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"Ein FLUSS, DEN ES SICH ZU ERLESEN LOHNT." MARC REICHWEIN, DIE WELT
Kaum eine Region spielte für die literarische und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands eine so große Rolle wie das Neckartal zwischen dem Schwenninger Moos und Mannheim. Man denke nur an Hölderlin und Schiller, Waiblinger und Mörike und Hauff, aber auch an Hilde Domin oder Siegfried Unseld. Tübingen und Heidelberg, Esslingen und Stuttgart, Ludwigsburg und Marbach - Jan Bürgers Longseller, der dem Flusslauf folgt und die wichtigsten Orte beschreibt, fordert geradezu dazu auf, selbst die Reise den Neckar entlang…mehr

Produktbeschreibung
"Ein FLUSS, DEN ES SICH ZU ERLESEN LOHNT." MARC REICHWEIN, DIE WELT

Kaum eine Region spielte für die literarische und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands eine so große Rolle wie das Neckartal zwischen dem Schwenninger Moos und Mannheim. Man denke nur an Hölderlin und Schiller, Waiblinger und Mörike und Hauff, aber auch an Hilde Domin oder Siegfried Unseld. Tübingen und Heidelberg, Esslingen und Stuttgart, Ludwigsburg und Marbach - Jan Bürgers Longseller, der dem Flusslauf folgt und die wichtigsten Orte beschreibt, fordert geradezu dazu auf, selbst die Reise den Neckar entlang anzutreten.

"Und so ist dieses Buch vieles auf einmal: ein Reisebericht, der sich zu einer kleinen schwäbischen Literaturgeschichte weitet; ein Spiegelkabinett, in dem sich Gestern und Heute gegenseitig beleuchten; eine Industrie- und Mentalitätsgeschichte." Christian Gampert, Deutschlandfunk
Autorenporträt
Jan Bürger, 1968 geboren, veröffentlichte zuletzt 'Zwischen Himmel und Elbe. Eine Hamburger Kulturgeschichte' (C.H.Beck 2020). Er war Redakteur in Berlin und Gastprofessor in Nashville, Tennessee. Heute lebt er als Literaturwissenschaftler und Schriftsteller in Stuttgart. Seit 2002 arbeitet er am Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar, außerdem ist er Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.2013

In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf

Jan Bürgers "literarische Reise" entlang des Neckars ist anregende Literaturgeschichte am geographischen Leitfaden und Reiseführer durch Orte des Poesie.

Statt zur "Bewunderung fremder Länder und Völker" fordert ein anonymer Verfasser im ersten Band des Wochenblatts "Der Reisende" 1782 zur Entdeckung Deutschlands auf - einer Kulturnation, die erst knapp hundert Jahre später politisch verschmelzen sollte. Im Unterschied zu den beschwerlichen Weltumsegelungen eines Forster oder Chamisso vor zweihundert Jahren gilt das Fernreisen heute als lässige Selbstverständlichkeit. Selbst in der Gegenwartsliteratur sind viele Figuren ständig unterwegs, nur selten reichen ihre Beobachtungen indes an den kulturvergleichenden Scharfblick eines Christoph Ransmayr im "Atlas eines ängstlichen Mannes" aus dem vorigen Jahr heran.

Jan Bürger schweift nicht in die Ferne, sondern beschränkt sich mit seiner "literarischen Reise" entlang des Neckars auf die schwäbische Wahlheimat. Sein facettenreiches Panorama versieht er mit einem mehrdeutigen Untertitel: Bei dem Buch handelt es sich um eine Literaturgeschichte am geographischen Leitfaden des Flusses, sodann um einen literarischen Reiseführer durch die kleineren und größeren Gedächtnisorte des poetischen Geistes, schließlich noch um eine Art von Dichtung. Bürger, der sich auch schon an einem Roman versuchte, geht es bei all den selbst aufgesuchten Orten also nicht nur um lokale Autoren und Stadtgeschichten, sondern zugleich um eigene impressionistische Momentaufnahmen, etwa so: "Der 28. Mai 2011 ist in Esslingen ein Samstag von vielen. Auf dem geteerten Uferweg fährt ein Junge Kickboard. Die Rasenflächen sind braun. Auf einer ausgeblichenen Tropenholz-Bank liegt ein Eisstiel mit einem eingetrockneten Rest Schokolade. Eine Gruppe übergewichtiger Männer trottet vorbei."

In Stuttgart sind es entsprechend die Baumschützer des Bahnhofsprotestes, in Heidelberg das Ausflugsschiff "Neckarsonne" im Herbstnebel oder in Mannheim ein paar gebrauchte Spritzen und Kondome neben türkischen Baklava-Läden, die Anlass zu solchen Protokollsätzen geben. Sollen das assoziative Schnappschüsse, Aperçus, moderne Lyrik sein? Sie wirken fremd in einer sonst so homogen von der schwäbischen Romantik über die industrielle Revolution bis zum Weltkrieg und der Umweltzerstörung entworfenen Literatur- und Kulturgeschichte. Bürger erzählt in einem angenehmen, ruhigen Parlando. Und als Mitarbeiter des Deutschen Literaturarchivs in Marbach weiß er einfach ungeheuer viel über seine Umgebung und ihre Köpfe, über Schiller und Schubart, Iffland und Kotzebue, Hegel und Hölderlin, Uhland und Mörike, Lenau und Hauff, Gundolf und Max Weber.

An der Quelle des plätschernden Rinnsals in Schwenningen sitzt ein Zeitungsleser. Vertieft ist der junge Mann aus Bronze in ein Lokalblatt, das die Ersetzung eines vierhundert Jahre alten Bassins zur Markierung des Neckarursprungs mitfinanzierte. Von hier, dem Hochmoor des Schwarzwaldes, geht es mit den Flößern aus Wilhelm Hauffs Märchen "Das kalte Herz" steil bergab. Erst 450 Höhenmeter flussabwärts in Plochingen wird die heutige Schifffahrtsstraße mit der ersten von siebenundzwanzig Schleusen erreicht. Dazwischen liegt das Tübingen Hölderlins, der eine berühmte Ode an den Strom richtete. Sie beginnt mit folgenden Versen: "In deinen Thälern wachte mein Herz mir auf / Zum Leben, deine Wellen umspielten mich." Solche romantischen Eindrücke, die sich bei Hölderlin zugleich griechischen Landschaftsräumen verdanken, finden sich in etlichen Textbeispielen Bürgers. Aber auch auf einigen Bildern, die dem Band beigefügt sind, etwa auf Ansichten Gottlob Friedrich Steinkopfs oder William Turners aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert. Der begradigte, schiffbar gemachte und von der Industrie verschmutzte Fluss hat dieses Idyll beseitigt, das nur noch die Kunst und Literatur bewahrt.

Bürger verliert sich jedoch in keinen sentimentalen Klagen, sondern verschafft auch den vom Fluss geförderten Geld- und Wirtschaftsströmen ihr Recht. Er zeigt Gottlieb Daimler im ersten badischen Motorboot und lässt Bertha Benz im "Patent-Motorwagen mit Gasbetrieb" zu einer Demonstrationsfahrt den Neckar hinauf aufbrechen, um zu beweisen, dass dieses moderne Gefährt tatsächlich ganz ohne Pferde auskommt. Auch Politik bleibt nicht außen vor, die Kreise um Max Weber und Gundolf in Heidelberg werden wieder lebendig, Stefan George betritt als "Reserve-Dante wie ein Popstar" die Bühne. Insgesamt ist Jan Bürger eine vielschichtige und anregende Kulturgeschichte gelungen, die den Neckar vor allem als verbindenden Faden nutzt, auf den viele polierte Perlen aufgezogen werden. So durchbricht er das traditionelle Modell der chronologischen Darstellung auf erfrischende Weise.

ALEXANDER KOSENINA.

Jan Bürger: "Der Neckar". Eine literarische Reise.

Verlag C. H. Beck, München 2013. 286 S., Abb., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Während die populäre Gegenwartsliteratur gerne den Blick auf andere Länder richtet, meist gar auf mehrere in möglichst kurzer Abfolge und leider selten besonders tiefgründig, hat Jan Bürger sich den Neckar zum Objekt seiner literarischen Ambitionen erkoren, berichtet Alexander Košenina. Und wenn ein Mitarbeiter des Deutschen Literaturarchivs in Marbach über den Neckar schreibt, heißt das, er schreibt eigentlich über Schiller, Hegel und Hölderlin, über Uhland, Mörike und Max Weber, weiß der Rezensent. Und was Bürger nicht alles über diese Herren weiß, staunt Košenina. In einem angenehmen, ruhigen Parlando gibt er eine kleine "Literaturgeschichte am geografischen Leitfaden", freut sich der Rezensent. Nur die fragmentarischen impressionistischen Schnipsel, die Bürger hier und dort einstreut, haben Košenina ein wenig verwirrt, so richtig kann er sich jedenfalls nicht erklären, was gebrauchte Spritzen und Kondome neben einem Baklava-Laden in diesem Buch zu suchen haben.

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