Ist das Gesicht ein plastisches Bild? Ist es ein sinnliches Objekt, ein Phänomen? Emmanuel Levinas ist zwar Phänomenologe, versucht aber keineswegs, das Gesicht in seinem phänomenalen Aspekt zu erfassen. Tatsächlich entspricht das, was im levinassischen Dispositiv unter dem Begriff "Gesicht" verstanden wird, weder dem Gesicht noch einer sichtbaren Form. Das Gesicht bezeichnet bei Levinas die Art und Weise der Präsentifikation von Autrui, d.h. die radikale Andersartigkeit von Autrui. Diese Art, das Gesicht zu begreifen, führt notwendigerweise dazu, die Beziehung zu Anderen aus einer Perspektive zu betrachten, die die Irreduzibilität Anderer auf die Körperlichkeit festschreibt. Hinter einem solchen Ansatz verbirgt sich nicht nur das Schicksal der westlichen Metaphysik, sondern auch eine neue Art von Ethik, die in der Intersubjektivität als asymmetrische Beziehung zwischen dem Gleichen und dem Anderen wurzelt.