Da ist er wieder, der Miesepups! Worüber wird sich der alte Stinker wohl im lang ersehnten dritten Teil aufregen? Kleiner Tipp: Es gibt neben dem Miesepups auch die Miesepups. Und die beiden zoffen sich am allerliebsten, bis die Fetzen fliegen. Aber fliegen tut erst mal nur der Miesepups. Und zwar auf den Mond.
Jetzt ratet, wer sich auf die Reise in den Weltraum begibt und wieder alles ins Lot bringt ...
Jetzt ratet, wer sich auf die Reise in den Weltraum begibt und wieder alles ins Lot bringt ...
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Dietmar Dath feiert den Rhythmus im neuen Kinder(vor-)lesebuch von Kirsten Fuchs und Cindy Schmid. Da geht's meistens lustig zu, versichert er, nur bisschen musikalischen Sinn sollte man besitzen. Dann macht die Geschichte vom Miesepups, den seine Frau, "die Miesepups" auf den Mond schießt, und nun muss ihn das Kucks zurückholen, gleich noch mal soviel Spaß, versichert Dath. Auf wissenschaftlich-philosophische Art wird laut Dath im Buch ferner ganz entzückend übers Leben nachgedacht, über dunkle Materie und die Pflicht zum Retten. Schmids Collagen schaffen dazu etwas Unberechenbares, unbedingt Schauenswertes, so der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.2021Mit dem Schnipskatapult zum Kosmoskreps
Zum dritten Mal wird das Universum von einem Krautwesen überfallen und durchgekitzelt: "Der Miesepups auf dem Mond" überholt als Buch jeden Trickfilm.
Wer im Geringsten musikalisch ist, hört beim Lesen des folgenden Satzes sofort ein Lied: "Das Kucks fliegt durch das All, das Kucks fliegt durch das All, das Kucks fliegt durch das Weltenall, die Erde ist ein Plastikball, das Kucks fliegt durch das All."
Gesungen wird dieser höchst exakte Quatsch vom Kucks persönlich. Das ist ein Wuschelwesen, welches die große Reise, von der die kleine Weise handelt, unternimmt, um eine Art denkenden, sachte wahnsinnigen Krauthaufen zu suchen, der sich weit weniger zum Streicheln, Kraulen oder Kitzeln eignet als das Kucks. Der Krauthaufen heißt "Miesepups" und versucht durch sorgfältig ergrummelte Ab- und Anwesenheiten die Handlung des Buches "Der Miesepups auf dem Mond" zu dominieren, wie er das schon bei zwei vorangegangenen Werken ("Der Miesepups", 2016, und "Der Miesepups hat was im Gesicht", 2017) probiert hat. Man kann nicht sagen, dass er im klassischen Wortsinn der Held dieser Bücher sei, aber ihr Spielmacher ist er: Die anderen Geschöpfe, die der Schriftstellerin Kirsten Fuchs und der Bildkünstlerin Cindy Schmid für diese Bücher eingefallen sind, müssen sich zum Miesepups irgendwie verhalten, meistens lustig. Neu am neuen Band ist das Hauptereignis, nämlich dass der Miesepups von seiner Frau auf den Mond geschossen und vom Kucks zurückgeholt wird. Die Frau ist ebenfalls neu, sie heißt "die Miesepups", eine zupackende Lösung geschlechtersprachtheoretischer Fragen. Um die Personendifferenzierung zu erleichtern, hat die Miesepups außerdem "viel mehr Blüten und Knospen und ganz andere Kleidung".
Fast immer wird hier so auf wissenschaftlicher Höhe über die Dinge des Lebens gedacht und geredet: Wer ins All will, braucht ein "Schnipskatapult" (das allerdings seine Tücken hat), und die Astrophysik von Fuchs und Schmid kennt wie die akademische ihre dunkle Materie: "Im Schwarz vom Weltall bewegte sich irgendwas, etwas noch Schwärzeres." Es ist ein Krebs, genauer: "der Kosmoskreps", mit hartem "p", nach eigenen Angaben "sehr kroß", mit hartem "k", aber nicht besonders zum Fürchten. Dieser angstfreien Ontologie und Epistemologie entspricht die Ethik des Buches: Man muss den Miesepups zum Beispiel retten, obwohl er leicht fies und eigentlich auch kaum in Gefahr ist, weil Retten sich halt gehört.
Abermals haben damit Fuchs und Schmid, wie der Rücken des ersten Bandes erklärt, "ein Buch für Leser und Vorleser ab vier" geschaffen, "die ein Kucks oder einen Miesepups kennen oder selbst manchmal ein Kucks oder Miesepups sind", also ziemlich viele.
Außer zum Lesen und Vorlesen lädt das Buch stark zum Schauen ein - Cindy Schmids Bilder setzen Fellfetzen und Augenfotos zu Figuren zusammen; Collageprinzip, klar, aber Vorsicht, es gibt ja mindestens zwei grundverschiedene Arten des gegenständlichen Collagierens: Einerseits solche, bei denen die Bauteile ihren Eigensinn abgeben müssen, damit das Bild zum Publikum spricht (ähnlich dem Verfahren, mit dem man aus Silben Wörter macht, gebräuchlich vor allem in der Werbegrafik und bei viel zu viel kommerziellem Photoshop-Murks), und andererseits die riskanteren, bei denen besagten Bauteilen ein unberechenbares Leben, Feixen und Spinnen behalten zukommt (ähnlich dem Verfahren, mit dem man aus Wörtern Sätze macht, das heißt: bereits Bedeutsames in neue Bedeutungen hineinhext, klassisch entwickelt von Max Ernst, Ror Wolf und eben Schmid).
In seiner Wildheit entspricht Schmids Bilderparty perfekt dem Text von Fuchs, dessen Brüche und Knitterfalten (oft wird etwas anerzählt, dann abgebrochen, dann neu gewagt und so weiter) lachende Strukturen und Dynamiken in den ganzen Irrwitz setzen. Man lernt so, wie leicht es dem Medium Buch fällt, Trickfilme und Computerspiele nicht allein einzuholen, sondern als Erlebnisquelle gar zu übertreffen: Vergesst das leere Tempo, die flache Beschleunigung, entscheidend für Spaß ist Rhythmus!
DIETMAR DATH
Kirsten Fuchs, Cindy Schmid: "Der Miesepups auf dem Mond".
Verlag Voland & Quist, Berlin 2020. 48 S., geb., 16,- [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zum dritten Mal wird das Universum von einem Krautwesen überfallen und durchgekitzelt: "Der Miesepups auf dem Mond" überholt als Buch jeden Trickfilm.
Wer im Geringsten musikalisch ist, hört beim Lesen des folgenden Satzes sofort ein Lied: "Das Kucks fliegt durch das All, das Kucks fliegt durch das All, das Kucks fliegt durch das Weltenall, die Erde ist ein Plastikball, das Kucks fliegt durch das All."
Gesungen wird dieser höchst exakte Quatsch vom Kucks persönlich. Das ist ein Wuschelwesen, welches die große Reise, von der die kleine Weise handelt, unternimmt, um eine Art denkenden, sachte wahnsinnigen Krauthaufen zu suchen, der sich weit weniger zum Streicheln, Kraulen oder Kitzeln eignet als das Kucks. Der Krauthaufen heißt "Miesepups" und versucht durch sorgfältig ergrummelte Ab- und Anwesenheiten die Handlung des Buches "Der Miesepups auf dem Mond" zu dominieren, wie er das schon bei zwei vorangegangenen Werken ("Der Miesepups", 2016, und "Der Miesepups hat was im Gesicht", 2017) probiert hat. Man kann nicht sagen, dass er im klassischen Wortsinn der Held dieser Bücher sei, aber ihr Spielmacher ist er: Die anderen Geschöpfe, die der Schriftstellerin Kirsten Fuchs und der Bildkünstlerin Cindy Schmid für diese Bücher eingefallen sind, müssen sich zum Miesepups irgendwie verhalten, meistens lustig. Neu am neuen Band ist das Hauptereignis, nämlich dass der Miesepups von seiner Frau auf den Mond geschossen und vom Kucks zurückgeholt wird. Die Frau ist ebenfalls neu, sie heißt "die Miesepups", eine zupackende Lösung geschlechtersprachtheoretischer Fragen. Um die Personendifferenzierung zu erleichtern, hat die Miesepups außerdem "viel mehr Blüten und Knospen und ganz andere Kleidung".
Fast immer wird hier so auf wissenschaftlicher Höhe über die Dinge des Lebens gedacht und geredet: Wer ins All will, braucht ein "Schnipskatapult" (das allerdings seine Tücken hat), und die Astrophysik von Fuchs und Schmid kennt wie die akademische ihre dunkle Materie: "Im Schwarz vom Weltall bewegte sich irgendwas, etwas noch Schwärzeres." Es ist ein Krebs, genauer: "der Kosmoskreps", mit hartem "p", nach eigenen Angaben "sehr kroß", mit hartem "k", aber nicht besonders zum Fürchten. Dieser angstfreien Ontologie und Epistemologie entspricht die Ethik des Buches: Man muss den Miesepups zum Beispiel retten, obwohl er leicht fies und eigentlich auch kaum in Gefahr ist, weil Retten sich halt gehört.
Abermals haben damit Fuchs und Schmid, wie der Rücken des ersten Bandes erklärt, "ein Buch für Leser und Vorleser ab vier" geschaffen, "die ein Kucks oder einen Miesepups kennen oder selbst manchmal ein Kucks oder Miesepups sind", also ziemlich viele.
Außer zum Lesen und Vorlesen lädt das Buch stark zum Schauen ein - Cindy Schmids Bilder setzen Fellfetzen und Augenfotos zu Figuren zusammen; Collageprinzip, klar, aber Vorsicht, es gibt ja mindestens zwei grundverschiedene Arten des gegenständlichen Collagierens: Einerseits solche, bei denen die Bauteile ihren Eigensinn abgeben müssen, damit das Bild zum Publikum spricht (ähnlich dem Verfahren, mit dem man aus Silben Wörter macht, gebräuchlich vor allem in der Werbegrafik und bei viel zu viel kommerziellem Photoshop-Murks), und andererseits die riskanteren, bei denen besagten Bauteilen ein unberechenbares Leben, Feixen und Spinnen behalten zukommt (ähnlich dem Verfahren, mit dem man aus Wörtern Sätze macht, das heißt: bereits Bedeutsames in neue Bedeutungen hineinhext, klassisch entwickelt von Max Ernst, Ror Wolf und eben Schmid).
In seiner Wildheit entspricht Schmids Bilderparty perfekt dem Text von Fuchs, dessen Brüche und Knitterfalten (oft wird etwas anerzählt, dann abgebrochen, dann neu gewagt und so weiter) lachende Strukturen und Dynamiken in den ganzen Irrwitz setzen. Man lernt so, wie leicht es dem Medium Buch fällt, Trickfilme und Computerspiele nicht allein einzuholen, sondern als Erlebnisquelle gar zu übertreffen: Vergesst das leere Tempo, die flache Beschleunigung, entscheidend für Spaß ist Rhythmus!
DIETMAR DATH
Kirsten Fuchs, Cindy Schmid: "Der Miesepups auf dem Mond".
Verlag Voland & Quist, Berlin 2020. 48 S., geb., 16,- [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"'Der Miesepups auf dem Mond' überholt als Buch jeden Trickfilm."
Dietmar Dath, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Dietmar Dath, Frankfurter Allgemeine Zeitung