mit dem Mietwagen aus dem Staub gemacht. Er möchte den Sohn, den er mit einer schwarzen Prostituierten gezeugt hat und der ihm nur auf der Tasche liegt, möglichst unauffällig loswerden: „Kevin gehörte nach Afrika wie der Fisch ins Wasser“, denkt sich Victor. Er träumt schon lange von einem arischen Schweden, einem nordischen Führer – also nichts wie weg mit dem Bastard.
Was tun in so einer Situation? Kevin klettert auf die Akazie, denn er hat auf der Fahrt schon die Löwen gesehen, die nach Sonnenuntergang auf ein gediegenes Mahl warten. Warum soll er ausgerechnet hier und jetzt sterben? Absolut unbegreiflich, aber das Leben besteht ja, wenn es nach dem schwedischen Bestsellerautor Jonas Jonasson geht, aus einer schier endlosen Kette absurder Zufälle. Deshalb ist es absolut nachvollziehbar, dass Kevin allein im Baum schließlich aus drei Metern herunterplumpst, im nächsten Moment von einem kenianischen Medizinmann namens Ole Mbatian aufgelesen und ins nächste Dorf getragen wird. Dieser Ole hat neben zwei zänkischen Ehefrauen acht Töchter zu Hause und möchte nichts lieber als einen Sohn, den er mit mit Speer und Wurfkeule vertraut machen kann.
Ein hübscher Schwede mit dunkler Haut und reinem Herzen, der einfach so vom Himmel fällt? So was gibt es wirklich nur bei Jonas Jonasson.
„Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte“, heißt das fünfte Buch des Autors, der 2010 mit dem Schelmenroman „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ weltberühmt wurde. Seitdem hat er mehr als 16 Millionen Bücher verkauft, aberwitzige Geschichten mit skurrilen Figuren; Jonasson lässt sie oft wie im Varieté-Theater aus der Tapete treten, um sie dann nach ein, zwei kurzen Kapiteln wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen. Seine Bücher wirken wie wilde Kamerafahrten, oft rast er einmal quer durch die Weltgeschichte, wie weiland der Baron von Münchhausen, der seine Jagdgesellschaft mit den unwahrscheinlichsten Abenteuern unterhielt und die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft setzte. Die perfekte Lektüre für ungeduldige Leser, denn auch bei Jonasson, einem gänzlich uneitlen Erzähler, kann man sich dem Rausch der Handlung hingeben, ohne in menschliche Abgründe blicken zu müssen. Also gleich wieder rein ins Getümmel: Kevin, der junge Mann aus der Akazie, lernt in seiner neuen Heimat das Handwerk des Kriegers. Er wird in Afrika zum Massai.
Bis zu dem Tag, als es um seine Vorhaut geht. Auf die rituelle Beschneidung im Dorf hat er nicht die geringste Lust. Stattdessen steckt er zwei Bilder der Malerin Irma Stern aus der väterlichen Hütte ein, deren wahrer Wert sich erst später herausstellen wird, und nimmt das nächste Flugzeug zurück nach Stockholm. Dort trifft Kevin auf Jenny, die Tochter des bekannten Kunsthändlers Alderheim. Sie ist ebenfalls ein Opfer des skrupellosen Victor, dem es gelungen ist, über die Jahre erst den alten Alderheim um den Finger zu wickeln und dann dessen Tochter zu heiraten. Als der Vater stirbt, steht Jenny vor dem Nichts: Victor hat sich die Meisterwerke der Galerie unter den Nagel gerissen.
Der ungeliebte Sohn und die betrogene Ehefrau schmieden einen Pakt, sie wollen den Ruf des Kunsthändlers ruinieren – mit Hilfe einer professionellen Agentur, die sich „Rache ist süß GmbH“ nennt. Gar keine schlechte Idee: ein Unternehmen, das gegen Honorar boshafte Nachbarn, miese Chefs oder charakterlose Ex-Männer bestraft, ohne dass die Auftraggeber selbst aktiv werden müssen. Das Rachemotiv könnte sogar diesen Roman einigermaßen zusammenhalten, doch dann biegt der Erzähler abermals ab: Ole Mbatian hat den langen Weg nach Schweden auf sich genommen, um seinen verlorenen Ziehsohn wieder in die Arme schließen zu können. Und natürlich richtet so ein Massai mitten im Stockholmer Winter heillose Verwirrung an, wenn er mit Shuka-Tuch und Wurfkeule durch die Straßen läuft und jeden seiner neuen Bekannten herzlich umarmen will – sogar den Nazi-Kunsthändler.
Manche Kapitel in diesem Buch liest man mit einem gewissen Befremden. Die aktuelle Rassismusdebatte und Diskussionen um kulturelle Aneignung glaubt Jonasson weitgehend ignorieren zu können – bei ihm sind die kenianischen Dorfbewohner kuriose Halbwilde aus dem Tal der Ahnungslosen. Das ist schon nah dran an der Karikatur. Andererseits aber ist der Medizinmann, den es ins eiskalte Land der Bürokraten verschlägt, die einzig lebenskluge Figur in dieser Komödie – er versteht nur nicht, dass die überaus höflichen Schweden immer gleich nach der Personalnummer fragen, wenn es um Menschen geht.
Ist das Ganze nun ein etwas wunderlicher Kunstkrimi, eine Gesellschaftssatire, die sich über die Regeln der politischen Korrektheit lustig macht, eine Culture-Clash-Geschichte? Es ist vor allem ein einziges Durcheinander. Fehlt nur noch ein Auftritt der großen Führerfreundin Leni Riefenstahl, die bekanntlich keinem Krieger aus dem Weg gehen konnte und bei jedem Massai, der ihr vor die Linse lief, wahre Freudentänze aufführte.
Auch wenn immer wieder mal der lakonische Witz aufblitzt, den seine Fans so schätzen: Letztlich scheitert Jonasson hier am Gesetz der Schwerkraft. Es gelingt ihm nicht, all die Bälle im Spiel zu halten. Zu viel erzählerischer Ballast, zu viele Finten und zu flache Figuren verhindern, dass die größte Stärke des Erzählers zur Entfaltung kommt: sein unbedingter Wille, das Leben als Komödie zu begreifen. Hier ist es eher eine Farce.
CHRISTIAN MAYER
Jonas Jonasson: Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte. Aus dem Schwedischen von Astrid Arz. C.Bertelsmann, München 2020. 399 Seiten, 22 Euro.
Nach Sonnenuntergang warten hungrige Löwen. Jonassons Protagonist rettet sich auf den Baum.
Foto:Christina Krutz/ imago images
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»eine Screwball-Komödie vom Allerfeinsten« Kölnische Rundschau