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Dass er einen Autounfall hatte, dass dabei einiges passiert sei, insbesondere in seinem Kopf und mit seinem Gedächtnis. Dass er zehn Tage im Koma gelegen habe und erst seit Kurzem wieder wach sei ... Und: dass er Claus Urspring heiße und er Ministerpräsident sei und es auch bleiben werde - ein politischer Begriff, ein Inbild der Vertrautheit und Unverrückbarkeit, der kurz vor einem alles entscheidenden Wahlkampf stehe ...
All das und noch einiges mehr erfährt Claus Urspring, ein von Wahlkampfhelfern und politischen Beratern Getriebener, ein soufflierter und inszenierter Mensch, der seit
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Produktbeschreibung
Dass er einen Autounfall hatte, dass dabei einiges passiert sei, insbesondere in seinem Kopf und mit seinem Gedächtnis. Dass er zehn Tage im Koma gelegen habe und erst seit Kurzem wieder wach sei ... Und: dass er Claus Urspring heiße und er Ministerpräsident sei und es auch bleiben werde - ein politischer Begriff, ein Inbild der Vertrautheit und Unverrückbarkeit, der kurz vor einem alles entscheidenden Wahlkampf stehe ...

All das und noch einiges mehr erfährt Claus Urspring, ein von Wahlkampfhelfern und politischen Beratern Getriebener, ein soufflierter und inszenierter Mensch, der seit seinem Unfall kaum mehr weiß, wer er einmal war und was mit ihm eigentlich ist.

Zwischen liebenswerter Ahnungslosigkeit und kindlichem Erstaunen, zwischen Fremdsteuerung und eigensinniger Selbstbehauptung erzählt der Roman einen um Erinnerungen und Selbstfindung ringenden Helden, der sich in einer Welt wieder findet, in der Politik nur noch leere Inszenierung und inhaltloser Schein ist.
Autorenporträt
Zelter, Joachim
Joachim Zelter 1962 in Freiburg geboren, studierte und lehrte englische Literatur in Tübingen und Yale. Seit 1997 freier Schriftsteller. Autor von Romanen, Erzählungen und Theaterstücken, die an zahlreichen deutschen und österreichischen Bühnen gespielt werden. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Thaddäus-Troll-Preis (2000), der Fördergabe der Internationalen Bodenseekonferenz (2000), dem Großen Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg (2003) sowie dem Jahresstipendium des Landes Baden-Württemberg (2005). Bei Klöpfer & Meyer sind erschienen: Briefe aus Amerika. Roman (1998), Die Würde des Lügens. Roman (2000), Die Lieb-Haberin. Roman (2002), Das Gesicht. Roman (2003), Betrachtungen eines Krankenhausgängers. Erzählungen (2004), Schule der Arbeitslosen. Roman (2006).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.08.2010

Schwatzwaldklinik
Joachim Zelters Satire „Der Ministerpräsident“
Natürlich denkt man sofort an Dieter Althaus, seinen Skiunfall und die Wochen danach. Gut möglich, dass der damals so seltsam apathisch wirkende Ministerpräsident des Freistaats Thüringen den Tübinger Schriftsteller Joachim Zelter zu seinem neuen Roman inspiriert hat, ihn zumindest auf die Idee brachte, Claus Urspring, seinen „Ministerpräsidenten“ einer komplexen Persönlichkeit zu entheben und ihn eher einem ferngesteuerten Roboter ähneln zu lassen.
Auf diese Weise ist es Zelter gelungen, einen Ich-Erzähler zu erschaffen, der sich selbst einigermaßen fremd ist und darum seine eigene Geschichte mit Distanz erzählen kann. Seit einem Autounfall nämlich leidet oder besser: erfreut sich Urspring einer Form der Amnesie, die ihn seine Umgebung wie einen Film erleben lässt, in dem er selbst wie ein Statist auftritt, und nicht in der Hauptrolle, die einem Ministerpräsidenten, nach gängiger Ansicht, zugedacht ist.
Doch ist es allein Ursprings Aufgabe, wie einem beim Lesen dieses temporeichen und für den deutschen Buchpreis nominierten Romans schnell bewusst wird, einem Amt sein Gesicht zu leihen, nicht, es mit Ideen oder gar seiner individuellen Persönlichkeit auszustatten. Er ist dazu da, bestimmte Funktionen zu erfüllen, unter anderem die, seine Partei an der Regierung und einzelne Personen an der Macht zu halten. Und da gerade die nächste Landtagswahl vor der Tür steht, dringt Julius März, sein Berater, sein Adlatus – was für eine Funktion nun diese zwielichtige Person ausfüllt, erfährt man nicht – dringt Julius März gegen den Rat der Ärzte darauf, die Rekonvaleszenz zu verkürzen, am besten ganz abzubrechen und gleich weiterzumachen mit Bodenseefahrten, Schwarzwaldwanderungen, Bierzeltreden.
Dabei kann sich Claus Urspring nicht einmal an seine Frau erinnern: „Der Gedanke war mir fern. Verheiratet zu sein. Eine Frau zu haben. Von einer Frau gehabt zu werden. Ob das überhaupt notwendig sei?“ Julius März schiebt solche Bedenklichkeiten Ursprings schnell beiseite: „Es sei gut und richtig“, teilt er Urspring mit, als wolle er ihm das Einmaleins der Politik erklären, „wenn ein Ministerpräsident eine Frau hat.“
Da auf einen solch grüblerischen und zugleich ahnungslosen Politiker wie Urspring freilich kein Verlass ist, kommt März auf die Idee, den Ministerpräsidenten allerlei Worte, Worthülsen und Versatzstücke einsprechen zu lassen und daraus dann die dem jeweiligen Anlass entsprechende Rede zusammenzuschneiden. Zu diesem Zweck engagiert der die begnadete Tontechnikerin Hannah, und gemeinsam mit ihr installiert er sich ganz in der Nähe des ministerpräsidentialen Krankenzimmers.
Joachim Zelter hat keine Scheu, dieses Krankenzimmer wie überhaupt den Wirkungskreis seiner Hauptfigur in Baden- Württemberg anzusiedeln, mehr noch, er lässt sogar den ganz realen Philosophen Peter Sloterdijk auftreten und dem Ministerpräsidenten ein paar Fragen stellen. Sollte diese lustige Einlage nicht mit Sloterdijk abgesprochen sein, so braucht sich dieser keineswegs zu ärgern: Zelters Roman ist von Anfang bis Ende Satire, und zwar eine sehr gute. Sie zielt nicht darauf, einzelne Personen bloßzustellen, sondern bestimmte Typen.
Die eigentliche Hauptrolle in der „Ministerpräsident“ spielt nämlich der Typ des intriganten Ränkeschmieds. Hier heißt er Julius März, und dieser März entblödet sich nicht, seinen Ministerpräsidenten auf ein Rennrad zu setzen, um dessen unfallbedingtes Humpeln zu kaschieren. Und so radelt Urspring auf die Wahlkampfbühnen Baden-Württembergs und gelobt nicht eher von seinem Rad zu steigen, als bis der CO2-Ausstoß um 20 Prozent gesenkt ist.
Auch deswegen hat der Fall Urspring wenig mit dem Fall Althaus zu tun: Urspring hat niemanden in den Tod, nur sich selbst ins Vergessen gerissen. Dadurch wird er selbst nach und nach zum Opfer, zum Spielball politischer Macht. Erwartet man anfangs noch, dass die Tontechnikerin Hannah seine Rettung sein könnte, so lässt sich Zelter auf ein solch billiges Happy End nicht ein. Auch Hannah schließlich instrumentalisiert Urspring für ihre eigenen, ganz unpolitischen Zwecke. Worauf sich Zelter hingegen verlässt, ist die Sogwirkung von Konjunktiv und indirekter Rede, ist die Eingängigkeit kurzer Sätze. Vorwerfen darf man ihm das keineswegs. Denn „Der Ministerpräsident“ will nicht mehr sein, als er ist: eine gute, eine kurzweilige Satire eben.
TOBIAS LEHMKUHL
JOACHIM ZELTER: Der Ministerpräsident. Roman. Verlag Klöpfer und Meyer, Tübingen 2010. 192 Seiten, 18,90 Euro.
„Der Gedanke war mir fern.
Eine Frau zu haben. Von einer
Frau gehabt zu werden.“
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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"Chapeau! Ein radikales - und zugleich ein unendlich leises und zartes Buch: Die politisch instrumentalisierte "Genesung" des nach einem Unfall erinnerungsgestörten Ministerpräsidenten Urspring verstümmelt sein Menschsein bis zur Unkenntlichkeit. Und doch gelingt es ihm, dank der besonderen Zuwendung einer jungen Frau, zu einem neuen, selbstbestimmten Leben zu finden.
Joachim Zelters "Ministerpräsident": ein tiefgründiger Roman über Macht und Moral, geschrieben mit der unnachahmlichen sprachlichen Prägnanz und dem Esprit eines Ausnahmeschriftstellers."

Manfred Zach, Autor des Politromans "Monrepos oder Die Kälte der Macht"

"Unter den deutschsprachigen Romanciers ist Joachim Zelter einer der größten Stilisten. Beiläufig demonitiert er die politische Sprache und ihre nichstsagenden Floskeln, und zwar buchstäblich. Erschreckende ist, wie genau Zelter politische Realität abbildet und als wie austauschbar er selbst politisches Führungspersonal entlarvt. Die Welt der Politik setzt er gegen die Welt des Menschlichen. Zelters Sprache hingegen ist hochmusikalisch und glasklar. Quasi als Kontrapunkt zur politischen Leere, die mit Worthülsen kompensiert wird, erzählt Zelter ohne jedes überflüssige Wort, frei von jeder Attitüde, zugleich schlicht und komplex wie eine Komposition von Bach."
Matthias Kehle, Badisches Tagblatt

"Joachim Zelter geht es um die Sprache des Polit-Betriebs und um die Sprache, die einen Menschen ein Stück weit zu dem macht, was er ist. Eine tolle Lektüre!"

Hamburger Lokalradio

"Die gute Satire nämlich lässt den Leser glauben, dass all dies, so unwahrscheinlich es klingt, doch möglich und vielleicht sogar längst Wirklichkeit ist. Dass sie, in diesem Fall, auch prächtig unterhält, darf nicht vergessen werden."
Cicero

"Diese geschliffenen Sätze, dieser feinsinnige Humor, der so locker daher kommt, der aber oft bitterböse sein kann und der gekonnt die Phrasen von (Un)Menschen mit ein paar gezielten Worten bloß stellt, die ganze gekonnte Rhetorik, das ist der Joachim Zelter, wie man ihn von seinen Lesungen und Büchern kennt und schätzt."
Reutlinger Generalanzeiger

"Politik ist bei Zelter eine Welt des Scheins, der Propaganda, der bloßen Hülle ohne Inhalt. Natürlich ist das nichts Neues. Doch Zelter hat seine These witzig und raffiniert in Fiktion gegossen. Sein Kunstgriff ist simpel wie bestechend. Mit der Erfindung des tumben Toren Claus Urspring, der zur Marionette seiner Partei wird, kann sich Zelter genüsslich über die Hohlheit hermachen, die Politik nicht selten auszeichnet. [...] Joachim Zelter zieht den Leser mit Macht und mit zugleich großer Leichtigkeit durch seinen Erzählstrom. Es gibt keine Kapitel, atemlos gleiten die Sätze voran. Man glaubt de Erzähler flüstern zu hören, in der charakteristischen Zelter'schen Scheinnaivität, hinter der sich maliziöse Schärfe verbirgt."
Stuttgarter Zeitung

"Eine geistvolle Satire!"
Buchmarkt

"Der Ministerpräsident ist ein Buch über den Irrsinn des Politikbetriebs, in dem es um Öffentlichkeitswirkung, Wählerstimmen und Umfragewerte geht. Also um Schein statt um Sein. Ein Ewigkeitsthema. Und eine Ewigkeitsfigur: der Narr. Denn durch seinen Unfall und die dort erlittenen Defizite wird Urspring zumindest teilweise in den Stand eines Kindes versetzt, erhält auch ein gewisses Maß an amoralischer Anarchie. Das ist befreiend komisch. Das Sujet ist klar, die Geschichte übersichtlich, wie aus einem Guss erzählt. Diese Einfachheit ist neben dem traumsicheren Sprachgefühl der Trumpf dieses Romans. Er ist grobkörnig, aber sehr genau. Er überzeichnet, stellt heraus, schert sich wenig um Glaubwürdigkeit dort, wo sie ihm nicht wichtig erscheint, erlaubt sich hier sogar ab und an einen Spaß, als wollte er sagen: Habe ich nicht nötig. Dort wo es allerdings nötig ist, trifft er allerdings zielsicher, das ist sein Realismus, der Realismus eines Satirikers."

Schwäbisches Tagblatt

"Der Ministerpr
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Tobias Lehmkuhl hat diese "sehr gute Satire" mit Vergnügen gelesen, die, wie er zusätzlich angetan feststellt, nicht mehr sein möchte als eine Satire. Seiner Einschätzung nach hat sich ihr Autor Joachim Zelter vom Skiunfall des "damals so seltsam apathisch wirkenden" thüringischen Ministerpräsidenten Althaus zu seiner - auch sprachlich gelungenen, weil soghaften - Geschichte inspirieren lassen. Zudem hat er seiner Hauptfigur als Unfallfolge gleich noch eine Amnesie verpasst. So macht es Sinn, dass der Protagonist sich benimmt wie ein "ferngesteuerter Roboter". Trotz dieser Nähe zu einer wahren Begebenheit stellt Zelter nach Lehmkuhls Meinung nicht "einzelne Personen bloß", sondern nur "bestimmte Typen".

© Perlentaucher Medien GmbH
"eine gute, eine kurzweilige Satire eben" Süddeutsche Zeitung