Es ist überraschend zu sehen, wie weit über die deutschen Grenzen hinaus auch der niedere Adel im 15. Jahrhundert schon vernetzt war. Andreas Reichlin von Meldegg geht zum Studieren ua nach Padua und lernt dort Menschen kennen, die ihm in seinem späteren Leben zum Beispiel als Papst oder als
Kardinal wieder begegnen. Reichlin ist Medicus und lebt ua in Überlingen am Bodensee. Er ist ein sehr…mehrEs ist überraschend zu sehen, wie weit über die deutschen Grenzen hinaus auch der niedere Adel im 15. Jahrhundert schon vernetzt war. Andreas Reichlin von Meldegg geht zum Studieren ua nach Padua und lernt dort Menschen kennen, die ihm in seinem späteren Leben zum Beispiel als Papst oder als Kardinal wieder begegnen. Reichlin ist Medicus und lebt ua in Überlingen am Bodensee. Er ist ein sehr gebildeter Mann und kann als vielleicht sogar als Universalgelehrter bezeichnet werden. Inspiriert durch seine Bekannten und deren Wunsch, mit großen Bauten der Nachwelt ein sichtbares Vermächtnis ihrer Bedeutsamkeit zu hinterlassen, baut er sich in Überlingen einen heute noch zu besichtigenden Palast, der an florentische Bauwerke erinnert.
Trotz seiner Bildung hat Reichlin erhebliche emotionale Defizite. Seine Frauen dienen ihm als Gebährmaschinen, seine Kinder werden mit harter Hand, die gerne auch straft, erzogen. Das macht ihn sehr unsympathisch. Wozu die Bildung, fragt man sich.
Das Buch ist grundsätzlich flüssig zu lesen und wartet mit viel Kenntnissen auf. Diese machen es gelegentlich zäh, wenn es einem Geschichts- oder Architekturbuch ähnelt. Sehr spannend ist die Beschreibung der Pest, ihre Behandlung und Bedeutung für die Gesellschaft jener Zeit.
Für Menschen um den Bodensee und Kenner der italienischen Architektur der Frührenaissance, ist das Buch sicherlich leichter zu lesen; mir haben zum Verständnis Zeichnungen oder QR Codes mit Verweis auf konkrete Bilder im Internet gefehlt.
Genauso fehlt ein Personenverzeichnis. Die handelnden Personen treten mit ihren Geburtsnamen, den Orten ihrer Herkunft und mit ihrem Titel, wenn sie z.B. ein kirchliches Amt übernommen haben, auf. Da ist mir der Überblick schon mal verloren gegangen. Nichtsdestotrotz hat mich die Autorin mit ihrer Begeisterung angesteckt und ich möchte nach Überlingen, Padua und Pienza.
Wer sich für das endende Mittelalter interessiert, eine romanhafte Biographie lesen mag und Architektur Themen spannend findet, der ist mit diesem Buch gut bedient.
Das Buch ist im Selbstverlag erschienen. Dort gibt es noch mehr ihrer Bücher. Ich kann mir schon vorstellen, dass Merkelbach eine feste Leserschaft hat.
Von mir gibt es 4 Sterne.